EuGH
Älter als 7 Tage

Ryanair-Crews dürfen nicht nur in Irland klagen

LUXEMBURG - Piloten und Flugbegleiter können ihren Arbeitgeber am dem Ort verklagen, an dem sie den Großteil ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in dieser Woche Klagerechte von Flugpersonal in Günstigflugstrukturen deutlich gestärkt.

Wo finden fliegende Arbeitnehmer rechtliches Gehör, wenn es Grund zur Klage gibt? Im vorliegenden Fall (EuGH C-168/16 und C-169/16, "Mons") wollten Flugbegleiter von Ryanair, die über den ebenfalls irischen Personaldienstleister Crewlink angestellt waren, unter anderem nachträglich Gehaltsansprüche einklagen.

Ryanair Boeing 737-800
Ryanair Boeing 737-800, © Boeing

Ihre Arbeitsverträge unterlagen irischem Recht und enthielten eine Gerichtsstandsklausel zugunsten irischer Gerichte. Heimatbasis der Kläger war hingegen der belgische Flughafen Charleroi. Von dort flogen sie mit Flugzeugen unter irischer Flagge quer durch Europa.

Damit stellte sich die Frage, ob nun ein belgisches oder ein irisches Gericht über die Klage entscheiden sollte.

Laut EG-Verordnung 44/2001 ist das Gericht zuständig, an dessen Ort der Arbeitnehmer "gewöhnlich seine Arbeit verrichtet". Der EuGH setzt diesen zwar nicht mit der Heimatbasis gleich. Sie sei aber "ein wichtiges Indiz" bei der Suche nach dem zuständigen Gericht, befanden die Richter in der am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung.

Die Heimatbasis verlöre nur dann ihre Relevanz für die Bestimmung des Ortes, von dem aus ein Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, "wenn Klageanträge unter Berücksichtigung aller möglichen tatsächlichen Umstände des Falles eine engere Verknüpfung mit einem anderen Ort als der Heimatbasis aufwiesen".

Die "Staatsangehörigkeit" von Flugzeugen wertet der EuGH demgegenüber als weniger wichtigen Anknüpfungspunkt.

ECA: Rechtssicherheit für tausende Piloten und Flugbegleiter


"Diese Entscheidung räumt mit der (aus Arbeitgebersicht, Red.) praktischen Annahme auf, dass in Irland registrierte Flugzeuge eine Art privates Hoheitsgebiet einer Airline darstellen", kommentierte Jon Horne, Vizepräsident der European Cockpit Association (ECA), die Entscheidung des EuGH. Sie bringe "tausenden Piloten und Flugbegleitern Rechtssicherheit".

Nach Lesart von Ryanair "ändert die Mons-Entscheidung nicht das Geringste an unseren irischen Verträgen". Die Airline sehe sich viel mehr in ihrer Rechtsauffassung bestätigt, dass ein Kriterium für sich genommen - in diesem Fall die Heimatbasis - nicht ausreiche, um einen Gerichtsstand zu begründen.
© aero.de | Abb.: Ryanair | 16.09.2017 16:18

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Beitrag vom 16.09.2017 - 18:27 Uhr
Jetzt geht das Gezanke doch erst richtig los. Es ist allerhöchste Zeit für eine einheitliche, europaweite Regelung, gerade, aber nicht nur, für das Transportgewerbe. Es kann nicht angehen, dass Arbeitnehmerrechte über Quasi-Offshore Vehicle ausgehebelt werden können. Das Flag of Convenience Modell, dass wir aus der internationalen Schifffahrt kennen darf hier nicht als Maßstab gelten.
Beitrag vom 16.09.2017 - 16:31 Uhr
Mit dem Urteil dürfte auch das Verfahren wegen Scheinselbstständigkeit der Piloten an Fahrt aufnehmen, da dieses Urteil auch hierfür Relevanz hat. Die bisherige Argumentation, dass deutsches Recht in Bezug auf die Verleihung von Mitarbeitern keine Anwendung fände, da sie bei Agenturen "angestellt" seien, deren Sitz nicht in deutschem Hoheitsgebiet ist, wird damit wohl hinfällig sein.

Aber Ryanair wird das in der Presse natürlich mal wieder als Schutz der etablierten Airlines in Deutschland darstellen und von einer Hexenjagd sprechen. Wetten?


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