Flug AF 4590
Älter als 7 Tage

Concorde-Absturz vor Paris jährt sich zum zehnten Mal

Concorde
Concorde der Air France, © Delafosse, Air France
PARIS - Die Schreckensnachricht an Concorde-Pilot Christian Marty besteht aus einer Zahl und acht Wörtern. "4590, Sie haben Flammen... Sie haben Flammen hinter sich." Es ist genau 16 Uhr 43 und 13 Sekunden, als ein Lotse des Pariser Großflughafens Charles de Gaulle das Unheil in Worte fasst.

Ein rußig-rötlicher Schweif aus brennendem Kerosin ist zu sehen, während das Überschallflugzeug von Startbahn 26 schwerfälliger als sonst abhebt. 117 Sekunden später kann der Tower nur noch an die Feuerwehrleitung funken. "Die Concorde ist in der Nähe von Le Bourget abgestürzt", lautet die knappe Nachricht.

In wenigen Momenten zerstört das Flammeninferno bei Paris am 25. Juli 2000 das Leben von 113 Menschen und einen Mythos. Wie eine Schockwelle verbreitet sich die Nachricht vom Absturz der mehr als 2000 Stundenkilometer schnellen Maschine in der Welt und vor allem in Deutschland. Die schleswig-holsteinische Reederei Deilmann hatte den Flug nach New York gechartert - 97 Opfer kamen aus der Bundesrepublik. Das Unglück der F-BTSC läutete auch das Ende der Concorde ein. Drei Jahre nach dem Absturz stellten die beiden Betreiber British Airways und Air France den Betrieb ein.

Zehn Jahre danach ist die Katastrophe weit davon entfernt, in Vergessenheit zu geraten. Noch immer herrscht vor allem Streit über die Ursache der Katastrophe. Erst Ende Mai endete ein viermonatiger Verhandlungsmarathon vor einem Strafgericht in Pontoise bei Paris. Bis zum 6. Dezember wollen die Richter nun ein Urteil über die mutmaßlich Schuldigen fällen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Flugzeug beim Start über ein Metallstück rollte, das von einer Continental- Maschine abgefallen war. Dabei platzte ein Reifen der Concorde, Gummiteile durchschlugen einen Tank des Flugzeugs und der ausströmende Treibstoff fing Feuer. Die Verteidigung der Fluggesellschaft Continental hingegen behauptet, dass die Concorde bereits brannte, bevor sie die fahrlässig an der Continental-Maschine befestigte Titan-Lamelle überrollte. Ursache soll eine Unebenheit in der Startbahn gewesen sein.

Die Anklage hält dies - wie die offiziellen Unfallermittler - für falsch und hat für zwei Continental-Mechaniker 18 Monate Haft auf Bewährung gefordert. Auch der damalige Chef des Concorde-Programms soll mit zwei Jahren Haft auf Bewährung büßen. Dem heute 80-jährigen Henri Perrier soll die Anfälligkeit des Flugzeugs bekanntgewesen sein. Auch der Anwalt der Familie von Concorde-Flugkapitän Marty äußerte im Prozess die Überzeugung, dass die Katastrophe hätte verhindert werden können. "Man kannte die Schwächen der Concorde seit mehr als 20 Jahren", sagte Roland Rappaport. Ein Flugzeug dürfe nicht nur wegen eines geplatzten Reifens abstürzen.

Für die meisten Hinterbliebenen hat das Urteil nur noch symbolische Bedeutung. Etwa 700 Angehörige der Opfer von Flug AF 4590 einigten sich bereits kurz nach der Katastrophe mit Air France und ihrer Versicherung auf Entschädigungen - Schätzungen zufolge sollen 173 Millionen Euro geflossen sein. Viele der Opfer hatten eine Kreuzfahrt gebucht, die von New York aus in die Karibik gehen sollte.

Wenn der Prozess endgültig beendet ist, wird vor allem die Erinnerung bleiben. Denn derzeit sieht es trotz der Bemühungen einiger Fans nicht danach aus, als sollte noch einmal eine Concorde abheben. Für viele Menschen auf der ganzen Welt war der 62 Meter lange "fliegende Bleistift" das Symbol für Fortschritt und technische Vollendung.

Stars wie Boris Becker, Paul McCartney oder Claudia Schiffer nutzten den Überschallflieger. Margaret Thatcher fühlte sich an Bord genauso wohl wie die britische Königin oder Papst Johannes Paul II. Gewöhnlich dauerte ein Concorde-Flug von Europa nach New York rund dreieinhalb Stunden, heute nimmt der schnellste Linienflug etwa doppelt so viel Zeit in Anspruch.
© dpa | Abb.: Arpingstone, PD | 19.07.2010 09:12


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