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"Den Passagieren ist beim Gedanken an die 737 MAX nicht bang, sie fürchten sich vor ihr", heißt es in der Umfrage des US-amerikanischen Beratungsunternehmens Atmosphere. In einem Zeitraum von fünf Tagen hat es 2.000 US-amerikanische Flugreisende online zur 737 MAX und zu Boeing befragt.
20 Prozent der Geschäftsreisenden und 24 Prozent der Urlaubsreisenden gaben an, das Flugzeug in den ersten sechs Monaten nach der Wiederzulassung zu meiden. Dafür würden sie sowohl höhere Preise als auch ungünsitgere Flugzeiten in Kauf nehmen.
"Würden Sie einen 737 MAX nonstop-Flug zu einer günstigeren Uhrzeit bevorzugen oder einen zeitlich ungünstigeren nonstop-Flug in einem Airbus A320?" war eines der Szenarien, welche das Unternehmen abfragte. 44 Prozent der Geschäfts- und der Urlaubsreisenden gaben an, den A320-Flug zu bevorzugen.
In einem anderen Szenario gaben jeweils knapp 50 Prozent der Geschäfts- und Urlaubsreisenden an, dass sie Mehrkosten von 80 US-Dollar in Kauf nehmen würden, um statt mit der 737 MAX mit einem anderen Flugzeug zu fliegen.
Immerhin deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Zutrauen in das Flugzeug nach einem Jahr im Liniendienst wieder wachsen kann. 34 Prozent der Geschäftsreisenden und 43 Prozent der Urlaubsreisenden würden demnach nach einem Jahr zuverlässiger Dienste wieder in das Flugzeug steigen.
"Unverantwortlich" und "arrogant"
Dennoch: die aktuelle Vertrauenskrise betrifft nicht nur die 737 MAX, sondern auch Boeing und US-amerikanische Zertifizierungsmechanismen. "Unverantwortlich", "arrogant" und "unsicher" waren die drei meistgewählten von insgesamt 22 Attributen, welche die Befragten zur Auswahl hatten, um ihren Eindruck von Boeing nach den beiden 737 MAX-Abstürzen zu beschreiben.
Vor den Abstürzen hatten die Befragten laut Umfrage ein beinahe entgegengesetztes Bild des US-Flugzeugbauers: "Zuverlässig", "professionell" und "verlässlich".
62 Prozent der Urlaubsreisenden und 59 Prozent der Geschäftsreisenden geben Boeing die Schuld an den 737 MAX-Problemen, jeweils um die 20 Prozent sehen die Schuld bei der US-amerikanischen Flugsicherheitsbehörde FAA.
56 Prozent der Geschäftsreisenden und 44 Prozent der Urlaubsreisenden sind der Ansicht, dass die Beziehung zwischen Boeing und der FAA zu intim ist.
Das Beratungsunternehmen diagnostiziert Boeing einen herben Vertrauensverlust und einen massiven Imageschaden bei den Endkunden. Um diese zu überwinden sollte sich der US-Flugzeugbauer von seinem CEO Dennis Muilenburg verabschieden, rät der Autor der Umfrage und Chef von Atmosphere, Henry Harteveldt.
Gnadenlose Transparenz
Boeing sollte sich zudem auf die Entwicklung neuer Flugzeuge fokussieren, statt wie in den vergangenen Jahren (bis auf den Dreamliner) alte Erfolgsmodelle neu aufzulegen.
Schließlich sollten die Zertifizierungsbehörden und Boeing ein unabhängiges Gremium aus 737 MAX-Piloten einsetzen, dass die technischen Nachbesserungen an der Maschine und den Wiederzulassungsprozess auf unabhängige Weise überwacht. Um die 737 MAX bei den Passagieren wieder Salonfähig zu machen rät Harteveldt Boeing vor allem eines: gnadenlose Transparenz.
© aero.de | Abb.: Boeing | 07.06.2019 08:11
Kommentare (49) Zur Startseite
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Danke für den Link!
Liest sich wie eine saubere Recherche und ist wohl inhaltlich richtig. Und wenn das so ist, ist das Erschrecken umso größer. Tarnen, Täuschen, Unterschlagen, Desinformation, Erpressung, so lässt sich die Aerodynamik nicht austricksen. Und jetzt? Weiter basteln?
https://www.seattletimes.com/seattle-news/times-watchdog/the-inside-story-of-mcas-how-boeings-737-max-system-gained-power-and-lost-safeguards/