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Günstiganbieter zingeln Austrian Airlines ein

WIEN - Wer zuerst zuckt, verliert: nach dem Ende von Air Berlin und Niki zieht der Flughafen Wien Günstigairlines magisch an. Austrian Airlines muss aufpassen, am eigenen Drehkreuz nicht in die Defensive zu geraten. Zurückweichen ist für die Lufthansa-Tochter zumindest derzeit noch "keine Option".

Auf sechzig Airbus A320/A321 und 18 Millionen Passagiere addieren sich die Planspiele von Laudamotion - seit dieser Woche eine Tochter von Ryanair -, der IAG-Plattform Level und Wizzair für den Flughafen Wien bis 2023. An einem 24-Millionen-Flughafen kann diese Rechnung nicht aufgehen.

Austrian Airbus A319
Austrian Airbus A319, © Michael Lassbacher

"Verdrängung pur", nennt Niki Lauda daher das, was sich in Wien abspielt. Allein das Aufeinandertreffen der Schwergewichte Ryanair und IAG hat in Wien einen harten Preiswettbewerb entfacht, an dem sich Lufthansa schon jetzt nicht mehr beteiligen will: Eurowings Europe nimmt in Wien einige Strecken wieder aus dem Programm.

Lufthansa-Tochter Austrian läuft Gefahr, zwischen den wettbewerbsaffinen Günstigfliegern aufgerieben zu werden. In Relation zu deren 18-Millionen-Plänen, liegt das Aufkommen des Marktführers derzeit bei jährlich 13 Millionen Passagieren, etwa jeder zweite AUA-Kunde nutzt das Drehkreuz.

Wizzair-Chef Jozef Varadi sagte Austrian Ende Juli im "Kurier" harte Zeiten voraus. Als Konzernairline der Lufthansa stelle sich für Austrian zwar nicht die Überlebensfrage. Doch werde sich Austrian verschlanken müssen, um intakt zu bleiben.

Wizz Air Airbus A320
Wizz Air Airbus A320, © Airbus

Denn neben Warmwasser-Zielen und lukrativen Städtepaaren entdecken die Billiganbieter auch Verbindungen für sich, auf die Austrian als Zubringer für ihre Langstrecke angewiesen ist: Polen, Norditalien, Nordeuropa, die Ukraine und Israel gehören zu Märkten, die Austrian verteidigen muss.

Die Tragkraft einer Zubringerstrecke hängt allerdings auch vom Lokalverkehr ab - saugt der Wettbewerb zu viele Lokalpassagiere ab, gerät die Strecke unter Ertragsdruck. Diese Kaskade könnte am Ende sogar die eine oder andere Langstrecke von Austrian ins Wanken bringen.

LEVEL A321-200
Level A321-200, © Anisec Luftfahrt GmbH

Zeitgleich steht die Lufthansa-Tochter vor der wichtigen Entscheidung, wie sie die Langstrecken-Flotte erneuern kann. Der Investitionsrahmen liegt zwischen ein und drei Milliarden Euro, je nach Dimension des künftigen Langstreckennetzes. Austrian muss diese Mittel selbst aufbringen.

"Wir entscheiden über die Zukunft der Langstreckenflotte (von Austrian,  Red.), wenn wir uns sicher sind, dass sich die AUA diese Investition leisten kann", stellte Lufthansa-Chef Spohr im Mai in Wien klar. Transferleistungen zwischen finanzstarken und schwächelnden Lufthansa-Airlines soll es nicht mehr geben.

Austrian: "Zurückfahren keine Option"

Und was meint Austrian? "Die Anzahl der Flugzeuge, die derzeit in Wien stationiert sind,  entsprechen noch nicht jenem Niveau, dass die Niki in den besten Zeiten hatte", sagte Airlinesprecher Peter Thier aero.at. "Das derzeitige Wachstum geht zu großen Teilen auf die Expansion der AUA zurück." Austrian sicherte sich von Air Berlin fünf Airbus A320 und wertvolle Slots, vor allem im Nachbarschaftsverkehr.

Ob den Ankündigungen der Low Coster auch Taten folgen, lasse sich aus Sicht von Austrian noch nicht klar erkennen. "Wir werden die Situation jedenfalls genau verfolgen und sind bereit, auf entsprechende Entwicklungen zu reagieren", so der Sprecher. "Zurückfahren ist derzeit jedenfalls keine Option."
© aero.at | Abb.: Michael Lassbacher | 03.09.2018 06:59

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Beitrag vom 05.09.2018 - 15:06 Uhr
Hier noch ein paar Hintergrundinfos. Da scheint doch eine gewisse Zuversicht zu sein. Sehr schön!
 http://www.austrianaviation.net/detail/von-herausforderungen-und-blutbaedern/
Gutes Interview. Leider hat Metzenbauer die Herausforderung der AUA durch die Neueinsteiger im Lowcostsegment nur kurz angesprochen. Gerade dort liegt aber der Has' im Pfeffer. Das überlegene AUA-Produkt in allen Ehren, entscheidend ist aber bei wem der Kunde sein Ticket kauft.

Hab selber vor kurzem AUA-Chef von Hoensbroech um eine Stellungnahme gebeten, er meinte aber für einen Kommentar sei es noch zu früh. Unternehmenssprecher Peter Thier hingegen kalmierte: Die aktuelle Kapazität von Lauda, Level und Wizz am VIE läge ja noch deutlich unter der ehemaligen Niki. Wirklich zur Sache geht's aber erst zum WFP, wenn Lauda/Ryanair mit europaweiten Cityshuttles an den Start geht. Dass die Lowcoster ihr Angebot auch absetzen können, zeigen die Augustzahlen von Ryanair. Demnach erreichte Lauda schon im dritten Monat (August) mit einer halben Million Passagieren eine Auslastung von über 90 Prozent, allerdings zu defizitären Tarifen.

Dieser Beitrag wurde am 07.09.2018 22:30 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 05.09.2018 - 14:01 Uhr
Danke für die Quelle. Wobei Monatsvergleiche immer etwas hinken, je nach Ferienlage oder singulärer Ereignisse, siehe Preisindex Jan/Feb wg AB.
Aber widerspricht das nicht Ihrer These. Die LCCs gibt es ja schon eine Weile und LH schafft es ihr Produkt dennoch gewinnbringend abzusetzen. Daran hat sich ja nichts geändert. Gerade der Umgang mit Ryan in FRA, Ryan kommt da nicht richtig auf die Beine, zeigt mir, wenn man will kann man den Markt schützen. Oder CGN-BER. Daher bin ich über VIE ja so verwundert. Oder man sitzt es einfach aus und wartet bis jemand die Segel streicht. So wie es sich andeutet wird es nicht lange gutgehen mit dem Volumen in VIE.
AB hat als Platzhalter und Slotblockierer fungiert. Damit wurden die Preise ziemlich stabil gehalten, die waren ja auch kein LCC. Wir werden die Situation sehen, dass das Wachstum der LCC schwächer wird, aber der Wettbewerb durch nachkommende LCC nicht kleiner. Sehe ich alles auch in meiner Branche (Baunebenbereich). Zusätzlich macht die Technik mehr möglich. Primera grüßt gerade aus FRA. Man muss mit denen nicht fliegen, eine preissenkende Wirkung ist sicher.
In meiner Branche strebt die alteingesessene Klientel immer mehr in Rente, die Spitze wird in ca. 10 Jahren erreicht sein. Die demografische Entwicklung kann die LH vielleicht sogar mit in Rente schicken.

Dieser Beitrag wurde am 05.09.2018 14:06 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 05.09.2018 - 13:01 Uhr
- zu LH/FR: Lufthansa hat eine alteingesessene Klientel, vor allem bei Geschäftsreisenden, das musste in den 70ern schon die erste Germanwings (Burda) erfahren, trotz Spitzenprodukt. Ryanair muss sich da einen eigenen Markt aufbauen (Selbstzahler, VFR, Freiberufler, Touristen) und das braucht seine Zeit.
Das erscheint mir aber sehr weit hergeholt. Kann man die Reiselandschaft aus den 70er mit heute vergleichen? Das der Kunde ein Opportunist ist sieht man gerade an FR und U2 sowie den ME3. Die haben ja nicht alles alleine generiet sondern auch reichlich vom Establishment abgezogen. Der Erfolg der FR in D ist überwiegend auf Strecken oder Märkten die nicht im direkten Wettbewerb mit der LH Group waren. Aber dort wo sie waren wurde durchaus gekontert.
- zu WIEN: Wie Lauda schon sagte, da herrscht Verdrängung pur, nicht nur unter den LCCs, auch gegenüber der Lufthansa-Gruppe. Die angekündigten 60 Flieger sind m.E. zunächst aber nicht viel mehr als eine rhetorische Kampfansage. Alle Player wissen, dass Wien bis 2023 keine zusätzlichen 18 Millionen Sitze verkraften kann. Rechnet man einen Spitzenwert von jährlich 5 Prozent, macht das in fünf Jahren rund 6 Millionen Passagiere. Und selbst das ist schon optimistisch. Allerdings haben Lauda, Level und Wizz das schon für nächstes Jahr geplant. Gegenüber 2018 entspräche dies einem Zuwachs von netto 15 Prozent ! Auch das erscheint mir schon utopisch. Der AUA auch. Deren Devise: Erstmal abwarten.
Stimme ich zu, aber unwohl ist mir bei diesem Zock dennoch.

Nachtrag: Hier noch ein paar Hintergrundinfos. Da scheint doch eine gewisse Zuversicht zu sein. Sehr schön!
 http://www.austrianaviation.net/detail/von-herausforderungen-und-blutbaedern/

Dieser Beitrag wurde am 05.09.2018 13:18 Uhr bearbeitet.


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