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MTU legt trotz Ärger um Airbus-Antrieb kräftig zu

MTU Maintenance Berlin-Brandenburg
Gebäude der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg in Ludwigsfelde, © MTU Aero Engines AG

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MÜNCHEN - Beim Münchner Triebwerksbauer MTU läuft es trotz weiterer Probleme rund um den Airbus A320neo glänzend. Im abgelaufenen Jahr übertraf der Zulieferer von Boeing und Airbus seine bereits zweimal angehobenen Gewinnziele und stellte nach 2016 erneut Rekorde auf.

Für 2018 peilt Vorstandschef Reiner Winkler eine moderate Steigerung an. Den Aktionären winkt eine deutlich erhöhte Dividende, wie MTU am Mittwoch in München mitteilte.

Am Finanzmarkt wurden die Nachrichten mit Kursverlusten quittiert. Kurz nach Handelsstart gehörte die MTU-Aktie mit rund minus drei Prozent zu den schwächsten Werten im MDax Seit Jahresstart hat sie damit rund 6 Prozent verloren, ist aber immer noch rund ein Fünftel mehr wert als vor einem Jahr.

Das Unternehmen hatte mit seinem operativen Gewinn zwar die Erwartungen der Analysten übertroffen. Bei der Dividende hatten Experten jedoch mit noch mehr gerechnet. Die Ziele des Vorstands für 2018 könnten zudem für Verunsicherung sorgen.

Eine veränderte Rechnungslegung drückt auf Umsatz und operativen Gewinn. Zudem bremsen neue Triebwerksausfälle beim Airbus A320neo die Produktion bei MTU.

Im abgelaufenen Jahr steigerte MTU die Erlöse um 6 Prozent auf gut 5 Milliarden Euro. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) legte um rund 21 Prozent auf knapp 607 Millionen Euro zu. Der bereinigte Überschuss wuchs um 24 Prozent auf 429 Millionen, der tatsächliche Nettogewinn um 22 Prozent auf 382 Millionen Euro. Die Dividende soll von 1,90 auf 2,30 Euro steigen.

2018 muss MTU vor allem wegen neuer Bilanzierungsregeln optisch kleinere Brötchen backen. So werden bestimmte Kosten künftig bereits beim Umsatz abgezogen. 2017 hätten die Erlöse auf dieser Basis statt 5 Milliarden nur 3,65 Milliarden Euro betragen. Der operative Gewinn hätte bei 570 Millionen Euro gelegen.

Von dieser Basis aus will Winkler das bereinigte Ebit auf 600 bis 620 Millionen Euro steigern, der bereinigte Überschuss soll ähnlich wachsen. Der Umsatz soll im Seriengeschäft für neue Verkehrsflugzeuge auf US-Dollar-Basis um 30 Prozent zulegen. Im Wartungsgeschäft erwartet der Manager ein Plus von an die 20 Prozent, im Ersatzteilgeschäft sollen es um die 5 Prozent sein. Im Militärgeschäft, zu dem vor allem der Antrieb des Eurofighters zählt, dürften die Erlöse stagnieren.

Insgesamt dürfte der boomende Absatz von Triebwerken für neue Verkehrsflugzeuge den Gewinnanstieg bremsen. Denn Triebwerkshersteller wie MTU, Pratt & Whitney, General Electric und Rolls-Royce verdienen mit den neuen Antrieben in der Regel kaum Geld. Dicke Gewinne fahren sie vor allem mit Ersatzteilen und Wartung ein.

Derzeit bereitet das Getriebefan-Triebwerk von Pratt & Whitney für den modernisierten Mittelstreckenjet A320neo, an dem MTU mitarbeitet, weiteren Ärger. Seine Gewinnprognose für 2018 stellte Winkler daher unter den Vorbehalt, dass die jüngsten Probleme schnell gelöst werden und die Auslieferungsziele nicht gefährdet sind.

Eine Reihe von Antrieben bei einem Teil der Exemplare des Verkaufsschlagers A320neo drohen während des Flugs auszufallen, Flugsicherheitsbehörden haben deshalb Betriebseinschränkungen verhängt. Insgesamt sind 32 ausgelieferte Flugzeuge betroffen. Rund 100 Triebwerke - die größtenteils noch bei Airbus stehen - müssen umgerüstet werden. Airbus-Chef Tom Enders rechnete vor wenigen Tagen mit einer Lösung bis April.

Die A320neo ist Airbus' größter Verkaufsschlager. Rund die Hälfte der Airlines haben sich für den Getriebefan-Antrieb der United-Technologies-Tochter Pratt & Whitney entschieden, die teilweise von MTU produziert und auch endmontiert werden. Wegen Hitze- und Softwareproblemen an den Antrieben musste Airbus schon 2016 und 2017 monatelang auf fehlende Triebwerke warten.

MTU baut in Konsortien mit anderen Triebwerksherstellern Antriebe für zivile und militärische Flugzeuge. Neben dem Airbus A320 und der Neuauflage A320neo sind auch viele Exemplare des weltgrößten Passagierjets A380, von Boeings "Dreamliner" und Jumbo-Jet 747-8 mit Antrieben unterwegs, an denen MTU mitgearbeitet hat.

Im Militärgeschäft sind die Münchner auch am Turboprop-Antrieb des Militärtransporters A400M beteiligt, der seit Jahren mit Pannen und milliardenschweren Mehrkosten Schlagzeilen macht.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Airbus | 21.02.2018 11:22

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Beitrag vom 24.02.2018 - 14:00 Uhr
Offenbar gibt es in den bestehenden Bilanzierungsregeln einigen Spielraum, der mit IFRS 15 eingeschränkt wird.
Das dürfte nicht nur MTU betreffen.
Ich habe gehört, dass kleinere Tubinen "Listenpreise" haben, die ein Fünffaches der Produktionskosten sind. Die Differenz erklärt sich aus den relativ hohen Entwicklungskosten und dem Ziel, diese möglichst zeitnah erwirtschaftet zu haben. Boeings B787-Finanzierung ist schon extrem...
Beitrag vom 24.02.2018 - 09:19 Uhr
Den Absatz über die verringerten Umsatzzahlen sollte man sich mal genauer ansehen. Sehe das so das man jetzt statt Bruttopreise als Umsatz und Nachlässe als Kosten abzurechnen jetzt den wirklichen Nettoumsatz abrechnet. Das heißt für 2017 wurden "Nachlässe" von 1,35 Mrd. gewährt bei einem Umsatz von 5 Mrd. Das entspricht einem Nachlass von 27%. Vermutlich überwiegend auf Neutriebwerke bzw. zugelieferte Baugruppen dafür.

Nun ist es aber so das in den 5 Mrd. ja auch jede Menge Umsatz für Wartung und Ersatzteile enthalten ist. Wenn man dafür mal pauschal 1,5 Mrd. (reine Vermutung) ansetzt entspricht der Nachlass bereits 38,5%.

Es wird ja viel gerätselt wie hoch die Nachlässe von Boeing und Airbus auf die Listen-Mondpreise sind. Gemunkelt wird da ja von bis zu 50% bei Riesenaufträgen. Eine Spanne von 30-50% halte ich aber durchaus für üblich und das scheint analog auch auf die Triebwerkssparte zuzutreffen.


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