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Eurowings-Management gesteht Überforderung ein

Eurowings Airbus A320
Eurowings Airbus A320, © Eurowings

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BERLIN - Das Management der Lufthansa-Tochter Eurowings räumt ein, dass es mit der Fülle an Problemen in den vergangenen Monaten überfordert war. "Ende Mai brach die Katastrophe über uns herein", sagte Eurowings-Geschäftsführer Michael Knitter im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin "Capital".

Durch Fluglotsenstreiks, Unwetter und Staus im Luftraum seien die Abflugzeiten für manche Flüge über den Tag verteilt bis zu zehnmal vor- und zurückgeschoben worden. "Da sind wir komplett aus der Kurve geflogen", gestand der Eurowings-COO (Chief Operating Officer) gegenüber "Capital" (19. Juli) ein. "Das konnte ich nicht mehr puffern."

Die Fluggesellschaften, die Risiken wie Streiks oder schlechtes Wetter immer einkalkulieren müssen, sahen sich in den vergangenen Wochen mit außergewöhnlich vielen Stornierungen und massiven Verspätungen im gesamten Luftverkehr konfrontiert.

Durch Probleme bei der Air-Berlin-Übernahme konnte die Eurowings-Führung damit nicht mehr angemessen umgehen. Die Billigfluggesellschaft hatte alle Reserven bis zum Anschlag ausgereizt - inklusive der zehn Maschinen, die das Unternehmen sonst stets als Puffer bereithält.

"Das alles kam mitten in unseren Integrationsprozess gerauscht", sagt Knitter. "Die Ausmaße haben wir vielleicht unterschätzt. Unsere Organisation ist nicht darauf ausgerichtet, mit solchen Katastrophen umzugehen."

Das Chaos der vergangenen Wochen zeigt, dass nicht allein Wetterkapriolen und widrige Umstände die Schwierigkeiten verursachen, wie es das Unternehmen nach außen gern darstellt, sondern auch hausgemachte Probleme.

"Einiges würden wir konservativer angehen"


Eines davon ist die hindernisreiche Übernahme von Teilen des insolventen Konkurrenten Air Berlin, ein anderes die Wildwuchsstruktur der rapide expandierenden, aus lauter eingeschränkt kompatiblen Teil-Fluglinien zusammengesetzten Airline.

Zudem setzt Lufthansa-Chef Carsten Spohr die Billigflugtochter mit hohen Gewinnerwartungen und weiteren Expansionsplänen weiter unter Druck.

Das Eurowings-Management mahnt selbst zu mehr Vorsicht. Knitter gibt zu, noch nie an einem Projekt mitgearbeitet zu haben, "das so kompliziert war und sich von Woche zu Woche verändert hat". Seine Lehre für die nächsten Übernahmen lautet: "Das ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Einiges würden wir konservativer angehen."
© Capital, ots | Abb.: Eurowings | 19.07.2018 16:41

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Beitrag vom 29.07.2018 - 14:15 Uhr
Es ist aber ja nun einmal nicht so, als ob es keine Wahl gegeben hätte. Sowohl GWI, als auch die EWD existierten schon vor der EW-Group. Das Konstrukt war einzig und alleine dazu ausgelegt, möglichst viele verschiedenen AOCs unter einer Marke zu bündeln, um internen Wettbewerb veranstalten zu können und gleichzeitig einheitlich nach aussen aufzutreten.
Da frage ich sehr deutlich, wem nütz der interne Wettbewerb?
Wird da der Wettbewerb nicht überhöht? Klar, den Wettbewerb nimmt man mit, aber könnte das Ziel nicht sein, tatsächlich eine Plattform zu schaffen, die es möglich macht in der stattfindenden und noch stärkerer werdenden Konsolidierung Möglichkeiten zu schaffen um andere unkompliziert an die Marke anzuschließen. Stellen wir uns vor Wizz (oder auch etwas kleiner, geht nur ums Beispiel) käme dazu. Entweder deren OPS lassen und Flieger umbranden, fertig oder alle auf bestehenden MTV GW/EWD eingliedern. Ich glaube eher an Plattform, kann aber verstehen das man hier sehr auf der Hut ist.
Das GWI AOC wurde innerhalb eines Jahres ohne große Reibungsverlust verdoppelt! Auch dort war die Günstigkeit das oberste Ziel und damit hat man "mal eben" 200 Mio Ergebnisverbesserung erzielt. Die Kollegen in Kabine, Cockpit und auch am Boden wurden vernünftig vergütet und der GWI Spirit hat vieles möglich gemacht.
Ja, aber das war organisches Wachstum durch Rückzug der LH aus dem P2P. Diese Art Wachstum ist sehr begrenzt. Die Möglichkeit von Zukäufen passt da nicht rein, s.o.
Die EWD wurde "erpresst", A320 zu fliegen, damit man endlich den KTV-Piloten etwas entgegensetzen konnte.
Es ist aber viel zu eingleisig gedacht, wenn es immer nur um die Piloten geht.
Schön gesagt ;-)

Beitrag vom 28.07.2018 - 18:50 Uhr

Ich stimme Ihnen hier in allen Punkten zu, im Detail ist da viel Murks dabei. Es führt aber wieder zu der Frage, die immer noch unbeantwortet ist. Wie hätte man selbst in diesen Zeiten agiert?
Mein Verständnis ist, um im Mark eine Relevanz zu haben braucht es ein gewisse Größe, sonst hat man keine Chance . Dieses Ziel wurde ausgegeben und klar kommuniziert. Durch das Ende der AB gab es die Chance schnell zu wachsen. Die Slots hängen an den AOCs und ein großes AOC zu übernehmen wurde verweigert. Also blieben die Kleinen. Nehmen oder sagen, wir lassen das, zu kompliziert.

Es ist aber ja nun einmal nicht so, als ob es keine Wahl gegeben hätte. Sowohl GWI, als auch die EWD existierten schon vor der EW-Group. Das Konstrukt war einzig und alleine dazu ausgelegt, möglichst viele verschiedenen AOCs unter einer Marke zu bündeln, um internen Wettbewerb veranstalten zu können und gleichzeitig einheitlich nach aussen aufzutreten.
Da frage ich sehr deutlich, wem nütz der interne Wettbewerb?

Das GWI AOC wurde innerhalb eines Jahres ohne große Reibungsverlust verdoppelt! Auch dort war die Günstigkeit das oberste Ziel und damit hat man "mal eben" 200 Mio Ergebnisverbesserung erzielt. Die Kollegen in Kabine, Cockpit und auch am Boden wurden vernünftig vergütet und der GWI Spirit hat vieles möglich gemacht.
Die EWD wurde "erpresst", A320 zu fliegen, damit man endlich den KTV-Piloten etwas entgegensetzen konnte.
Es ist aber viel zu eingleisig gedacht, wenn es immer nur um die Piloten geht. Denn am GWI AOC hingen viele erfahrene Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen identifiziert haben und damit den Laden "am Laufen" gehalten haben. Diese Identifikation ist in einem Gemischtwarenladen wie der EW-Group kaum zu erreichen und die Konsequenzen sind auch das aktuell vorherrschende Chaos.

Ein Flugbetrieb ist mehr, als seine Einzelteile und diese Erkenntnis spürt die EW gerade am eigenen Leib...

Vielleicht liege ich hier falsch, aber das ist meine Sicht und Grundlage meiner Argumentation.
Beitrag vom 28.07.2018 - 09:50 Uhr

Genau darum geht es.
Aber die Diskussion ist mir zu Crewlastig. Zunächst geht es mal darum auch übermorgen zu bestehen. Hier läuft gerade ein rasanter Veränderungsprozess, besonders im Vertieb und Digital während es in der OPS eher um finetuning geht. Die Konsolidierung ist in vollem Gange, da muss man agieren. Das es dabei knirscht, geschenkt.
Aber zu sagen die haben keine Ahnung?

Ja, man kann durchaus sagen, dass die Manager keine Ahnung haben. Wovon ist allerdings die Frage;-)

Spaß beiseite. Es geht nicht "nur" um die Crews im Cockpit oder in der Kabine.
Sie Sagen es ja selbst, dass ein Flugbetrieb eine sehr finegetunte Maschine ist. Da ist jedwedes Puzzleteil sehr empfindlich gegenüber unüberlegter Veränderung. Ein Flugbetrieb ist auch alles andere als simpel.
Kein Pilot oder sonstiger Flugbetriebsbeteiligter würde das ernsthaft in Frage stellen.
Nun hat man sich in der EW-Group sehr darauf konzentriert, das Digitale und den Vertrieb zu revolutionieren. Das ist notwendig und gut gewesen.
Leider hat man dabei aber vergessen, dass die Ware auch produziert werden will. Sprich, die verkauften Sitzplätze müssen mit Crews und Material bestückt werden. Das hat man meiner Meinung nach sträflich vernachlässigt. Da ging es dann um Gewerkschaftspolitik und Dogmen, die Konzernvorstände herausgegeben haben und die Ihnen eigentlich jetzt vor die Füsse fallen sollten.
Da die Piloten nun einmal an einer Schaltstelle in Luftfahrtunternehmen sitzen, ist es bei Ihnen auch am offensichtlichsten, wenn sie fehlen. Das gleiche gilt aber für viele andere Jobs im Unternehmen ebenso. Egal, ob Techniker oder Verkehrsleiter, an allen Stellen fehlt das (erfahrene) Personal, um die durch digitalen Vertrieb verkauften Sitzplätze mit möglichst wenig Aufwand/Material auch tatsächlich darzustellen.
Und wenn dann noch dazu kommt, dass man die EW-Group wie ein Consumergoods Konzern betreiben möchte (Eine Marke, viele Produzenten), dann leugnet man die die Komplexität und auch die Expertisen, die in den Flugbetrieben teilweise über Jahre aufgebaut wurden und verkündet die Mär der Austauschbarkeit. Die wäre nur gegeben, wenn alle zu gleichen Bedingungen (Verfahren UND Tarife) unterwegs wären. Aber auch das war und ist nicht gewollt!
Ein Crewplaner, ein Techniker und auch ein Pilot braucht Jahre, um effizient für einen Flugbetrieb arbeiten zu können.
Unternehmen, die das nicht leisten wollen oder können, müssen eben mehr für ihr Personal zahlen, anstatt regelmäßig die neusten hanebüchenen Forderungen in den Raum zu stellen.
Eine LGW kann eben nicht "mal eben" A320 fliegen. Auch eine EWE ist nicht von heute auf morgen entstanden und auch die EWD hat mehrere Jahre gebraucht, bis der A320 bei Ihnen läuft. Die GWI hingegen gab es schon und hat sehr erfolgreich den dezentralen Verkehr der LH übernommen. Aber auch das hat leider verschiedenen Mitspielern nicht gereicht...
Man kann auch nicht einfach Produktionsmaterial (Flugzeug oder Personal) von einem Unternehmen in ein anderes stecken.
Die aktuelle Situation war vom Management gewollt. Insofern ist auch mehr recht als schlecht, dass die Manager genau dafür auch die Verantwortung übernehmen. Eigentlich gehören da ja noch ein oder zwei hinzu.... ;-)
Ich stimme Ihnen hier in allen Punkten zu, im Detail ist da viel Murks dabei. Es führt aber wieder zu der Frage, die immer noch unbeantwortet ist. Wie hätte man selbst in diesen Zeiten agiert?
Mein Verständnis ist, um im Mark eine Relevanz zu haben braucht es ein gewisse Größe, sonst hat man keine Chance . Dieses Ziel wurde ausgegeben und klar kommuniziert. Durch das Ende der AB gab es die Chance schnell zu wachsen. Die Slots hängen an den AOCs und ein großes AOC zu übernehmen wurde verweigert. Also blieben die Kleinen. Nehmen oder sagen, wir lassen das, zu kompliziert.

Vielleicht liege ich hier falsch, aber das ist meine Sicht und Grundlage meiner Argumentation.


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