Air-Baltic-Chef Martin Gauss
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"Die Airline ist offen für externe Investoren"

RIGA - Steigende Kerosinpreise, Verspätungen bei der Flugsicherung und ein harter Preiskampf haben Airlines 2018 herausgefordert, einige gaben auf. Die lettische Air Baltic steht gut da - sie hat in die Erneuerung ihrer Flotte investiert und viele Pläne für 2019. Air-Baltic-CEO Martin Gauss im exklusiven aero.de-Interview.

aero.de: Herr Gauss, der Sommer 2018 war keine leichte Nummer für europäische Airlines. Wie ist Air Baltic mit dem vollen Luftraum und den steigenden Kerosinpreisen zurechtgekommen? 

Martin Gauss: Wir hatten Schwierigkeiten mit Verspätungen bei der Flugsicherung. Es war hart für uns zu sehen, dass wir deswegen auf der Pünktlichkeitsskala im internationalen Vergleich etwas abgerutscht sind. Immerhin waren wir vier Jahre lang die pünktlichste Airline der Welt. 

Was die Passagierzahlen anbelangt war unser Sommer sehr erfolgreich – im Schnitt hatten wir 18 Prozent mehr Passagiere als im Sommer davor.

airBaltic-CEO Martin Gauss
airBaltic-CEO Martin Gauss, © airBaltic
 
aero.de: Was erwarten Sie für 2019 – wie werden Sie sich angesichts zunehmenden Wettbewerbs und um sich greifender Konsolidierung positionieren? 

Gauss: Ich denke, dass die Konsolidierung in diesem Winter weitergehen wird und dass sie durch die steigenden Kerosinpreise vielleicht sogar beschleunigt wird. Uns sehe ich da in einer guten Position, denn wir haben auf ein sparsames Flugzeug gesetzt. 

Aber klar, der Wettbewerb ist hart und ich rechne nicht damit, dass jemand sein Angebot einschränken wird. So lange niemand pleite geht wird es mehr Kapazität auf dem Markt geben.

aero.de: Sie haben die sparsamen Flugzeuge angesprochen – damit meinen Sie Ihre A220. Was hat sich für Sie als Betreiber des Flugzeugs geändert, nachdem die CSeries zum A220 wurde? 

Gauss: Von der Produktion her gar nichts. Die gleichen Leute wie vorher fertigen das Flugzeug in der gleichen Fabrik. Wenn wir jetzt noch weitere Flugzeuge kaufen würden, hätten wir andere Kontaktpersonen im Verkauf, das ist der Hauptunterschied.

aero.de: Vor kurzem haben sie zusätzlich zu Ihrer ersten Bestellung von 20 Flugzeugen weitere 30 bestellt und halten eine Option auf weitere 30. Das klingt nach einer gewaltigen Expansion. Auf welchen Routen und Märkten werden Sie diese Kapazität einsetzen? 

Gauss: Das Wachstum ist nicht so groß wie es scheint. Jetzt, im November 2018 betreiben wir schon eine gemischte Flotte von 36 Flugzeugen. Wir müssen also nur 14 Flugzeuge hinzufügen, dann haben wir schon 50. Die werden alle im Baltikum stationiert. Ende 2018 werden wir vierzehn Airbus A220-300 betreiben.

airBaltic Airbus A220-300
airBaltic Airbus A220-300, © airBaltic
 
aero.de: Wie es aussieht will Air Baltic eine mehr pan-europäisch ausgerichtete Airline werden. 

Gauss: Das würde ich heute so nicht sagen, denn bis dahin ist es noch ein paar Jahre hin. Aber ja, wenn wir einmal die Grenzen unseres Wachstums im Baltikum erreicht haben werden wir darüber hinaus wachsen. Unsere Marke nutzen und etwas tun, was wir bereits können. Unser erstes Flugzeug außerhalb des Baltikums werden wir also nicht in Nordafrika stationieren sondern in einer Gegend, die wir schon kennen.

aero.de:
Sie streben in Langstreckenmärkte wie Abu Dhabi – werden Sie Ihren geographischen Vorteil nutzen und mit Ihrem Airbus-Jet abgelegenere Gegenden vielleicht sogar in Asien bedienen? 

Gauss: Das Flugzeug schafft voll beladen sieben Stunden Flugzeit. Asiatische Ziele liegen daher nicht in unserem Flugplan. Mit unserem Hub in Riga können wir allerdings Langstreckenflieger dazu animieren, Riga anzufliegen.

Air Baltic hat Ideen, wie man vom Baltikum aus Langstreckenflüge aufziehen könnte, aber wir glauben, dass andere das besser können. Deswegen werden wir unsere Strategie beibehalten, bis zu sieben Stunden zu fliegen. Wir schränken uns nicht darin ein, welche diese Ziele sein können, aber weiter als bis Westindien kommen wir in sieben Stunden nicht.

aero.de: Welche sind heute Ihre stärksten Routen und was planen Sie in diesem Zusammenhang für 2019? 

Gauss: Wir werden auf den stärksten Routen expandieren – nach Passagierzahlen sind das Moskau, Stockholm, Kopenhagen und eine Menge anderer Routen. Insgesamt fliegen wir über 70 Ziele an. 

Wir werden die Kapazität und die Frequenz auf den bereits bestehenden starken Routen erhöhen. Aber wir können erst dann neue Routen hinzufügen, wenn wir mehr als die 36 Flugzeuge haben, die wir heute haben.

airBaltic Airbus A220-300 Kabine
airBaltic Airbus A220-300 Kabine, © airBaltic
 
aero.de: Für Ihre Pläne brauchen Sie Piloten. Wie schlagen Sie sich im harten Wettbewerb um Talente? 

Gauss: Es ist sehr schwer, Piloten zu finden, weil sie überall auf der Welt händeringend gesucht werden. Deswegen haben wir eine Air Baltic Pilot Academy ins Leben gerufen. Hier können junge Leute ihre ATPL-Ausbildung machen und nach zwei Jahren anfangen, bei uns zu arbeiten. 

Über die Jahre werden wir 100 neue Piloten pro Jahr haben, das sollte unseren Bedarf decken. Aber der erste Jahrgang dieser Schule wird erst in eineinhalb Jahren fertig sein. Bis dahin müssen wir die Piloten auf dem freien Markt anwerben. Das ist schwierig, aber bis jetzt geht es.

aero.de: Air Baltic gehört zu achtzig Prozent dem lettischen Staat. Welche sind die nächsten Schritte hin zu einer Privatisierung – private Investoren, ein Börsengang oder sogar die Übernahme durch eine größere europäische Airline? 

Gauss: Alles von dem, was Sie genannt haben, ist möglich. Die Airline war und ist offen für externe Investoren. Sie hat jetzt einen erfolgversprechenden Business Plan. Wir werden als Kandidat für einen künftigen Börsengang gehandelt. Schauen wir mal, was passiert – sicher werden wir 2019 mehr dazu sagen können.
© aero.de, boa | Abb.: airBaltic, aero.de (Montage) | 01.12.2018 10:39


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