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Avianca-Crew übersetzt ATC-Anweisungen für Lufthansa

Der Flughafen Bonilla Aragón in Cali/Kolumbien
Der Flughafen Bonilla Aragón in Cali/Kolumbien, © Aeronáutica Civil de Colombia

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CALI - Schwierige Kommunikation über Cali: Weil die Lufthansa-Crew des Fluges LH-542 nach Bogotá Anweisungen der Fluglotsen nicht verstand, übersetzte die Crew des Avianca-Fluges O6-852 für sie. Beide warteten bei schlechtem Wetter auf die Landeerlaubnis für den Ausweichflughafen Cali.

Avianca Brasil-Flug 852 von São Paulo nach Bogotá musste ebenso wie der Lufthansa-Flug und einige andere am 17. November wegen schlechten Wetters auf den Flughafen Bonilla Aragón in Cali ausweichen.

Dabei bekam die Avianca-Crew mit, dass die Lufthansa-Kollegen Schwierigkeiten hatten, sich mit der Flugsicherung des Flughafens Cali zu verständigen. Die hatte die Crew angewiesen, mit ihrem Airbus A340-600 am Wegpunkt "MANGA" zu kreisen, bis sie die Landeerlaubnis für Cali erteilen würden.

Diese Botschaft kam erst an, nachdem die Avianca-Crew als Übersetzer für die Lufthansa-Crew und die Flugsicherung eingesprungen war. "Er (der LH-Pilot) versteht nicht, was Sie sagen", funkte der Avianca-Kapitän an den Lotsen. "Die Piloten sind mit dem Flughafen nicht vertraut und verstehen nicht, was sie tun sollen."

Mitschnitt der Kommunikation zwischen der Avianca-Crew, der Lufthansa-Crew und der Flugsicherheit in Cali., © Alfonso Rico Torres


Radardaten zeigen, dass die Lufthansa-Maschine anschließend einen Wegpunkt in der Nähe von Cali anflog. Schließlich landete die Lufthansa-Maschine sicher am Flughafen in Cali, sechs Minuten später landete auch die Avianca-Maschine.

Medien berichteten im Anschluss, dass die beiden Flugzeuge bei den schlechten Sichtverhältnissen und wegen der Verständigungsprobleme beinahe in der Luft zusammengeprallt wären.

Die kolumbianische Luftfahrtbehörde widerspricht dieser Darstellung per Twitter und in einer Pressemitteilung. "Die Luftsicherheit am Flughafen Bonilla Aragón in Cali war zu keinem Zeitpunkt in Gefahr oder beeinträchtigt", teilt die Behörde mit.

"Das Vorgehen am Flughafen Cali entspricht den internationalen Sicherheitsstandards", heißt es in der Pressemitteilung. "Es bleibt festzuhalten, dass sich keine der (von dem Vorfall betroffenen, Red.) Airlines offiziell bei der Luftfahrtbehörde beschwert hat. Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Sicherheit nicht beeinträchtigt war."

Nach Daten des Sekundärradars hielten der Airbus A340-600 D-AIHC von Lufthansa und der Airbus A330-200 PR-OCK in den Warteschleifen über Cali zu jeder Zeit eine sichere Staffelung zueinander ein.

Dieser Artikel basiert auf einer Meldung des "Aviation Herald" und wird von aero.de in Lizenz veröffentlicht.
© aero.de | Abb.: Lufthansa | 20.11.2018 12:41

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Beitrag vom 23.11.2018 - 09:41 Uhr
Ich sehe da keinen Widerspruch. Ja - durch Überlagerung zweier >Funksprüche konnt man nix verstehen. Wäre jetzt nicht alles so >schnell gegangen, hätte man nachfragen können. Und es ist ja auch >unklar, was zu verstehen war.

Hallo - wie wollen Sie auf etwas nachfragen können, was Sie vorher gar nicht gehört haben?

Man hört, dass zwei Sender gleichzeitig gesendet haben. Nur den Inhalt versteht man nicht. Dann kann man durchaus nachfragen, wer jetzt gerade eben gesendet hat. Hören Sie täglich im Flugfunk. Das ist der Unterschied zwischen "Hören" und "Verstehen".

Es gab mehrere Gründe für den Unfall und ein ganz wesentlicher war wohl, daß der KLM Kapitän wußte keine Startgenehmigung zu haben und trotzdem startete. Da ist doch jede weiter Diskussion überflüssig.

Dann hat aber auch Digitalfunk in keinerste Weise helfen können....

Mir geht es darum, daß festgestellt wurde, daß der entscheidende Funkspruch zwischen der PanAm und dem Tower, daß die PanAM noch auf der Startbahn stand,von der KLM nicht gehört wurde, da exakt im selben Moment die KLM selbst funkte. Damit bekam sie die anderen Fuunksprüche auf dem analogen Kanal nicht mit. Wie soll da jemand nachfragen können, wenn man doch überhaupt nichts mitbekommen hat?

Falsch: PanAm und Tower funkten gleichzeitig. Tower an KLM, dass sie auf die Startfreigabe (die noch gar nicht erteilt war) warten sollen; PanAm, dass sie noch auf der Bahn waren. Diese Meldungen überlagerten sich; es ist unklar was KLM verstanden hat. KLM sendete jedenfalls NICHT. Und KLM wusste, dass es zwei zweitgleiche Aussendungen gab.

Meines Wissens ist solches bei digitalem Funk nicht möglich. Denn entweder wird ihr Funkspruch angenommen oder abgelehnt. Das bekommet man immer mit, ob die Verbindung entweder besteht oder Abbruch angezeigt wird. Das ist doch das entscheidende digitale Merkmal nach dem Binärsystem und anderes ist bei digitalem Funk nicht möglich. Das kennt doch inzwischen jeder von der Verbindung bei seinem Handy.

Das hängt zunächst einmal vom Protokoll ab. Man kan es so bauen, dass das von Ihnen genannte Verhalten im Wesentlichen zutrifft. Man kann es aber auch anders implementieren. Bei Handy ist das von Ihnen genannte Verhalten deshalb einfacher zu implementieren, weil außer der Punkt-zu-Punkt-Verbindung kein anderer mithören soll. Das ist aber im Flugfunkt anders. Alles andere wäre EXTREM problematisch. Situational awareness wäre dann im Eimer. Avianca hätte dann beispielsweise nicht übersetzen können.

Die Ablehnung der Verbindung bei bereits vorhandener Belegung hat aber einige Nachteile. Insbesondere sind Blindsendungen bei gewissen Fehlfunktionen nicht mehr möglich (keine Handshakes mehr möglich). Dann kann also potentiell GAR nichts mehr gehört/gesendet werden. Ich weiß jetzt auch gar nicht, ob Protokolle existieren, die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen "garantieren", bei denen aber jeder mithören kann.

Wenn man einen Verbindungsaufbau nicht zulässt, sobald ein gewisser Träger erkannt wird (wie z.B. bei Ethernet der Fall), dann kann wiederum bspw. Troposcatter von einem Flugplatz A auch den Funkverkehr auf dem entfernteren Flugplatz B lahmlegen; nicht, was man unbedingt braucht. Fragen Sie mal Leute von der freiwilligen Feuerwehr. Die haben auf dem analogen 4m Band bei manchen Wetterbedingungen Afrika gehört.

Aber auch bei Ethernet kann es zu Doppelbelegungen kommen. Wird das gesendete Paket nicht quittiert, dann erfolgt einen Neuaussendung nach einem pseudo-zufällig bestimmten Zeitabstand. Kollisionen sind aber bei höherer Netzauslastung gar nicht selten.
Beitrag vom 23.11.2018 - 02:10 Uhr

Insofern ist die schlechtere Sprachqualität durchaus ein Sicherheitsgewinn.

Das finde ich eine sehr abenteuerliche Behauptung und widerspricht jeder Erfahrung und Logik: schlechtere Sprachqualität als Sicherheitsgewinn? Das meinen Sie nicht wirklich - oder?


Ich sehe da keinen Widerspruch. Ja - durch Überlagerung zweier >Funksprüche konnt man nix verstehen. Wäre jetzt nicht alles so >schnell gegangen, hätte man nachfragen können. Und es ist ja auch >unklar, was zu verstehen war.

Hallo - wie wollen Sie auf etwas nachfragen können, was Sie vorher gar nicht gehört haben?

Es gab mehrere Gründe für den Unfall und ein ganz wesentlicher war wohl, daß der KLM Kapitän wußte keine Startgenehmigung zu haben und trotzdem startete. Da ist doch jede weiter Diskussion überflüssig.

Mir geht es darum, daß festgestellt wurde, daß der entscheidende Funkspruch zwischen der PanAm und dem Tower, daß die PanAM noch auf der Startbahn stand,von der KLM nicht gehört wurde, da exakt im selben Moment die KLM selbst funkte. Damit bekam sie die anderen Fuunksprüche auf dem analogen Kanal nicht mit. Wie soll da jemand nachfragen können, wenn man doch überhaupt nichts mitbekommen hat?

Meines Wissens ist solches bei digitalem Funk nicht möglich. Denn entweder wird ihr Funkspruch angenommen oder abgelehnt. Das bekommet man immer mit, ob die Verbindung entweder besteht oder Abbruch angezeigt wird. Das ist doch das entscheidende digitale Merkmal nach dem Binärsystem und anderes ist bei digitalem Funk nicht möglich. Das kennt doch inzwischen jeder von der Verbindung bei seinem Handy.
Beitrag vom 22.11.2018 - 12:23 Uhr

Insofern ist die schlechtere Sprachqualität durchaus ein Sicherheitsgewinn.

Na das bezweifle ich dann doch sehr stark. Lesen Sie mal etwas über den bis heute schwersten Flugzeugunfall von 2 747 auf Teneriffa nach. Ein ganz wesentlicher Faktor war gewesen, daß die KLM den Funkspruch der PanAm, sich noch auf der Startbahn zu befinden, nicht gehört hat. Das war 1977 und da träumte man noch nicht einmal vom Digitalfunk. Das kostete 583 Menschenleben. (Ja, ich weiß es gab noch weitere Gründe für den Unfall).

Ich sehe da keinen Widerspruch. Ja - durch Überlagerung zweier Funksprüche konnt man nix verstehen. Wäre jetzt nicht alles so schnell gegangen, hätte man nachfragen können. Und es ist ja auch unklar, was zu verstehen war.

Bei FM hätte man NUR den stärkeren Sender gehört. Das hätte der Tower, aber auch der PanAm-Flieger sein können. Was wahrscheinlicher ist, kann ich nicht beurteilen. Aber ok - mit 50% Wahrscheinlichkeit hätte der KLM-Kapitän vom Tower nochmals den Hinweis erhalten, dass er nach wie vor keine Take off-clearance hat. Ob er auf den Hinweis des PanAM-Fliegers reagiert hätte sei mal dahingestellt; den zweiten Funkspruch vom PanAm-Flieger hat ja zumindest der KLM-Flugingenieur mitbekommen.


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