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Klimawandel könnte für mehr Turbulenzen im Flug sorgen

Lufthansa Airbus A340-300
Lufthansa Airbus A340-300 im Reiseflug, © Deutsche Lufthansa AG

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READING - Der Klimawandel dürfte das Fliegen unruhiger machen. Schwere Turbulenzen könnten zur Mitte des Jahrhunderts mehr als doppelt so häufig vorkommen wie derzeit noch. Zu diesem Ergebnis kommt Paul Williams von der Universität im britischen Reading anhand verschiedener Modellrechnungen.

Wegen der verbesserten Technik in modernen Flugzeugen sei aber nicht unbedingt mit mehr Verletzten oder Todesopfern durch Turbulenzen zu rechnen, schreibt Williams im Fachmagazin "Advances in Atmospheric Sciences".

"Für die meisten Passagiere sind leichte Turbulenzen nichts weiter als eine lästige Unannehmlichkeit, aber für nervöse Fluggäste können selbst leichte Turbulenzen erschütternd sein", erklärt Williams. Schwere Turbulenzen können zu erheblichen Verletzungen bei Passagieren und Flugbegleitern führen, gelegentlich sogar zum Absturz eines Flugzeugs.

Wenn eine Maschine durchgeschüttelt wird, erhöht sich der Bedarf an Wartung und Reparaturen. Eine Schätzung von 2014 veranschlagt jährliche Kosten durch Turbulenzen von 200 Millionen Dollar allein bei amerikanischen Airlines.

Williams verwendete 21 verschiedene Klimamodelle, um die Auswirkungen eines höheren Gehalts an Kohlendioxid (CO2) in der Luft in der Reiseflughöhe von etwa zwölf Kilometern zu berechnen. Berücksichtigt wurde das Gebiet des Nordatlantiks zwischen dem 50. und 75. Grad nördlicher Breite und dem 10. bis 60. Grad westlicher Länge.

Der Forscher begründet diese Auswahl damit, dass sich dort die am häufigsten genutzten Flugrouten der Welt befinden. Als Jahreszeit wurde der Winter gewählt - langjährigen Aufzeichnungen zufolge ereignen sich in dieser Zeit die meisten Turbulenzen.

Prognose vieler Klimamodelle ist, dass sich etwa zur Mitte des Jahrhunderts der CO2-Gehalt der Luft gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter verdoppelt haben könnte. Sollte das der Fall sein, wird die Zahl leichter Turbulenzen im Durchschnitt der Berechnungen um 59 Prozent steigen, die mittelschwerer um 94 Prozent und die schwerer um 149 Prozent.

Allerdings wird die Unsicherheit der Berechnungen immer größer: Verteilt sich die Wahrscheinlichkeit der Zunahme leichter Turbulenzen auf 43 bis 68 Prozent, so liegen die Werte bei schweren Turbulenzen zwischen 36 und 188 Prozent.

"Die hochgerechneten Zunahmen der Verbreitung von Turbulenzen in klarer Luft bedeuten nicht notwendigerweise mehr Verletzungen an Bord oder ein größeres Maß an Passagierbeschwerden", schreibt Williams. So würden die Vorhersagen für Turbulenzen zunehmend besser, so dass die entsprechenden Zonen umflogen werden könnten.

Mit der LIDAR-Technik (Light Detection and Ranging) an der Flugzeugspitze könnten künftig Turbulenzen in 10 bis 15 Kilometern Entfernung aufgespürt werden - genug Zeit, um die Passagiere zumindest zu warnen.

In aktuellen Statistiken ist der prognostizierte Trend Experten zufolge noch nicht zu erkennen. "Allgemein lässt sich aus unserer Flugunfalldatenbank herauslesen, dass die Anzahl der tödlichen Unfälle, deren Ursachen auf Windscherungen oder Turbulenzen in klarer Luft zurückzuführen waren, eher rückläufig ist", sagt Jan-Arwed Richter von JACDEC.Der Hamburger Dienstleister registriert Vorkommnisse aller Art im weltweiten Luftverkehr und leitet daraus Sicherheitsmaßnahmen ab.

2016 seien 18 Vorfälle mit Turbulenzen auf der ganzen Welt verzeichnet worden, der letzte tödliche Unfall habe sich 2013 ereignet, so Richter. Insgesamt sei das Fliegen in den vergangenen 30 Jahren immer sicherer geworden.
© dpa | 07.04.2017 07:55

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Beitrag vom 11.04.2017 - 11:38 Uhr
Interessanter als die reißerische Aufmachung, dass schwere Turbulenzen um ca. 149% (Bei einer Unsicherheit von 36-188% sieht man schon, wie seriös die Aussage 149% ist...) zunehmen werden, ist die Frage, wieviele schwere Turbulenzen derzeit im Jahr bei Flügen auftreten und um welche absolute Zunahme wir hier diskutieren.
Um es mal plakativ zu machen hier ein ausgedachtes Beispiel: 100.000 Flüge im Jahr, bei denen 10 schwere Turbulenzen auftreten. Eine Zunahme um 149% würde also zu insgesamt 25 statt 10 schweren Turbulenzen bei 100.000 Flügen führen.
Auf 100.000 Flüge bezogen, hätten wir damit statt bei 0,01% der Flüge schwere Turbulenzen jetzt bei 0,025% der Flüge mit schweren Turbulenzen zu rechnen.
Soviel zur Aussagekraft von prozentualen Steigerungsraten ohne die absolute Zahlen an Flügen und Vorfällen zu benennen. Solche nichtssagenden Prozentangaben dienen ausschließlich reißerischen Aussagen, um den Ergebnissen eine größtmögliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Würde sich die Forschung nämlich tatsächlich in dem von mir ausgedachten Szenario bewegen, würde die Aussage 0,025 statt 0,01% wohl niemanden interessieren, geschweige denn von irgendwelchen Medien veröffentlicht werden.
Insofern würde ich mir auch von Aero.de wünschen, dass nicht einfach nur nichtssagende 149%, die wegen der zitierten Ungenauigkeit der Berechnung, auch noch im Konjunktiv genannt wurden (es könnte...), sondern verifizierte absolute Zahlen im Artikel genannt werden. Wie gesagt, wenn meine imaginären Zahlen auch nur annähernd stimmen, ist das zwar immerhin bedeutend, aber es kann dann jeder sehen, wie groß das Risiko wirklich ist.
Das wäre für mich anständiger Journalismus und nicht einfach unreflektiertes zitieren von brutal klingenden Zahlen irgendwelcher Studien.
Beitrag vom 07.04.2017 - 21:23 Uhr
Modhinweis:
1. Eintrag gelöscht.
Bitte beim "Thema Turbulenzen durch Klimawandel" bleiben und keine generelle Klimadiskussion führen.
Beitrag vom 07.04.2017 - 18:22 Uhr
Wieder so ein "Forscher", der irgendwelche Horrorszenarien verbreitet, damit er seine Millionen an Forschungsgeld bis zum Ruhestand sicher hat. Immerhin hat er das System verstanden. Leider unterstützen die dummen Medien und Politiker diese Glaskugelleserei auch noch.
Jein. Sicher ist die Klimaforschung mit ideologischen Konflikten behaftet und es ist schwierig zuzugeben, dass man gewisse Dinge schlicht nicht genau weiß (woran die Politik und insbesondere auch die Klimawandel-ist-ein-Hirngespinst-Fraktion eine Mitschuld hat). Aber eines ist sicher: wenn man bei einem dynamischen System (welches die Atmosphäre zweifellos ist) an den Parametern herum schraubt (was man mit dem CO2-Ausstoß zweifellos macht), ist zu erwarten, dass Zustände auftreten werden, welche außerhalb des Bereichs liegen, der im (dynamischen) Gleichgewichtszustand zu erwarten ist. Natürlich muss das nicht nur negative Auswirkungen haben. Genauso gut könnten z.B. auch längere Phasen auftreten, in denen die Jetstreams stabil bleiben (was die Routenplaner der Fluggesellschaften sicher freuen würde). Aber der Forschungsansatz, Turbulenzen und ähnliches unter der Annahme, dass der CO2-Ausstoß weiter steigt, zu untersuchen, scheint mir jedenfalls plausibel. Die Frage ist eher, wie man die Resultate interpretiert. Vielleicht kann man aus ihnen auch ableiten, dass z.B. Zonen ohne Turbulenzen größer werden, und somit die zturbulenzen leichter zu umfliegen sein werden. Das ist alles theoretisch möglich, und eine ideologiefreie Betrachtung und Interpretation dieser Resultate wäre sehr wichtig.


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