IATA AGM
Älter als 7 Tage

Luftfahrt-Impulse aus Down Under

SYDNEY – Handelskriege, Abschottung der USA, steigende Spritpreise - trotz stärker werdenden Gegenwinds bleibt die Luftfahrtbranche optimistisch. Bei der IATA-AGM bemühten sich die Allianzen um neue Fokussierung, Gastgeber Qantas plant Nonstop-Flüge nach Frankfurt.

Das gegenwärtige Weltklima ist nicht zuträglich für die zuletzt vor allem dank günstiger Treibstoffpreise erfolgsverwöhnte Luftfahrtbranche.

"Die Industrie ist immer noch in ziemlich gutem Zustand trotz der alarmierenden Schlagzeilen, aber wir sehen uns großen Herausforderungen gegenüber", sagte IATA-Chefökonom Brian Pierce am Montag auf der Jahreshauptversammlung des Linienluftfahrt-Verbands in Sydney.

Die IATA hat die Gewinnprognose für 2018 gesenkt und geht in diesem Jahr nur noch von sieben Prozent Wachstum aus gegenüber acht Prozent im Vorjahr. Handelsbarrieren, so die einhellige Meinung, sind für die Airlines schlechte Nachrichten, sowohl für Luftfrachtumsätze als auch für Passagierzahlen.

Alexandre de Juniac
Alexandre de Juniac, © IATA

"Bisher verzeichnen wir keinen deutlichen Passagierrückgang, aber das könnte passieren", sagte Gastgeber Alan Joyce, CEO der australischen Qantas. Gleichzeitig verwies er auf den Erfolg des Freihandelsabkommens zwischen Australien und Japan als Beispiel wie die Luftfahrt von offenen Grenzen für Güter profitiert.

Neue Europa-Strecken

Am Rande der IATA-Tagung verkündete Joyce Pläne für neue Europa-Strecken seiner Gesellschaft. Nachdem Qantas jüngst den ersten Nonstop-Dienst von Australien nach Europa aufgenommen hatte mit Flügen von Perth nach London erklärte Joyce, "für die Zukunft stehen definitiv auch Frankfurt und Paris auf der Liste, für beide Ziele haben wir noch Streckenrechte."

Zunächst sei von Perth eine weitere Nonstop-Route nach Johannesburg vorgesehen, die aber derzeit wegen eines Streits mit dem Flughafen Perth über die Terminalbelegung noch nicht konkret angekündigt sei.

Ob Frankfurt und Paris trotzdem zunächst von Perth mit der Boeing 787 bedient werden oder erst nach 2022, wenn Qantas hofft, mit einem neuen Flugzeug von Airbus oder Boeing auch von Sydney und Melbourne nonstop fliegen zu können, ließ er offen.

Bündnisse kämpfen um Bedeutung

In Sydney wurde deutlich, wie schnell sich die Branche in vielen Bereichen wandelt. Galten Allianzen zwischen Fluggesellschaften lange als das beste Mittel, sich trotz der Barrieren gegen Fusionen untereinander in Bündnissen zu organisieren, müssen sie jetzt um ihre Bedeutung kämpfen.

Derzeit sind 70 Prozent aller Airlines Mitglied in Allianzen, 30% sind unabhängig unterwegs oder gehören zu den Billigfliegern, die sich sowohl Allianzen und trotz Offerten bisher auch der IATA-Mitgliedschaft zumeist verweigern.

Alan Joyce
Alan Joyce, © IATA

"Wir versuchen weiter, sie zu überzeugen, dass sie bei uns sein sollten", wirbt IATA-Generalsekretär Alexandre de Juniac. Die Allianzen selbst lieferten sich in Sydney ein Schaulaufen in dem Bemühen zu zeigen, wie sich den Verhältnissen anpassen.

"Allianzen müssen sich weiterentwickeln, um in einer schnellen Änderungen unterworfenen Branche relevant zu bleiben", erklärte Willie Walsh, Chef von IAG. Es sei nicht mehr möglich, unter den relevanten Airlines weitere Mitglieder zu rekrutieren.

Die von ihm mitgegründete Oneworld-Allianz hat deswegen eine neue Stufe der Mitgliedschaft geschaffen, die sich "Oneworld Connect" nennt. Dafür wurden die Anforderungen gesenkt – aber ein bestandenes IATA-IOSA-Sicherheitsaudit ist ebenso Bedingung wie die Anzahl von drei Sponsoren aus den bestehenden Mitgliedern.

"Wir mussten die Bedingungen anpassen um neue Mitglieder zu gewinnen, unser künftiges Wachstum wird über Oneworld Connect erfolgen", so Walsh. Zuletzt war Air Berlin ein prominenter Abgang aus der Mitgliederliste.

Neu hinzu kommt jetzt als erstes Oneworld-Connect-Mitglied Fiji Airways, an der Qantas seit 1958 beteiligt ist. Als mögliche weitere Kandidaten gelten chinesische Airlines.

Kundenfokussierung

Marktführer Star Alliance stellte in Sydney neue Funktionen für Online-Buchungen oder solche über Apps vor, die es Kunden erstmals erlauben, auch bei Reisen mit mehreren Mitgliedsgesellschaften bereits bei Buchung über eine einzige Website oder App gleich für alle Teilstrecken Sitze zu reservieren, aber auch Meilengutschriften zu verwalten und in Echtzeit die Beförderung ihres Gepäcks zu verfolgen.

"Unser Fokus hat sich gewandelt, statt immer mehr Mitglieder zu rekrutieren steht jetzt der Kunde im Mittelpunkt", so Star Alliance-Chef Jeffrey Goh. Dass das nicht längst der Fall war, sowohl der Kundenfokus als auch die Airline-übergreifenden Buchungsfunktionen, zeigt, wie weit die Luftfahrt in vielen vermeintlichen Selbstverständlichkeiten noch anderen Branchen hinterherhinkt.

"Viele Airlines nutzen immer noch ihre angestammten IT-Systeme, es ist nicht einfach gemeinsame Standards zu schaffen, zumal an solchen Prozessen weitere Partner wie Reservierungssysteme und Flughäfen beteiligt sind", so Goh.

Auch die Skyteam-Allianz stellte in Sydney ein neues gemeinsames Angebot namens "SkyLink Digital Spine" vor, das Airline-übergreifend funktionieren soll, derzeit schon bei Aeromexico und Delta, bis zum Jahresende bei fünf weiteren Gesellschaften und bis Ende 2019 bei allen.

"Bisher gab es einen Mangel an Konsistenz", so Skyteam-Chef Perry Cantarutti, "jetzt haben wir eine Art ‚Google Translate’ für Airlines." Damit erfülle man das Bedürfnis der Kunden nach mehr Kontrolle über ihre Reise, derzeit fliegen bei Skyteam jährlich 30 Millionen Passagiere mit mehreren Mitgliedsgesellschaften während einer Reise.

Frauen unterrepräsentiert

Ein Bereich, in dem die Luftfahrtbranche ebenfalls großen Nachholbedarf hat, ist die Rolle von Frauen. Mehrfach während der AGM und auch im Netz musste die IATA harsche Kritik einstecken für ihr Governing Board, das sich stolz auf einem Gruppenfoto präsentiert – Dutzende Herren in Anzügen, ganz rechts eine einzige Frau, die Chefin der britischen Regionalgesellschaft FlyBe.

Während die IATA darauf verweist, Bedingung für die Aufnahme in das Gremium sei die CEO-Position und dabei gebe es eben wenige Frauen, versprachen alle Herren das Problem anzugehen. "Airlines müssen noch viel mehr tun für die Karrieren von Frauen", forderte die Chefin von Air Nambia, Mandy Samson. "Da immerhin sind wir führend in Afrika, dort werden bereits drei Airlines von Frauen geleitet."
© Andreas Spaeth | Abb.: IATA | 06.06.2018 08:07

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Beitrag vom 06.06.2018 - 13:06 Uhr
Dreh- und Angelpunkt der Luftfahrtbranche ist das technische Gerät "Flugzeug" und drum herum. Dieses muss man als Manager nunmal auch grundsätzlich verstanden haben via Studium etc. Und genau in technischen Berufen krebst der Frauenanteil seit Ewigkeiten bei unter 20% rum - wo sollen also die mehr Frauen herkommen...


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