Carsten Spohr
Älter als 7 Tage

Meistermacher im Lufthansa-Cockpit

FRANKFURT - Jetzt auch noch "Stratege des Jahres" im "Handelsblatt" - Lufthansa-Chef Carsten Spohr kann sich in diesen Tagen über fehlende Glückwünsche nicht beschweren. Gerade ist der "Manager des Jahres" - so der Ehrentitel des Manager-Magazins - 51 Jahre alt geworden und auf dem Höhepunkt seiner Karriere.

Der von ihm gelenkte Dax-Konzern ist die mit Abstand umsatzstärkste Fluggesellschaft in Europa und fliegt Rekordgewinne am laufenden Band ein.

Beim laufenden Konzentrationsprozess der Branche rund um die Pleiten der Air Berlin und Alitalia ist Spohr der Jäger lukrativer Firmenteile - und nicht der Gejagte. Daran ändert auch die wegen des Widerstands der EU-Wettbewerbshüter geplatzte Übernahme der Air-Berlin-Tochter Niki wenig.

Die Lufthansa-Tochter Eurowings wird nun zwar langsamer wachsen als geplant, aber sie kann auch aus eigener Kraft 20 neue Flugzeuge an den Himmel bringen.

Carsten Spohr
Carsten Spohr, © Lufthansa

Vom Kollaps der Air Berlin profitiert die Lufthansa ohnehin, denn weniger Flugzeuge auf dem Markt bedeuten erst einmal steigende Preise in den besser gebuchten eigenen Maschinen. Früher als andere hat Spohr die offenkundigen Probleme der Air Berlin als Chance erkannt und strikt auf eine möglichst große Teilübernahme hingearbeitet, die nun wohl doch etwas kleiner ausfällt.

Die Bundesregierung allerdings könnte nun auf einem Großteil ihres Air-Berlin-Überbrückungskredits sitzen bleiben.

Die Börse dankt es dem Wirtschaftsingenieur und gelernten Piloten Spohr, der nebenbei seinen Vorstand kräftig umgebaut hat, mit Höchstkursen. Mit um die 30 Euro ist die Kranich-Aktie aktuell deutlich mehr als doppelt so viel wert wie noch zu Jahresbeginn.

Dabei hatte es zu Spohrs Amtsantritt im Mai 2014 wenige Anzeichen für eine Erfolgsgeschichte gegeben. Er selbst war erst nach einer holprigen Berufung an die Konzernspitze gekommen, weil viele im Unternehmen den vormaligen Kronprinzen zwar wollten, aber nach außen auch eine ernsthafte Suche nach Alternativlösungen präsentieren mussten.

Der Riesen-Konzern mit 120.000 Beschäftigten schien gelähmt von der eigenen Bürokratie, gejagt von Billigfliegern und zermürbt von den regelmäßigen Streiks der Piloten, die ihre Priviligien mit aller Macht verteidigten.

Insbesondere Spohrs kompliziert klingende Idee vom schnellen Ausbau der Billigschiene Eurowings fanden die Flugzeugführer der Kernmarke gar nicht lustig, sollten die Maschinen doch von anderen Gesellschaften innerhalb und außerhalb des Konzerns geflogen werden - und damit von deutlich schlechter bezahlten Piloten als sie selbst.

Lufthansa Airbus A350-900
Lufthansa Airbus A350-900, © Lufthansa

Dreieinhalb Jahre später ist der Tarifstreit nach 14 Streikrunden bis ins Jahr 2022 langfristig beigelegt und Eurowings eine bereits von Konkurrenten nachgeahmte Erfolgsgeschichte im Kampf gegen die Billigflieger wie Ryanair und Easyjet. Der Gewinnbeitrag der Eurowings ist zwar gering - aber die Alternative wäre der völlige Rückzug aus den europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehren gewesen.

"Wenn wir nicht unsere zweite Marke Eurowings gegründet hätten, wären wir nicht in der Lage gewesen, uns so um unsere Premiummarke zu kümmern, wie wir es in den vergangenen Jahren getan haben", sagt Spohr an einem grauen Dezembermorgen in Frankfurt, an dem er die Fünf-Sterne-Auszeichnung der Beratungsgesellschaft Skytrax für die Kernmarke Lufthansa entgegennimmt.

Der offene und joviale Spohr zeigt sich bescheiden und gibt das Skytrax-Siegel sofort an die anwesenden Flugbegleiterinnen weiter: "Das ist Ihr Erfolg. Sie sind einzigartig in der Airline-Industrie", lobt der Chef. Anschließend macht er klar, dass Lufthansa den Premium-Glanz benötige, um höhere Preise am Markt durchzusetzen. Spohr ist eben auch ein hart rechnender Manager mit reichhaltigem Detailwissen.

Dass Spohr glaubhaft Gefühle zeigen kann, hat dem verheirateten Vater zweier Töchter auch in der schlimmsten Krise seines Unternehmens geholfen. Im März 2015 ließ ein lebensmüder Co-Pilot einen vollbesetzten Germanwings-Airbus in den französischen Alpen zerschellen. Spohr zögerte angesichts von 150 Toten keinen Moment, in der Öffentlichkeit Verantwortung zu übernehmen und den Hinterbliebenen sein Beileid auszudrücken.

Er nahm an Trauerfeiern teil und stand der Öffentlichkeit Rede und Antwort. "Er hat sich nicht versteckt, sondern sich selbst an die Spitze der Kommunikation gestellt", sagt Ex-Bahn-Chef Rüdiger Grube.

Im Lufthansa-Konzern hat Spohr, der am Simulator seine Pilotenlizenz aufrecht hält, eine stetige Karriere hinter sich. Nach einem Zwischenspiel bei der Deutschen Aerospace AG - aus dieser Zeit kennt ihn Grube - arbeitete sich der einstige Assistent von Lufthansa-Legende Jürgen Weber über verschiedene Funktionen in den Vorstand empor. 2011 zog er dort ein und leitet ihn seit 2014.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 23.12.2017 09:12

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Beitrag vom 31.12.2017 - 18:14 Uhr


Also ich bin definitiv nicht in einem solchen Gremium (bei meiner Haltung/ Meinung wäre ich garantiert schon gegangen worden... :)). Bin einfach nur ein Pax.
Wie aber sieht es bei Ihnen aus?

Nein, ich bin leider auch in keinem Entscheidungsgremium.
Meine Position ähnelt eher der Ihrer drei Bekannten.

Na dann hoffe ich mal, das Sie nicht auch so gefrustet sind. Ich wünsche einen schönen Jahresausklang und ein tolles, entspanntes 2018.

Vielen Dank für die Wünsche, die ich gerne zurückgebe.

Gefrustet? Sicher gibt es immer solche Phasen im Arbeitsleben, gerade in einem großen Konzern. Aber im Großen und Ganzen würde ich nicht tauschen wollen - bei aller, teilweise auch gerechtfertigter Kritik.
Im Bekanntenkreis gibt es zumindest mehr Lob als Tadel ;-)
Beitrag vom 31.12.2017 - 17:44 Uhr

Sie "unterstellen" richtig, ich meine eigentlich mehr EW (sehe ich halt nicht als eigenständige Airline).

Sollten Sie aber, die ist sogar noch eigenständiger als eine Swiss oder eine Austrian.


Da wir ja nicht ein Entscheidungsgremium der LH sind, welche über die Strategie der nächsten Jahre Einigkeit erzielen muss, ist das auch okay, oder?

Auf jeden Fall, wenn es tatsächlich so ist.

Also ich bin definitiv nicht in einem solchen Gremium (bei meiner Haltung/ Meinung wäre ich garantiert schon gegangen worden... :)). Bin einfach nur ein Pax.
Wie aber sieht es bei Ihnen aus?

Nein, ich bin leider auch in keinem Entscheidungsgremium.
Meine Position ähnelt eher der Ihrer drei Bekannten.
Beitrag vom 29.12.2017 - 17:32 Uhr
Es wäre schön, wenn Sie ein wenig präzisieren würden, was genau Sie meinen. Danke.

Als Basis:
'"Altruistische Bestrafung" nennen Wissenschaftler die Erziehungsmethode des Geldverweigerns im Ultimatumspiel.

So tief sitzt der Neid, dass zumindest in Fragebogenstudien der Ökonomen viele auf ganze 20 000 Euro Jahreseinkommen verzichten würden, solange sie dadurch mehr verdienen als die Mitspieler. Also: lieber 50 000 Euro einsacken, wenn der andere nur 40 000 bekommt, als 70 000 Euro einstecken, wenn der andere 80 000 erhält.'
 Macht der Niedertracht

Geldverweigen – bewusst keine Tickets von Billig-Airlines kaufen, um sie für ihr Handeln zu bestrafen

Neid wurde durch viele Experimente bestätigt (z.B. auch Fehr & Fischbacher).

Die Verknüpfung von Neid und Egoismus:
'Wer neidisch ist, der ist der Egoist, der über den Egoismus der anderen ausrasten kann.

Im Neid begibt man sich selbst in ein Gefangenendilemma, obwohl man doch gar nichts verbrochen hat.

Wenn in der Konsequenz das Neidgefühl darauf hinausläuft, den Vorteil eines anderen zu zerstören oder zu begrenzen, hat dieser keine Veranlassung mehr, mir selbst einen Vorteil zu gewähren. Bestrafung folgt auf Egoismus'
 Die Macht der Unterscheidung

Ich empfehle die Teilnahme an spieltheoretischen Experimenten, auch wenn es an ihnen Kritik gibt (z.B. zu geringer Geldeinsatz, künstliche Umgebung). Das eigene und fremde Verhalten zu reflektieren kann Erkenntnisse wecken.


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