Nachdem Hauptaktionär Etihad erklärt habe, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen, sei man "zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Air Berlin PLC keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht", hieß es in einer Pflichtmitteilung an die Börse.
Vor diesem Hintergrund habe man beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt, teilte Air Berlin mit. Bei dieser Variante des Insolvenzverfahrens führt das Management die Geschäfte weiter.
"Es werden Verhandlungen mit Lufthansa und weiteren Beteiligten zur Veräußerung von Betriebsteilen geführt", teilte Air Berlin weiter mit. Die Bundesregierung unterstütze Air Berlin mit einem Übergangskredit abgesichert durch eine Bundesbürgschaft, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.
Die Bundesregierung stellte nach eigenen Angaben einen Übergangskredit in Höhe von 150 Millionen Euro zur Verfügung. "Der Flugbetrieb von Air Berlin kann in vollem Umfang fortgeführt werden. Eine Einstellung des Flugbetriebs wird so vermieden."
Die Lufthansa teilte mit, sie unterstütze gemeinsam mit der Bundesregierung die Restrukturierungsbemühungen der Fluggesellschaft. "Damit wird unter anderem gewährleistet, dass die von Air Berlin geleasten Flugzeuge, die aktuell für Eurowings und Austrian Airlines fliegen, wie bisher weiterbetrieben werden können."
Lufthansa will Betriebsteile zügig übernehmen
Die Verhandlungen über den Erwerb von Teilen der Air-Berlin-Gruppe böten auch die Möglichkeit zur Einstellung von Personal. "Lufthansa beabsichtigt, diese Verhandlungen zu einem schnellen und positiven Ergebnis zu führen."
Air Berlin fliegt seit Jahren Defizite ein, 2016 lag der Verlust bei 780 Millionen Euro. Die Lage verschärfte sich Ende März mit der Umstellung auf den Sommerflugplan. Flugausfälle und Verspätungen häuften sich danach.
Etihad hatte im April in einem Letter of Support zugesichert, Air Berlin bis Ende November 2018 zu unterstützen. Daraufhin zeichneten die Wirtschaftsprüfer von KPMG den Jahresabschluss ab. KPMG hatte "bedeutsame" Zweifel, ob Air Berlin als Unternehen fortgeführt werden könne.
Die gemachten Zusagen "zur kurz- und mittelfristigen Zahlungsfähigkeit" habe Etihad gekündigt, sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Etihad schrieb in der letzten Bilanz rund 800 Millionen US-Dollar auf ihre maroden Beteiligungen Air Berlin und Alitalia ab.
Insider: Etihad überwies Kredittranche nicht
Der Insolvenzantrag hat sich in der vergangenen Woche abgezeichnet. Wie aus Unternehmenskreisen zu erfahren ist, überwies Etihad am Mittwoch eine vereinbarte Kredittranche in Höhe von 50 Millionen Euro nicht. Am Freitagabend habe Etihad dann mitgeteilt, Air Berlin künftig nicht mehr zu unterstützen, hieß es.
Die neue Lage hat die börsennotierte Air Berlin nach Darstellung aus unternehmensnahen Kreisen nicht sofort per Ad-hoc-Mitteilung melden müssen, weil sie sich damit selbst geschadet hätte. Ohne weitere Gespräche etwa über einen Brückenkredit der Bundesregierung hätte das die sofortige Einstellung des Flugbetriebs bedeutet.
Die Geschäfte von Air Berlin hätten sich "rapide verschlechtert", erklärte Etihad die Rücknahme ihrer Garantien. Dies habe den Handlungsspielraum verengt. "Wir sind weiterhin bereit dabei zu unterstützen, eine kommerziell gangbare Lösung für alle Beteiligten zu finden."
Dobrindt: Geld reicht bis Ende November
Die Soforthilfen der Bundesregierung und Eigenmittel von Air Berlin sollten den Flugbetrieb der Airline "bis Ende November" sicherstellen, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Dienstag in Berlin und: "Teile des Unternehmens gehen an die Lufthansa."
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) teilte mit, die Nachricht sei "für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Air Berlin, die seit Bestehen der Airline eine hervorragende Arbeit leisten, ein Schock". Etihad lasse Air Berlin "fallen wie eine heiße Kartoffel, obwohl neue Investoren Interesse signalisiert haben", kritisierte VC.
Update 16:09 Uhr: Insolvenzverfahren ist eröffnet
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat am Dienstag für Air Berlin die beantragte Insolvenz in Eigenverwaltung angeordnet. Zum vorläufigen Sachwalter sei der Rechtsanwalt Lucas Flöther bestimmt worden, teilte das Gericht mit.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Ingo Lang | 15.08.2017 13:16
Kommentare (23) Zur Startseite
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Im anderen Fall wäre man sofort am Boden. Zig Tausende Reisende wären gestrandet.
Alle Arbeitsplätze sofort weg.
So besteht immerhin die Chance, das ein Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt, wahrscheinlich zu schlechteren Konditionen, aber immerhin.
Die A330 Flotte wird wohl an die EW gehen, damit wäre man sofort der LCC Carrier auf Langstrecke.
Das was an A320 noch da ist an Easyjet (zuminderstens zum Teil).
Für Verwaltung und Boden schauts schlecht aus, aber am Ende hat man so:
Teil der Arbeitsplätze erhalten, nicht zug tausende Urlauber gestrandet
und einen unkontrollierten Zusammenbruch vermieden.
Die 150 Mio. kriegt man hoffentlich zum Grossteil wieder herein.
Das die AB keine Perspektive hat, ist denke ich klar.
Ui, tut mir leid zu hören. Das dürfte eine spannende Abwicklung werden. Die Richtung scheint klar, aber die Details sind vielfältig. Und alles? Da habe ich meine Zweifel, aber schaun wir mal. Der erste Stein im Airlinedomino ist gefallen, da werden sich noch viele bewegen.
Der erste? das war für mich alitalia.
Es geht rund am golf, etihad in vollem rückzug, die strategie gescheitert.
ich hoffe nicht das es bei etihad auch bitter steht, ich fliege am wochenende mit denen.
die konsolidierung hat begonnen, ich bin gespannt wie es weiter geht.
die lh hat den ersten schritt ja schon gemacht, da müsste man jetzt details kennen wie das vertraglich geregelt ist.
irgendwoe muss ja die kappazität aus dem markt bzw. die defizitären airlines weg.
die flotte passt zur EW, das es jobs kosten wird ist auch klar.
ob es kartellrechtlich möglich ist das EW weite teile übernimmt ist fraglich.
Das wird ja so geplant gewesen sein von der LH, bei AB ist ja ein LH mann am steuer? Was macht etihad als minderheitseigner und größter geldgeber?
und warum steuert die regierung 150 mio. kredit bei?
der weg scheint zu EW zu gehen, aber die verwaltung etc. übernimmt man niemals.
interesannte zeiten, viel bewegung, insgesamt fraglich was bei AB und auch alitalia passiert.
ich hoffe das man möglichst viele jobs erhalten kann.
Interesannt ist auch der Zeitpunkt: direkt nach der Haupsaison. Da sollten bei einer Airline doch die Kassen eigentlich voll sein. Kennt jemand hintergründe?