WOW Air und Germania am Ende
Älter als 7 Tage

Wenn Airlines zu heißen Kartoffeln werden

REYKJAVIK - Islands Nordatlantikdiscounter streicht die Segel: WOW Air hat den Flugbetrieb eingestellt, nachdem sich Hoffnungen auf eine Finanzierung zerschlugen. Der Markt lässt kleineren Fluganbietern keinerlei Spielraum für Fehler - und Investorenlösungen finden sich nur im Einzelfall.

Lufthansa stellt im Sommer 37 Flugzeuge als "Wellenbrecher" ab - die fliegende Reserve wird einspringen, sobald sich Verspätungen aufbauen. "Das ist eine veritable kleine Airline", sagte Lufthansa-Vorstand Detlef Kayser. Tatsächlich hatten Konkurrenten, die in den letzten Monaten schließen mussten, teils deutlich weniger Flugzeuge zur Verfügung.

"Wenn Sie auf dem heutigen Markt mit weniger als 20 Flugzeugen ein kleinerer Player sind, ist das sehr anspruchsvoll", sagte Luftfahrtexperte Jorgen Elnaes dem norwegischen Wirtschaftsportal E24. "Es ist schwierig, Kapital in diese Airlines zu bringen, (...) insbesondere im Niedrigpreissegment."

Anleihegläubiger von WOW Air hatten Anfang der Woche einen Tausch ihrer Forderungen in Aktien geschluckt. Nur war dieses Geld bereits ausgegeben. Neue Liquidität konnte WOW Air-Gründer Skuli Mogensen in den letzten fünf Monaten weder in den USA noch in Island auftreiben - Indigo Partners und Icelandair winkten ab.

Viel Konkurrenz, kaum Marge: WOW Air gibt auf
Viel Konkurrenz, kaum Marge: WOW Air gibt auf, © Isavia

Diese Erfahrung teilt Mogensen mit Rüdiger Wienberg. "Wir haben buchstäblich den Interessenten den roten Teppich ausgerollt", berichtete der vorläufige Insolvenzverwalter von Germania der Belegschaft am Montag von ebenso zermürbenden wie erfolglosen Investorengesprächen. "Leider konnte oder wollte keiner darüber gehen."

Germania und WOW Air werden nun wohl aufgelöst. Bei Flybmi, VLM, Primera Air, Nextjet, PrivatAir und Cobalt griff zuvor ebenfalls kein Aufkäufer zu. Das Schweizer Airline-Startup "Swiss Skies" räumte im Januar ein, ein Etappenziel der ersten Finanzierungsrunde - 50 von 100 Millionen US-Dollar - verfehlt zu haben.

Die Nürnberger Airlineschmiede Intro Aviation entwickelt im Aufbruchmarkt Südkorea derzeit einen Preisbrecher mit später rund 20 Flugzeugen. "In Europa würde ich mir das nicht zutrauen", stellte Intro-Geschäftsführer Peter Oncken kürzlich im Interview mit aero.de klar.

Warum sollte auch irgendjemand Geld in risikoreiche Neugründungen pumpen, wenn selbst sanierungsfähige Airlines nicht einmal unter Buchwert einen neuen Eigner finden? Von Investoren wird inzwischen nicht viel mehr als eine halbwegs belastbare Finanzierungszusage für den Weiterbetrieb verlangt.

"Es ist das übliche Heiße-Kartoffel-Spiel", sagte eine mit dem Insolvenzfall Germania vertraute Person aero.de: "Viele Interessenten werfen einen Blick in die Bücher, aber keiner greift am Ende wirklich zu."

Die britische Regionalairline Flybe konnte ein Grounding zwar noch abwenden - trotz wertvoller Heathrow-Slots konnten Investoren um Virgin Atlantic den Aktionären das in Finanznot geratene Unternehmen aber für einen symbolischen Penny je Anteilsschein abkaufen.

Zu frühes Upgrade auf A330?

WOW Air hatte sich 2013 mit Billigtickets zwischen Europa und Nordamerika in eine Pionierrolle begeben und die Passagierzahlen im Island-Transit innerhalb von fünf Jahren von 0,4 auf zuletzt 3,5 Millionen Fluggäste gesteigert. Noch 2018 schmiedete Mogensen Börsenpläne - woran ist die Airline gescheitert?

"WOW Air war unterkapitalisiert, hatte zu hohe Betriebskosten und zu niedrige Ticketpreise", sagte Elnaes. "Das ist eine Mischung, die im Laufe der Zeit nicht funktioniert. Sie waren in den letzten Jahren auch mit mehr Wettbewerb konfrontiert, sowohl durch Icelandair als auch von europäischen und amerikanischen Airlines."

Zudem sei WOW Air zu früh von Airbus A320 und A321 auf einen teuren A330-Betrieb expandiert. "Sonst hätten sie es vielleicht noch geschafft."

Der Experte schätzt, dass WOW Air bei Flughäfen und Leasingfirmen mit 200 Millionen US-Dollar in der Kreide steht.

Es ist unklar, woran die Gespräche mit dem US-Airlineinvestor Indigo Partners letztlich scheiterten - denn eigentlich glaubt man in Phoenix an das Geschäftsmodell Billiglangstrecke. "Wir haben eine strategische Vision (für WOW air)", hatte Indigo-Partners-Chef Bill Franke noch im Dezember für die Airline geworben.

Durch die Insolvenz verlieren rund 1.000 WOW-Air-Mitarbeiter ihre Jobs. Bei Germania waren 1.700 Mitarbeiter beschäftigt.
© aero.de | Abb.: WOW Air | 29.03.2019 15:16

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Beitrag vom 30.03.2019 - 09:13 Uhr
Für Ironie haben Sie offensichtlich keine Antenne. Aber bleiben Sie entspannt, ich bin es auch.
Beitrag vom 30.03.2019 - 09:07 Uhr
Da sind wir dann schon zwei mit der gleichen Ansicht. Aber "der Markt" will das halt anders, wie immer wieder mit Vehemenz von einigen Foristen erklärt wird.

Das klingt wie mit den 'Füssen aufstampfen' wie ein kleines Kind ... ich will ich will ich will ...

Das erklären nicht einige Foristen so, sondern es ist schlicht Realität, die Sie immer wieder verleugnen wollen.
"Ich würde das so und so machen ...". Da sag ich nur bla bla bla dazu.
Glauben Sie ernsthaft ein Herr Spohr springt freiwillig und mit Freude auf den LCC Zug mit auf? Glauben Sie ernsthaft ein Herr Spohr würde nicht lieber nur im höherpreisigen Segment unterwegs sein wollen?
Es ist die Realität, die ihn dazu zwingt.

Aber wie schon @contrail55 sagt, die Diskussion ufert da nur wieder aus. Ich bin raus ...
Beitrag vom 30.03.2019 - 08:36 Uhr
Da sind wir dann schon zwei mit der gleichen Ansicht. Aber "der Markt" will das halt anders, wie immer wieder mit Vehemenz von einigen Foristen erklärt wird.


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