"Wir wollen im kommenden Sommerflugplan mehr als die vier bisherigen Frequenzen pro Woche anbieten", sagte Scoot-CEO Lee Lik Hsin in einem Exlusivinterview mit aero.de in Singapur. "Die Berlin-Route ist im Sommer so gut wie erwartet gelaufen, wir hoffen das auch im Winter aufrecht erhalten zu können."
Während die einzige weitere Scoot-Europaroute nach Athen im Winter von vier auf zwei Flüge pro Woche halbiert wird soll Tegel weiter viermal wöchentlich angeflogen werden. Die mit der Boeing 787-8 (329 bzw. 335 Plätze bei Scoot) operierte Verbindung ist derzeit die einzige echte Billigflug-Langstrecke eines südostasiatischen Anbieters von und nach Deutschland.
"Es bedarf großer Anstrengungen Athen und Berlin zum Erfolg zu führen", so der Scoot-Chef, da die Langstrecken im auf regionale Routen fokussierten Scoot-Streckennetz nur eine Nische darstellen. "Langstrecken sind wir für uns noch eine Art Experiment", sagt Lee.
Neben den beiden Europa-Strecken und Australien wird derzeit noch Honolulu angeflogen, allerdings via Kansai in Japan. "Aber allein mit dem Passagier-Aufkommen an beiden Enden der Langstrecken könnten wir nicht überleben", so der CEO.
Für die Tegel-Route hat sich dabei eine ganz eigene Dynamik entwickelt, typisch für Billigflieger, bei denen günstige Preise eine Anziehungskraft weit über das regionale Einzugsgebiet hinaus entfalten. Zumal Scoot zur Einführung der Berlin-Strecke mit extrem billigen Angeboten geworben hatte – kurzzeitig gab es Hin- und Rückflug von Berlin nach Singapur ab 316 Euro, auch derzeit beginnen Vorausbuchungstarife schon ab 405 Euro.
Passagiere organisieren Transit selbst
"20 bis 30 Prozent unserer Kunden auf der Berlin-Route stammen aus Europa. Wir sehen vor allem viele Engländer, die auf eigene Initiative hin vor allem mit easyJet nach Berlin kommen und dann auf Scoot umsteigen", erklärt Jacqueline Loh, Scoots Marketingchefin, gegenüber aero.de. "30 bis 40 Prozent des Passagieraufkommens von und nach Berlin entfällt auf Australier", so Loh.
Zum fünften Kontinent bietet Scoot selbst, anders als andere Billigflieger, ein aufeinander abgestimmtes Umsteigeprodukt innerhalb ihres eigenen Streckennetzes. Vier Destinationen in Australien stehen im Scoot-Flugplan, von allen lassen sich Durchgangstarife nach Berlin buchen, aufgegebenes Gepäck wird umgeladen.
Auch mit der Mutter Singapore Airlines gibt es Codesharing-Abkommen zu 30 Zielen, die innerhalb der Gruppe nur von Scoot bedient werden. "Die Berlin-Strecke ist unsere längste Route mit einer Blockzeit von 13 Stunden und zehn Minuten ab Singapur", sagt der CEO, "aber leider bietet der Flughafen Tegel nicht die Kundenerfahrung die wir uns wünschen."
Typ | Linienfluggesellschaft |
---|---|
Basis | Singapur Changi |
Maschinen | 46 |
Destinationen | 67 |
Routen | 74 |
Generell wählt Scoot, die seit 2015 anhaltend profitabel ist, eine eher vorsichtige Wachstumsstrategie. Das gilt gerade für Langstrecken. "Wir könnten insgesamt vier oder fünf Langstreckenziele schaffen", so Lee. Ein möglicher weiterer europäischer Zielort ist Wien, wo bereits Verhandlungen liefen.
Anfangs versuchte man bei Scoot generell, der Mutter SIA aus dem Weg zu gehen, auch um die Märkte nicht zu verwässern und klar zu trennen zwischen dem von SIA bedienten Premiumsegment und dem preissensiblen Billigmarkt bei Scoot.
"Heute haben wir etwa bei der Hälfte unserer 66 angeflogenen Ziele direkte Konkurrenz durch SIA und wir haben damit kein Problem. Der Markt auf diesen Routen ist groß und segmentiert genug, so fliegen beide Gesellschaften siebenmal täglich zwischen Singapur und Bangkok", so Lee.
Das Billigsegment wachse erheblich stärker, Scoot verzeichnete in den letzten drei Jahren Kapazitätszuwächse von 15 bis 20% im Jahr, SIA kam gerade auf 3-4%.
Im Juni 2017 wurde die Fusion mit Tigerair Singapore abgeschlossen, deren frühere A320-Flotte aus 25 Flugzeugen fliegt jetzt in den gelben Scoot-Farben. Der Billigflieger selbst hat 39 A320neo bestellt, von denen die erste bereits ausgeliefert wurde und ab dem Winterflugplan auf der Bangkok-Route fliegt.
"Vor Beginn der Fusion mit Tiger 2016 hatten wir 35 Flugzeuge, heute sind es 45, schon im nächsten Jahr werden es 50-60 sein und bis 2021/22 werden wir die ursprüngliche Flotte auf 70 Flugzeuge verdoppelt haben", erklärt der CEO. Eine wichtige Rolle spielt dabei Silk Air, die regionale Tochter von SIA, die ab 2020 als eigene Marke verschwinden und in der Mutter SIA aufgehen wird.
Das hat auch Auswirkungen auf Scoot: "Einen Teil der Boeing 737-MAX-8-Flotte von Silk Air, die fünf davon bereits fliegt und 32 weitere bestellt hat, wird künftig unter der Marke von SIA fliegen, aber auch Scoot wird bis spätestens 2022 mindestens zehn davon übernehmen", verrät Lee Lik Hsin.
Er räumt ein, dass das Flottenmix dadurch komplexer werde, aber durch die einheitliche Bestuhlung der A320neo- und 737-MAX-8-Flotte mit jeweils 186 Sitzen trotzdem große Flexibilität herrsche.
Während das Flottenwachstum also geregelt ist fällt es Scoot schwerer, ausreichend Kabinenpersonal zu finden. "Wir haben etwa 1.300 Flugbegleiter derzeit, brauchen bis 2020 aber noch 2.000 weitere", weiß Jacqueline Loh. Vor allem chinesische Airlines seien in der Region recht aggressiv dabei, Arbeitskräfte an- und sogar abzuwerben.
Flugbegleiter-Casting auf Spreebooten
Da Scoot sich als moderne Millennial-Airline versteht, greift sie auch zu ungewöhnlichen Methoden bei der Rekrutierung. Dazu gehört eine vor allem auf sozialen Medien gespielte Kampagne unter dem Titel "The Epic Interview". Interessierte Bewerber konnten sich für eine Reise nach Griechenland oder Berlin qualifizieren, um dort vor laufenden Videokameras mehrere Tage lang Herausforderungen zu bestehen und um einen Job zu kämpfen.
So fanden sich kürzlich an einem goldenen Oktobertag drei junge Asiatinnen, zum ersten Mal im Leben außerhalb ihrer Heimatregion, auf einem Kahn im Spreewald bei Berlin wieder.
Ziel der Übung war es, neben eindrucksvollen Videobildern auch einen Nachweis zu gewinnen, dass die Bewerberinnen auch unter Druck einen kühlen Kopf bewahren.
"Das ist ein Zeichen wie wir Aufmerksamkeit für unsere Marke kreieren und auf innovative Weise Marketing, Branding und Personalrekrutierung vermischen", sagt Lee Lik Hsin.
Die Marketingchefin, die im Spreewald dabei war, ergänzt: "Das war ein großer Erfolg, denn in Singapur die Aufmerksamkeit junger Leute zu erregen ist schwierig, niemand muss heute mehr Flugbegleiter werden um die Welt zu sehen." Woran Scoot mit ihren Billigtarifen natürlich selbst einen gehörigen Anteil hat.
© Andreas Spaeth, aero.de | Abb.: Airbus, Großbild: Günter Wicker, Berlin Airport | 27.10.2018 11:15
Kommentare (8) Zur Startseite
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Hab mal kurz geschaut was da ander ab Wien anbieten.
Austrian zum Beispiel Wien Bangkok Wien gibt's ab 470€
Warum sollte ich mir da Scoot antun wenn ich bei einer voll Service Airline Essen Drinken und Unterhaltungsprogramm habe zu einem ähnlichen Preis noch dazu wenn man das Glück hat mit einer 767 zu Fliegen mit angenehmer 7 er Reihe in der Eco.
Bei der 777 von Austrian hat man auch nicht viel mehr Platz als bei Scoot, wenn man aber clever bucht kann man eine ganze 4 er Reihe alleine oder zu zweit haben ,wenn man alleine ist einen Mittel Sitz buchen zu zweit einen in der Mitte und denn anderen mit einem freien Mittel Sitz auf der anderen Seite.meistens bekommt man da keine Sitznachbarn mehr sollte es sein wird meist der freie Gangplatz besetzt ,trotzdem hat man noch zusätzlich einen Mittelsitz so kann man sich den mit dem Partner teilen.
Nur so ein Tipp von mir klappt fast immer ausser der Flieger ist Rand voll.ist mir aber nur einmal passiert.
Als ob die Airlines keine Marktanalysen betreiben. Stattdessen soll da ein fremde Macht seine Hand drüber halten und den Langstreckenverkehr verhindern ...
Glaubt Ihr ehrlich, dass die sich gewinnbringende Möglichkeiten entgehen lassen ???