Weniger Flugreisen
Älter als 7 Tage

SAS spürt den Greta-Effekt

STOCKHOLM - Die Schülerproteste um die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg zeigen erste Auswirkungen in der schwedischen Luftfahrt: Airlines und Flughafenbetreiber bemühen sich intensiver denn je um mehr Nachhaltigkeit - und Schweden steigen vermehrt in den Zug. Manch einen plagt "Flugscham".

Der schwedische Flughafenbetreiber Swedavia AB verzeichnet seit sieben Monaten in Folge einen Rückgang der Passagierzahlen gegenüber dem Vorjahr. Im vergangenen Jahr verbuchte Schweden das schwächste Passagierwachstum seit über einem Jahrzehnt.

Die schwedische Bahngesellschaft SJ freut sich über mehr Passagiere, SAS bemüht sich um Nachhaltigkeit
Die schwedische Bahngesellschaft SJ freut sich über mehr Passagiere, SAS bemüht sich um Nachhaltigkeit, © SJ, SAS, aero.de (Montage)

Dagegen stiegen die Passagierzahlen der staatlichen Bahngesellschaft SJ im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 32 Millionen. SJ begründet diesen Anstieg mit einem großen Interesse der Menschen an "klimafreundlichem Reisen".

Schwedische Urlauber, bis vor kurzem Vielflieger, stellen sich die Greta-Frage - und setzen Airlines und Flughafenbetreiber unter Druck, ihre Klimabilanz schleunigst auf Vordermann zu bringen.

Die schwedisch-dänische SAS bemüht sich derzeit verstärkt darum - sie verjüngt ihre Flotte und versucht, öfter Bio-Treibstoff zu tanken. Zudem stattet die Airline ihre Kabinen mit leichteren Sitzen aus, damit die Flugzeuge wegen der Gewichtseinsparung auch weniger Kerosin verbrauchen.

Ihre Passagiere hält sie an, Bordmahlzeiten im Voraus zu bestellen. Zusätzlich versucht sie, die Emissionen aus Flügen ihrer Eurobonus Clubmitglieder durch Investitionen in Energieprojekte auszugleichen, die eine Kompensation in Höhe der CO2 Emissionsmenge generieren.

Im vergangenen Jahrzehnt hat SAS eine der ineffizientesten Flotten Europas überholt. Die Airline hat ihre kerosinschluckenden McDonnell Douglas MD-80 und A340 ausgeflottet und sparsame A320neo und A350-900 bestellt. Die ersten neuen Langstreckenmaschinen sollen in diesem Jahr zur Flotte stoßen.

Für SAS-Chef Rickard Gustafson eine existenzielle Angelegenheit. "Wenn die Gesellschaft - und Airlines - dem Klimawandel nicht die Stirn bieten, wird es die Welt, wie wir sie kennen, nicht mehr geben", sagte der Manager.

Dennoch sieht er Airlines als unabdingbaren Bestandteil einer globalisierten Welt - einfach nicht mehr zu fliegen ist seiner Ansicht nach keine Lösung.

"Airlines werden wie andere Infrastruktur gebraucht, damit wir die Gesellschaften haben können, die wir wollen, mit Wachstum, Transparenz, Offenheit, Klarheit und Toleranz", sagte der Manager. "Es ist wichtig, dass Menschen sich weiterhin begegnen können und dass die Welt weiterhin reisen kann. Aber wir können nicht einfach weiter reisen, ohne die das Ganze nachhaltig zu gestalten."

Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt Airlines zunehmend - denn ihre potenziellen Kunden denken verstärkt über Klimaschutz nach. Besonders in Schweden.

Die Scham, zu Fliegen

Flugscham - "Flygskam": ein neues Wort und ein neues Gefühl, das sich derzeit in Schweden verbreitet. Laut einer Umfrage der Umweltorgansiation WWF vom März 2019 haben 23 Prozent der Schweden im vergangenen Jahr auf eine Flugreise verzichtet, um das Klima zu schonen - sechs Prozent mehr als im Jahr davor. Rund 18 Prozent sind lieber mit dem Zug gefahren als zu fliegen.

Eine davon unabhängige Umfrage des Radiosenders Swedish Radio zeigte, dass Klima das wichtigste politische Thema für schwedische Jugendliche ist. Diese Entwicklung fällt mit der Bewegung "Fridays for Future" um die Schülerin Greta Thunberg zusammen, in deren Rahmen Schüler rund um den Globus freitags für Maßnahmen gegen den Klimawandel auf die Straße gehen.

Selbst der Flughafenbetreiber Swedavia scheint den Druck zu spüren und seine Bemühungen um Nachhaltigkeit zu intensivieren. So berichtet er in den vergangenen beiden Monatsgeschäftsberichten von der Absicht, mehr Bio-Treibstoff zu verwenden und ab 2020 all seine Flughäfen CO2-neutral zu betreiben.

Greta Thunberg: 4,5 Prozent weniger Flugreisende im ersten Quartal 2019 in Schweden, © @GretaThunberg

Laut Swedavia ist die öffentliche Diskussion um den Klimawandel nur einer der Gründe für die sinkenden Passagierzahlen - als weitere Gründe macht er geopolitische Unsicherheiten, Sorgen um den schwedischen Aktienmarkt und eine schwache Währung aus.

Für SAS liegt ein Schlüssel zur Lösung in der vermehrten Verwendung von Bio-Treibstoff, der als CO2-neutral angesehen wird. Das Problem: Es gibt noch nicht genug davon.

Möglicherweise übt das gestiegene Klimabewusstsein der Passagiere soviel Druck aus, dass Airlines gar nicht umhin kommen, neue Quellen für mehr Nachhaltigkeit aufzutun. Möglicherweise wird das sogar zum Wettbewerbsvorteil.

"Die Reise hin zu einem Fußabdruck ohne fossile Brennstoffe wird lang sein, aber ich bin ein Technik-Optimist", sagte SAS-Chef Gustafson. "Eines Tages wird ein Wissenschaftler herausfinden, wie wir die aktuellen Triebwerke ersetzen können und ich denke, dass neue Flugzeuge für uns alle in zwanzig Jahren greifbar sein werden."
© Bloomberg, aero.de | Abb.: SAS, SJ, aero.de (Montage) | 19.04.2019 09:02

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Beitrag vom 27.04.2019 - 08:48 Uhr

Der ressourcenintensive Lebensstil der heutigen westlichen Gesellschaft ist global nicht tragfähig.

Die Auswirkungen der Menschheit auf die Natur werden sich auch grundsätzlich nicht stoppen oder gar rückgängig machen lassen.

Jeep!

Davon träumt auch niemand mehr, die aktuelle Zielrichtung ist, den Treibhauseffekt auf global +2°C zu bregrenzen um die übelsten Katatstrophenszenarien zu vermeiden.


Das würde nur gelingen wenn bis 2050 die CO2 Emission gegen Null gefahren wird - weltweit.

Die fossilen CO2 Emissionen.

CO2 ist ein sehr langlebiges Gas, wenn mann z.B. bei 25% des heutigen Niveaus stehen bliebe, würde bis 2100 soviel in die Atmosphäre gelangen wie bei heutigen Bedingungen von heute bis 2032.

Richtig, es gibt aber einige natürliche Mechanismen, die tatsächlich CO2 abbauen, zB Verwitterungsprozesse gewisser Gesteine und verstärktes Phytoplankton Wachstum.

Das ist die krux die nur wenige Poliker sagen. Es gibt auch Wissenschaftler - gut nicht so viele - die sagen wir müssen uns mehr um die Folgenabschätzung und Vorsorge kümmern denn auf viel mehr als 50% wird die Reduktion bis 2100 nicht gelingen. Und dann haben wir das Problem. Nein, nicht wir, die Enkel.

Ich bin grundsätzlich eigentlich sehr technikgläubig :)
Wenn ich mir anschaue was das Apollo Programm in 8 Jahren auf die Beine gestellt hat, die deutschen Ingenieursleistung im 2. Weltkrieg oder die Halbleiterentwicklung 1965-80.
Da wurden völlig neue Techolgiefelder in wenigen Jahren zur Serieneife entwickelt und gebaut.
Von daher halte ich wenig von linearen Technologie-Folgeabschätzungen über 80 Jahre ...
Und wie will man sich auf einen 3 Meter höheren Meeresspiegel sinnvoll vorbereiten?
Rechtzeitige Evakuierung der weltweiten Küstengebiete in denen heute ca 40% der Menschheit lebt?
Wohin?
Gerade wenn man bedenkt dass von den aktuell 6 Mrd Menschen knapp 5 Mrd noch in Armut leben.

Wir liegen bereits bei 7,7 Mrd, im Jahre 2021/22 werden die 8 Mrd. überschritten. 2050 die 10 Mrd. Die wollen alle leben konsumieren und werden auch jedweden Abfall hinterlassen. Das wird noch richtig tragisch.

Danke für die Korrektur.
Stimme zu.


Optimisten sagen immer, die Menschheit hat immer und wird auch jetzt wieder bahnbrechende Erfindungen hervorbringen um das Überleben zu sichern. Ich sage dann immer, fang Du doch schon mal mit den neuen Erfindungen an.

s.o.
Wir müssten dafür denke ich Mechanismen schaffen, die entsprechende Entwicklungen auch fördern.
Verglichen mit dem Geld, das wir heute in Flugzeugentwicklung und Autoentwicklung und die Entwicklung von Daten sammelnden Apps und Websites stecken, ist die Entwicklung neuer Energie-Sammel und Speicherkonzepte eine unterfinanzierte Nische...


Es gibt richtungsweisende zukunftsfähige Techniken, aber zu Preisen die die gleichen für utopisch weil zu hoch halten. Wir sind in D fast schon im Alarm Zustand weil das BIP auf plus 0,5% herabgestuft wurde. Bei kompletter Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen werden am Ende MINUS 30% stehen. Zu Pessimistisch? Wir werden sehen.

BIP minus X% in existierenden Branchen wird wohl stimmen.
Die Frage ist wieviel plus wir im Bereich neuer Technologie machen können und ob das für einen Ausgleich reicht.

Dieser Beitrag wurde am 27.04.2019 09:53 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 24.04.2019 - 18:35 Uhr

Der ressourcenintensive Lebensstil der heutigen westlichen Gesellschaft ist global nicht tragfähig.

Die Auswirkungen der Menschheit auf die Natur werden sich auch grundsätzlich nicht stoppen oder gar rückgängig machen lassen.

Jeep!

Davon träumt auch niemand mehr, die aktuelle Zielrichtung ist, den Treibhauseffekt auf global +2°C zu bregrenzen um die übelsten Katatstrophenszenarien zu vermeiden.


Das würde nur gelingen wenn bis 2050 die CO2 Emission gegen Null gefahren wird - weltweit. CO2 ist ein sehr langlebiges Gas, wenn mann z.B. bei 25% des heutigen Niveaus stehen bliebe, würde bis 2100 soviel in die Atmosphäre gelangen wie bei heutigen Bedingungen von heute bis 2032.
Das ist die krux die nur wenige Poliker sagen. Es gibt auch Wissenschaftler - gut nicht so viele - die sagen wir müssen uns mehr um die Folgenabschätzung und Vorsorge kümmern denn auf viel mehr als 50% wird die Reduktion bis 2100 nicht gelingen. Und dann haben wir das Problem. Nein, nicht wir, die Enkel.

Gerade wenn man bedenkt dass von den aktuell 6 Mrd Menschen knapp 5 Mrd noch in Armut leben.

Wir liegen bereits bei 7,7 Mrd, im Jahre 2021/22 werden die 8 Mrd. überschritten. 2050 die 10 Mrd. Die wollen alle leben konsumieren und werden auch jedweden Abfall hinterlassen. Das wird noch richtig tragisch.

Optimisten sagen immer, die Menschheit hat immer und wird auch jetzt wieder bahnbrechende Erfindungen hervorbringen um das Überleben zu sichern. Ich sage dann immer, fang Du doch schon mal mit den neuen Erfindungen an.

Es gibt richtungsweisende zukunftsfähige Techniken, aber zu Preisen die die gleichen für utopisch weil zu hoch halten. Wir sind in D fast schon im Alarm Zustand weil das BIP auf plus 0,5% herabgestuft wurde. Bei kompletter Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen werden am Ende MINUS 30% stehen. Zu Pessimistisch? Wir werden sehen.

Beitrag vom 24.04.2019 - 09:29 Uhr
Sehr geistreiche Kommentare hier, habt ihr die Verzicht predigt und noch nie verzichten musstet (typisch realitätsferne westliche Linke)

Was sind denn Ihre realitätsnahen(?), östlichen(?), rechten(?) Alternativkonzepte für die zukünftige Entwicklung?
Augen zu und durch?
Mit lautem Hurra! in den globalen Krieg um die letzten Ressourcen wie trockenes Land, sauberes Trinkwasser und Nahrung?
Kümmert mich nicht, bin in 10 Jahren eh tot?

schon mal bedacht das es n Mrd. Chinesen geben wird bzw. gibt die schon Bock auf ein besseres Leben haben?

Sicher, gerade darum (wenn auch nicht NUR um Chinesen) gehts ja.
Wie kann man einem größeren/großen Anteil der Welbevölkerung ein besseres Leben ermöglichen, ohne dass uns die Biosphäre dabei zusammenklappt.
Der ressourcenintensive Lebensstil der heutigen westlichen Gesellschaft ist global nicht tragfähig.

Die Auswirkungen der Menschheit auf die Natur werden sich auch grundsätzlich nicht stoppen oder gar rückgängig machen lassen.

Davon träumt auch niemand mehr, die aktuelle Zielrichtung ist, den Treibhauseffekt auf global +2°C zu bregrenzen um die übelsten Katatstrophenszenarien zu vermeiden.

Niemand sagt etwas gegen eine lebenswerte Umwelt also Rußpartikelfilter, Kats, Nationalparks, Asbestsanierung etc. aber das Klima wie wir es hatten und haben wird niemand mehr retten können.

Das ist sogar realitätsfernen westlichen Linken wie mir klar (s.o.)

Da muss man sich halt die Begrenztheit unserer Existenz und Mittel eingestehen

eben, eben ...

und nicht wie der letzte Depp für ewiges Leben oder sonstie heile Welt Ideen sich irgendwelchen Quacksalbern und/ oder Radikalen anschließen.

Diese argumentative Abzweigung müssen Sie jetzt aber mal erklären.
Nur wenn man eben die Begrenztheit der eigenen Mittel und der verfügbaren Ressourcen einsieht, ist eine Motivation zur Findung alternativer Konzepte und Wirtschaftsmodelle doch überhaupt erst vorhanden.
Gerade wenn man bedenkt dass von den aktuell 6 Mrd Menschen knapp 5 Mrd noch in Armut leben.
D.h. aus meiner Sicht sind gerade diejenigen, die den Wandel verleugnen und Maßnahmen dagegen ablehnen, diejenigen, die einen radikalen Standpunkt vertreten oder Quacksalbern folgen, da sie keine Lösungen für die Probleme haben, die Probleme selbst schlicht verleugnen und damit, wenn vielleicht auch unabsichtlich, auf globale gewalttätige Konflikte hinsteuern.

Nur noch ein Wort zu regional erzeugten Körben/ Staubsaugern/ Tomaten etc. aus dem Gewächshaus: der Fachkräftemangel ist keine Lüge, wer meint er muss unbedingt Klamotten made in Germany kaufen untergräbt die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Wenn Firmen wie Bremsen Knorr keine Azubis mehr bekommen weil denen gesagt wird sie sollten lieber Korbflechter werden wg. regional erzeugte Romanze und so dann gute Nacht.

Die "globale Wettbewerbsfähigkeit" ist nur in einer Welt wie der aktuellen wichtig, in der Logistik fast nichts kostet. Ich denke diese Phase wird in den nächsten 10 Jahren enden, wenn klar wird, was zB Biosprit und andere alternative Mobilitätskonzepte wirklich kosten und leisten.
Logistik/Mobilität werden teurer werden.
Das wird automatisch zu einer De-Zentralisierung der Produktion führen, bei denen Zulieferer nicht mehr einen Riesen-Standort, sondern mehrere kleine unterhalten müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Das wird dann auch das Azubi-Problem etwas entspannen.

Dieser Beitrag wurde am 24.04.2019 12:17 Uhr bearbeitet.


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