Zwischenfall in Fuerteventura
Älter als 7 Tage

Germania-Piloten starteten mit beschädigter A321

DÜSSELDORF - Ein Airbus A321 von Germania bringt Urlauber aus Fuerteventura nach Düsseldorf. Erst dort bemerken Crew und Techniker Treffer am Fahrwerk, die das Flugzeug augenscheinlich bei einer harten Landung in Fuerteventura erlitt. Die BFU erfuhr von dem Vorgang aus dem Medien.

Der Zwischenfall trug sich schon am 16. Juli zu und wurde jetzt vom "Aviation Herald" aufgedeckt. Flug ST3700 aus Düsseldorf sei am Morgen "hart" in Fuerteventura gelandet. Nach Informationen des "Aviation Herald" bedeutet "hart" in diesem Fall ein Aufsetzen mit +3,5G Vertikalbeschleuningung.

Germania Airbus A321
Germania Airbus A321, © world-of-aviation.de Björn Schmitt Aviation Photography

Danach habe die D-ASTP, ein 19 Jahre alter Airbus A321, ihren Rückflug ST3701 nach Düsseldorf planmäßig angetreten. Dort seien "schwere Schäden am Fahrwerk" sowie "Falten" in der Rumpfhaut festgestellt worden - Anzeichen für strukturelle Schäden, die sich laut Germania später allerdings nicht bestätigten.

FlightAware.com erfasste den letzten Linienflug der D-ASPT am Tag des Unfalls, ST3701. Eine Meldung der Airline erging danach zumindest an die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) nicht. In Braunschweig ist man angesäuert.

BFU: Ermittlungen in Spanien

"Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung wurde mehr als einen Monat nach dem Ereignis durch Medienberichte auf das Ereignis in Fuerteventura aufmerksam", sagte BFU-Ermittler Jens Friedemann aero.de am Freitag. "Eine zeitnahe Meldung durch die Besatzung oder das Luftfahrtunternehmen an die BFU ist nicht erfolgt."

Nach seinem Kenntisstand habe die spanische Untersuchungsbehörde nunmehr eine Untersuchung eingeleitet, sagte Friedemann. "Die BFU unterstützt die Untersuchung der dortigen Behörde mit entsprechenden Informationen." Auch zwischenzeitlich erhobene Befunde zum Schadensumfang werde die BFU an die spanischen Behörde übermitteln.

Stellungnahme von Germania

Germania bestätigte den Zwischenfall am Freitagabend gegenüber aero.de. Die Airline sei anschließend aber "unverzüglich" allen gesetzlichen Meldepflichten nachgekommen. Eine Sprecherin sandte uns folgende Stellungnahme:

"Die Germania Fluggesellschaft bestätigt, dass es am 16.07.2016 beim Landeanflug auf Fuerteventura zu einer sogenannten harten Landung infolge einer Landungskorrektur gekommen ist. Beim durchgeführten Durchstartmanöver kam es zum kurzzeitigen Aufsetzen auf der Landebahn. Im Anschluss erfolgte im zweiten Landeanflug eine normale Landung.

Der Kapitän informierte vorschriftsmäßig und umgehend die diensthabenden Techniker über den Vorfall, die ihrerseits keine Unregelmäßigkeiten feststellen konnten. Auch vom Kapitän selbst wurde unmittelbar im Anschluss an die Landung eine physische Inspektion des Flugzeugs durchgeführt, bei der keine Beschädigungen festgestellt werden konnten. Danach wurde der Rückflug planmäßig von Fuerteventura nach Düsseldorf mit Passagieren durchgeführt.

Nach der Landung in Düsseldorf wurde rein vorsorglich und nach Absprache mit dem Flugzeughersteller der Flightrecorder ausgelesen. Der in den Medien kolportierte Wert des G-Load in Höhe von 3,5G konnte nicht festgestellt werden. Bei der ebenso vorsorglich durchgeführten Inspektion in einem entsprechend zertifizierten Wartungsbetrieb konnten keine Strukturschäden am Fluggerät festgestellt werden.

Da das Flugzeug dadurch aus dem regulären Flugbetrieb genommen war, hat man sich in enger Abstimmung mit dem Flugzeughersteller dazu entschlossen, den für den Winter vorgesehenen Fahrwerkswechsel außerplanmäßig vorzuziehen. Diese Arbeiten sind abgeschlossen, das Flugzeug befindet sich wieder im regulären Einsatz.

Entsprechend der gesetzlichen Meldepflicht hat die Germania Fluggesellschaft die zuständigen Behörden unverzüglich in Kenntnis gesetzt. Germania nimmt jeden sicherheitsrelevanten Vorgang wie diesen sehr ernst. Die Sicherheit unserer Passagiere und Besatzungsmitglieder hat für uns höchste Priorität. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben und besonderer Vorkommnisse werden unsere Verfahren laufend angepasst."

© aero.de | Abb.: world-of-aviation.de, Björn Schmitt Aviation Photography | 03.09.2016 08:41

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 05.09.2016 - 16:18 Uhr
Es geht um Germania - noch Fragen?

Zu deren Verteidigung muss man allerdings sagen dass die G Sensoren am Fahrwerk nicht wirklich aussagekräftig sind wenn es um hard landings geht

Na, deshalb werden sie auch dafür nicht genutzt. ;-) Die Information für den DFDR und die FDIU kommen vom Accelerometer.
Beitrag vom 05.09.2016 - 15:28 Uhr
Eine Hintergrundfrage...

Wenn das A/C eine harte Landung gemacht hat (über Grenzwert) läuft das irgendwo direkt sichtbar auf oder muss die Crew hier gezielt nachschauen (auf Verdacht)?

Wenn es aufläuft und man es sehen MUSS, dann löst das doch eine bestimmte Action aus. Nehme mal an das läuft auch über ACARS irgendwo auf.

Wenn dies aber nicht sauber abgearbeitet wurde, wird der PIC wohl ein paar Fragen beantworten müssen. Oder er hat einen Release über die Technik bekommen. Ginge das?

Wer kennt hier die Verfahren? Danke




Wird ein Grenzwert überschritten, erfolgt eine ACARS Message (automatisch). Zum einem im Cockpit (so ist es bei uns) über einen Ausdruck vom Printer zum anderen über eine Meldung bei MOC, oder wer auch immer die Daten beim Operator überwacht.

Nein, für so eine Geschichte kann es keinen fernmündliche, oder schriftliche Freigabe geben. Die Freigabe, also der Release to Service hat schriftlich von einem qualifizierten Techniker (B1 auf A320 Baureihe) zu erfolgen. Der Eintrag ist im TLB vorzunehmen, mit genauem Hinweis, nach welchen Unterlagen gearbeitet wurde.

Ja, ich denke, nicht nur der Capt. wird einiges erklären müssen, wenn denn etwas über +2,8 G an lag. Wird ja bisher von Germania dementiert.


Danke für die Aufklärung. Wäre mal interressant zu erfahren woher AVH die Daten/Informationen bekommt. Irgendwas offizielles muss es da geben, sonst hätten die schon längste einen prozess an der Backe.
Beitrag vom 05.09.2016 - 15:03 Uhr
Eine Inspektion ohne Anlass, die dann zu einer vorgezogenen Wartung führt...
Möglich ist alles...
Vielleicht hatte Germania auch noch einen freien Flieger.


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 03/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden