Fliegendes V
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Sieht so das Passagierflugzeug der Zukunft aus?

DELFT - Die TU Delft tüftelt mit Hilfe von KLM an einem neuen Nurflügler-Konzept: Das "fliegende V" soll sparsamer und effizienter sein als herkömmliche Passagierjets und damit den Luftverkehr nachhaltiger machen. Erfunden wurde das Design in Deutschland – von einem Studenten der TU Berlin.

Als er 2014 ein Praktikum bei Airbus in Hamburg absolvierte, hatte Justus Benad, Student der Luft- und Raumnfahrttechnik an der TU Berlin, eine "verrückte Idee": das "Flying V" – ein futuristisch anmutendes Flugzeug in V-Form mit der Kapazität eines Airbus A350, bei dem die Passagiere direkt in den Flügeln sitzen.

Fliegendes V
Fliegendes V, © KLM/Uni Delft


Energiesparend sollte es sein, und damit der kommerziellen Luftfahrt die Tür zu einer nachhaltigeren Zukunft öffnen. Ein hehrer Gedanke, der auch damals schon perfekt in die Zeit passte.

Deshalb beließ es Justus Benad auch nicht beim Träumen, sondern machte direkt Nägel mit Köpfen: Er baute ein flugfähiges Modell, zunächst als Segler, später mit Motoren, und schrieb 2015 auch seine Abschlussarbeit über sein "V-Flugzeug".

Bei Airbus traf er damit ganz offenbar einen Nerv: Der Konzern war von der Design-Idee seines Praktikanten derart begeistert, dass er sie direkt patentieren ließ – mit Justus Benad als Erfinder. Am 4. Februar 2015 präsentierte Benad sein Konzept im Seminar für Mechanik der TU Berlin erstmals öffentlich.

Uni forscht – Airline zahlt

Mehr als vier Jahre später soll das fliegende V nun tatsächlich gebaut werden – allerdings nicht in Deutschland, sondern in den Niederlanden. Dort wird das Konzept seit geraumer Zeit von der TU Delft wissenschaftlich weiterverfolgt – in enger Kooperation mit Justus Benad und der TU Berlin.

Projektleiter in Delft ist Dr. Roelof Vos – und der konnte jüngst mit einer kleinen Sensationsnachricht auftrumpfen: Denn die niederländische Fluggesellschaft KLM hat angekündigt, den Bau eines kleinen, fliegenden Prototypen finanziell zu unterstützen.

Fliegendes V, © Uni Delft/KLM


Dreimal drei Meter soll der Versuchsträger messen. Der Erstflug ist für Oktober 2019 geplant, wenn KLM, die älteste Fluggesellschaft der Welt, ihren 100. Geburtstag feiert. Zu diesem Anlass will KLM eigenen Angaben zufolge auch gleich ein Mockup der Flying V-Passagierkabine zeigen.

315 Passagiere im V-Flügel

Das Grund-Design des Flying V ist seit den ersten Gedankenspielen von Justus Benad immer dasselbe geblieben: ein V-förmiger Nurflügler mit zwei "Schenkeln", in denen jeweils die Passagiere untergebracht sind.

Die Triebwerke des Flugzeugs sitzen oben am Heck, große Winglets an den Flügelenden sollen den eigenwilligen Entwurf stabilisieren. Frachträume und Tanks sind ebenfalls in den Flügeln integriert.

Auf dem Papier bietet der angedachte V-Flieger Platz für 315 Passagiere und ein Frachtvolumen von 160 Kubikmetern. Die Spannweite soll 65 einmal Meter betragen, die Länge gibt die TU Delft mit 55 Metern an.

Damit würde sich das Flugzeug in die Liga der modernen Großraum-Zweistrahler à la Boeing 787 und Airbus A350 einreihen – wäre laut bisherigen Berechnungen aber deutlich sparsamer.

Der Hauptgrund dafür ist die geringere Oberfläche, die für weniger Windwiderstand sorgt und damit im Vergleich rund 20 Prozent Treibstoff sparen soll.

Durch die Abschirmung der Triebwerke vom Boden – im Konzept übrigens klassische, kerosinbetriebene Turbofans und nicht etwa E-Motoren – soll auch die Lärmentwicklung noch einmal deutlich greinger sein als bei konventionellen Designs.

Spannende Forschung - weit weg von der Serie

Der Einstieg von KLM in das Projekt eröffnet für das "Flying V" vor allem finanziell und auch PR-technisch neue Dimensionen. Auch Hollands Flag-Carrier scheint von dem Konzept offenbar angetan zu sein. Dass das futuristische V-Design bis zu einer möglichen Serienreife noch einen weiten Weg vor sich hat, darüber sind sich allerdings auch seine Entwickler und Ideengeber im Klaren.

"Mit dieser neuen Konfiguration sind einige Herausforderungen in Bezug auf Aerodynamik, strukturelle Integration und Innenraumgestaltung verbunden", verdeutlicht Dr. Roelof Vos.

Die Rahmenbedingungen für die Luftfahrt seien künftig jedoch klar gesteckt: Die Branche wachse stetig weiter und trage bereits heute mit etwa 2,5 Prozent zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Die Entwicklung nachhaltigerer Flugzeuge sei deshalb das Gebot der Stunde. Und, so Dr. Vos weiter: "Aus Sicht der Forschung ist es fantastisch, daran zu arbeiten."
© FLUG REVUE - PZ | Abb.: KLM | 16.06.2019 08:50

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Beitrag vom 17.06.2019 - 19:11 Uhr
Der Skandal ist ja das es hier nicht um Drittmittel geht sondern um ganz normale Steuergelder.
Die Politiker sind so hohl geworden das man sie mit solcher fancy Werbung bearbeiten muss wie den letzten "Risikoinvenstor"/ Zocker, wer da seriös auftritt verliert.
Beitrag vom 17.06.2019 - 08:51 Uhr
Ich hätte Stirnfläche schreiben sollen hatte aber mit projizierte Fläche nicht die Tragfläche gemeint, sondern die Projizierte Stirnfläche. Wie sage ich es meinem Kinde 😻 Bei einer 3 Seitenansicht scheint mir dieses Konzept aber unterlegen. Das Loch, dass in die Luft gebohrt wird ist ungleich grösser.
Beitrag vom 17.06.2019 - 00:15 Uhr
Nahezu alle heute neu zugelassenen Verkehrsflugzeuge sind reine FBW-Flieger, von Derivaten a la 737MAX mal abgesehen:
B777, B787, A220, A350, C919, usw. Es besteht die Forderung nach statischer Stabilität, auch ohne Computer. Das wird sicher auch mit so einem Design machbar sein. Durch die V-Form bekommt man die Triebwerke weiter nach vorne in die Nähe des Schwerpunkts - ein Schwachpunkt bei BWBs.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Modell schon mal im Detail gerechnet wurde und dass eine CFD-Simulation drübergelaufen ist, bevor eine Airline Geld investiert, daher seh ich das nicht so pessimistisch. Man wird sehen, was bei Scale-Versuchen rauskommt.Der Widerstandsbeiwert bezieht sich übrigens auf die Flügelfläche, also die Fläche in Strömungsrichtung. ;-)


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