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Berliner Senat will Tegel trotz Volksentscheid schließen

Easyjet in Berlin-Tegel
Easyjet in Berlin-Tegel, © FBB

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BERLIN - Der Berliner Senat will den Volksentscheid zum Weiterbetrieb des Flughafens Tegel nicht in die Tat umsetzen. Eine entsprechende Empfehlung an das Abgeordnetenhaus beschloss die rot-rot-grüne Landesregierung am Dienstag. Die Opposion kritisiert das Vorgehen scharf.

Eine "umfassende Folgenabschätzung" habe ergeben, dass die rechtlichen, betriebswirtschaftlichen, finanziellen und stadtentwicklungspolitischen Folgen gegen eine Offenhaltung Tegels sprächen.

Beim Volksentscheid am 24. September hatten 56,4 Prozent der Wähler dafür gestimmt, den alten Flughafen auch nach Eröffnung des neuen Hauptstadt-Airports BER weiter zu betreiben. Sie stellten sich damit gegen die bisherigen Festlegungen der drei Flughafengesellschafter, wonach Tegel spätestens sechs Monate nach der BER-Eröffnung schließen wird. Diese ist nach jahrelangen Verzögerungen für Oktober 2020 geplant.

Die drei Flughafen-Eigentümer hatten sich schon 1996 darauf geeinigt, in Schönefeld am Südostrand Berlins einen "Single-Flughafen" für die Region zu bauen. In den folgenden zehn Jahren wurde im BER-Planfeststellungsbeschluss, in der gemeinsamen Landesplanung und Gerichtsverfahren bis zum Bundesverwaltungsgericht festgelegt, dass Tegel spätestens sechs Monate nach der BER-Eröffnung schließt.

Der Senat verwies am Dienstag in seinem Beschluss darauf, dass die anderen Flughafengesellschafter Brandenburg und der Bund am Konzept eines einzigen Airports für die Region festhielten und nicht bereit seien, Tegel dauerhaft als zweiten Verkehrsflughafen in Betrieb zu lassen.

Zudem habe der vom Senat bestellte Gutachter Stefan Paetow festgestellt, dass ein Weiterbetrieb Tegels nur zum Preis der Aufgabe der gemeinsamen Landesplanung zwischen Berlin und Brandenburg möglich sei. Ein solcher Schritt sei "mit hohen inhaltlichen, zeitlichen und inhaltlichen Risiken belastet" und deshalb für den Senat unverantwortbar.

Ein Weiterbetrieb Tegels sei laut Gutachten nur dann rechtssicher möglich, wenn die Kapazitäten des BER dauerhaft nicht ausreichten, hieß es weiter. In dem von der Flughafengesellschaft vorgestellten "Masterplan 2040" zum BER-Ausbau werde jedoch schlüssig dargestellt, dass die bis zum Jahr 2040 erwartete Zahl von 55 Millionen Passagieren bewältigt werden könne.

"Anschlag auf die direkte Demokratie"

Die Oppositionsparteien CDU, AfD und FDP sind für die Offenhaltung Tegels und werfen dem Senat vor, den Wählerwillen zu ignorieren. Sie argumentieren, Tegel werde weiter gebraucht. Ein Weiterbetrieb sei auch rechtlich möglich. "Der Senat tritt den Wählerwillen mit Füßen", sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf: "Dies ist ein Anschlag auf die direkte Demokratie."

In Brandenburg startete inzwischen ebenfalls eine Unterschriftensammlung für Tegel. Ziel ist wie in Berlin ein Volksentscheid.

Der Senat will den innerstädtischen Flughafen Tegel nicht zuletzt aus Umwelt- und Lärmgründen schließen. Auf dem Areal sollen Wohnungen und Erholungsflächen entstehen, zudem ist die Ansiedlung einer Hochschule und von Unternehmen geplant. "Wir wollen diesen Standort zu einem zukunftsweisenden Stadtquartier gestalten", erklärte der Grünen- Abgeordnete Harald Moritz.

In diesem Jahr hatten die beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld zusammen 33,3 Millionen Passagiere. Der BER wurde ursprünglich für 27 Millionen Passagiere projektiert und sollte zunächst mit 22 Millionen starten. Er ist also absehbar schon vor seiner Eröffnung zu klein.

Inzwischen ist geplant, den alten DDR-Flughafen Schönefeld direkt gegenüber dem BER zunächst weiterzubetreiben. Beide nutzen dann dieselben Start- und Landebahnen. Zudem soll am BER ein zusätzliches Terminal entstehen.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: FBB | 27.03.2018 15:21

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Beitrag vom 04.04.2018 - 15:45 Uhr
@nessie,

von "offen Halten" war nie die Reden! Man sollte sich nur für die Offenhaltung einsetzen(!).
Das hatte man wohl schon erledigt: Eine Anfrage beim Bund oder Brandenburg "reicht doch".
Besser wäre natürlich eine Diskussionsrunde im Senat, bei der ein paar Fakten präsentiert werden.
Von "Geld verbrennen" war nie die Rede - auch nicht in der Volksentscheidung!
Damit man weiß wovon man redet
Wortlaut
„Der Flughafen Berlin-Tegel „Otto-Lilienthal“ ergänzt und entlastet den geplanten Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER). Der Berliner Senat wird aufgefordert, sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und alle Maßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um den unbefristeten Fortbetrieb des Flughafens Tegel als Verkehrsflughafen zu sichern!“
"Schließungsabsichten aufgeben" ist ziemlich eindeutig. Das stünde noch aus. Das man das nicht so einfach offen lassn kann ist im 2. Teil versteckt. Man ist ja nicht allein beteiligt. Aber "alle Maßnahmen" ist ziemlich weit gefasst und nur "mal reden" eher nicht genug.
Aber es ging ja nie um die Offenhaltung sondern nur um einen vergifeten Apfel zu plazieren. Das ist gelungen. Allerdings, "alle Maßnahemn" kann auch ziemlich lange dauern und die einhergehende Schließung, da die Lizenz für BER daran hängt, ließe sich nicht so einfach rückgängig machen.

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2018 17:09 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 04.04.2018 - 13:34 Uhr
@nessie,

von "offen Halten" war nie die Reden! Man sollte sich nur für die Offenhaltung einsetzen(!).
Das hatte man wohl schon erledigt: Eine Anfrage beim Bund oder Brandenburg "reicht doch".
Besser wäre natürlich eine Diskussionsrunde im Senat, bei der ein paar Fakten präsentiert werden.
Von "Geld verbrennen" war nie die Rede - auch nicht in der Volksentscheidung!

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2018 13:36 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 01.04.2018 - 11:32 Uhr
Also ein paar Argumente hier finde ich schon schräg.

56% sind keine tolle Mehrheit. Dahalb muss man das nicht erstnehmen:

Komisch. Die Groko hat bei der Bundeswahl 53,3% gewonnen. Folglich kann man diese Bundesregierung nicht ernstnehmen, oder wie?

Weitergedacht: Unter der Annahme, dass alle CDU/CSU-Wähler eine Bundeskanzlerin Merkel wollten; alle anderen Wähler dagegen nicht (SPD-Wähler zum Beispiel Schulz), kommt man auf eine Zustimmungsrate von 33% für Merkel; 66% jedoch gegen Merkel. Also eine 2/3 Mehrheit gegen Merkel.

Dann das Argument "zu spät":

Kann es jemals zu spät sein, bei einem sich als völlig vermurkstem Chaos erwiesenen Gewutschtel die Notbremse zu ziehen? Ich denke nein. Bei veränderten Gegebenheiten ist es sogar eher geboten, die frühere Entscheidung zu überdenken.

Zu den Kosten für Tegel und zur Frage der Manipulation des Wählers:

Die Kosten für den Weiterbetrieb von Tegel scheinen ohne Angabe von Daten vom Senat deutlich zu hoch angegeben zu sein.

Wie ist es sonst zu erklären, dass z.B. die Kosten für den Lärmschutz nach Kritik in den Ausschußberatungen im Parlament immer weiter zusammenschrumpften?

Wie ist es zu erklären, dass ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) (von der Flughafengellschaft in Auftrag gegeben) unter Verschluß gehalten wird? Man könnte vermuten, dass darin die Profitabilität von Tegel (bei einem Parallelbetrieb mit BER) belegt ist.

Wenn seitens des Senats der Wähler manipuliert wurde, dann wohl eher in Richtung des Ergebnisses "Schließung von TXL".

Und selbst wenn TXL nicht wirtschaftlich sein sollte. Wenn es die Entscheidung des Souveräns ist, Geld zu verbrennen, dann sollte man diese Entscheidung auch respektieren. Ist ja nicht so, dass z.B. bei BER KEIN Geld verbrannt wurde/wird.


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