"Seattle Times"
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Schwerwiegende Testpanne: Riss spaltete 777-9 Rumpf

Boeing 777-9
Boeing 777-9, © Boeing 777-9

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EVERETT - Beim Bodentest mit einer Testzelle der Boeing 777-9 sind im September schwerere Schäden aufgetreten, als bisher bekannt. Die Zeitung "Seattle Times" veröffentlichte jetzt ein Foto aus der Halle. Die herausgesprengte Kabinentür war nur Folge eines Strukturversagens im Rumpfbereich.

Jetzt ist klar, warum Emirates-Chef Tim Clark in einem Interview mit aero.de den Patzer der 777-9 bei Bodentests als Fall eines "massiven Versagens" einstufte:

Bei dem im September gescheiterten Belastungstest mit der eigens dafür gebauten Testzelle sei diese testweise mit einer Überlast beaufschlagt worden, die einer starken Beschleunigung von 3,75 g im Flug entsprechen würde, meldet die "Seattle Times" am Mittwoch.

Der in einem Testhangar in Seattle befindliche Demonstrator in Originalgröße wurde mit hydraulischen Vorrichtungen am Bug und Heck nach unten gezogen, während die Flügelspitzen gewaltsam 8,53 Meter nach oben gebogen wurden. Zudem habe Boeing die Druckkabine des Rumpfes mit Überdruck beaufschlagt.

Riss im Rumpf der 777-9 Testzelle, © Seattle Times

Bei diesem letzten Test einer ganzen Serie, dem "Ultimate Load Test", bei dem die Zelle das 1,5-fache der höchsten, jemals in einem Flugzeugleben zu erwartenden strukturellen Belastung (Limit Load) ohne bleibende Schäden überstehen soll, trat bei einer Überlastung von 1,48 - und damit kurz vor der geforderten Limit Load - ein schwerer Schaden auf.

Folgeschäden

Entlang der Kiellinie des Rumpfes bildete sich eine Stauchung, die zum Verbeulen und Reißen der Rumpfwand führte.

Weil dabei die Druckkabine aufplatzte, kam es zu Folgeschäden, unter anderem zum Herausspringen einer Passagiertür aus ihrer gerissenen Halterung, berichtet die "Seattle Times" unter Bezugnahme auf Augenzeugen und veröffentlichte auf Twitter ein Foto der beschädigten Testzelle.

Der Schaden an der Tür sei jedoch ein reiner Folgeschaden, der nach der Schadensanalyse vermutlich keine eigenen Änderungen erfordere. Verstärkt werden müsse aber der untere Rumpfbereich, in dem das Problem auftrat.

Weil der Fehler erst sehr kurz vor der absoluten Höchstbelastung aufgetreten sei, dürfte die FAA sogar auf eine Wiederholung des Tests verzichten, so die Zeitung.
© FLUG REVUE - SST, aero.de | Abb.: Boeing | 27.11.2019 16:51

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Beitrag vom 02.12.2019 - 12:55 Uhr
Was mir erheblich bedenklich vorkommt, ist dass der Rumpf laut AV-Herald erheblich über Standartbelastung aufgeblasen war (Metallplatten vertragen deutlich mehr Zug als Druck). Die hatten schon beim Einleiten des Versuches gewußt, dass es eng werden kann und Gegenmaßnahmen ergriffen. Und dann ist kurz vor Ultamate-Load trotzdem ein komplettes Strukturversagen aufgetreten??? OH! OH! OH!
150% werden in normalen Flugbetrieb wahrscheinlich nie eintreten, aber bei diesem Test ist es technisch auch nicht möglich die Kräfte und Vibrationen durch die vorbeiströmende Luft und der auf Volltour laufenden Turbinen mit zu simulieren. Und trotz der abnormalen Innendrucks hat es die Zelle dann nicht an diese Grenze geschafft!?!
Ich als Ingenieur stehe dieser Zelle ohne Wiederholung mit einem neuen Test sehr skeptisch gegenüber.

P.S.: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.

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Beitrag vom 02.12.2019 - 06:56 Uhr
Bisher gibt es keinen Beleg für Strukturveränderungen in diesem Bereich.

Nein, Belege könnte tatsächlich nur Boeing liefern. Oder eben das Gegenteil. Aber so wie sie sich in der MAX Affäre bisher benommen haben, würde ich nicht damit rechnen.
Nun gut, so kann man natürlich alles totargumentieren. Erwarten Sie eine Pressemitteilung für jedes neue Loch in einem Bauteil?
Durch die Rumpfstreckung gab es zwangsweise Änderungen und Boeing spricht in dem Videopodcast von Änderungen an der Inneneinrichtung um auf Armlehnenhöhe mehr Platz zu bekommen. Mehr haben wir nicht, aber die Diskussion bewegt sich in eine völlig angenommene, unbelegte Richtung und wird über die Zeit zur Wahrheit. Was will man da noch sagen? Dabei sind Sie doch sonst so detailorientiert, bekomme ich nicht zusammen.

Klar gibt es für solche Änderungen keine Belege, die das Boeing Werksgelände bisher verlassen hätten. Ich hab meinen Beitrag auch ganz klar selbst als Spekulation bezechnet.

Was mich denke ich auch an der Geschichte am meisten stört ist das Schweigen Boeings zu den Ursachen und das Schönreden, mit dem sie auch hier wieder versucht haben, durchzukommen.

Boeing sprach von einer defekten Frachttür, man spekuliert über eine zu schwach dimensionierte Halterung oder Verschluss. Boeing spricht öffentlich lediglich davon, dass dieses Testergebnis keinen nennenswerten Einfluss auf die weitere Entwicklung oder Zulassung haben wird.

Dann kommt Wochen später - investigativ - raus, die Tür ist nur deswegen durch die Gegend geflogen, weil der ganze Rumpf, in den sie eingebaut war, beim Test geplatzt ist.

Genau das gleiche Kommmunikationsschema wie bei der MAX Katastrophe: Leugnen, Beschwichtigen, Schönreden, alles nicht so schlimm, nächste Woche ist wieder alles paletti, Aktienkurs möglichst oben halten, und dann kommt scheibchenweise die Wahrheit ans Licht.

Vertrauen wird hart erarbeitet und schnell verloren.
Im Moment steht Boeing dank der MAX für mich auf dieser Skala am Nullpunkt.
Und sie tun öffentlichkeitswirksam alles, um da zu bleiben.

sehe ich ganz genauso.

Die Sache an sich sehe ich in dem Fall als weniger schlimm an, das sind Lasten die niemals auftreten, und wenn doch hat man schon andere gewichtige Probleme.

Ich bezweifel nicht das Boeing das Problem gefixt bekommt, analog zur Max.
Aber so ganz ohne ist die Sache nicht, zumal man jetzt spekulieren kann warum etwas das auf diese Last ausgelegt wurde sie nicht aushält.
Materialfehler, Fertigungsfehler, Strukturelles Problem, unerwartete Lastspitze, Ermüdung, etc.
Normalerweise keine grosse Sache, aber Boeing muss bewusst sein das diese Sachen im Moment natürlich große AUsenwirkung haben.
Es gab keine transparenz bei der Max, davor hatte man die B787 schon mit riesem Problem das zum grounding führte, falsche Riskoeinstufung und Selbstzertifizierung, bei der Max führte es dann halt zur Katastrophe.
Dem ganzen liegt auch Boeings Philosophie zu grunde, der Pilot wirds dann schon richten. Demzufolge haben sie halt auch die Piloten an den Pranger gestellt.
Das selbst in Frage stellen haben sie (öffentlich) unterlassen.

Mag eine Kultursache sein, ich hätte mir Transparenz und ein klares Schuldeingeständnis erhofft bei der Max, und dann wäre dieser Fall ein super Beispiel gewesen um die "neue Kultur" zu demonstrieren.

Jetzt hat man halt den nächsten Coup mit negativer Presse.
Beitrag vom 02.12.2019 - 05:54 Uhr
@EricM

Mir als Ingenieur wäre zumindest lieber, wenn Boeing solche Fehler und was sie tun, um sie zu beheben, offen kommunizieren würden - bevor meine Kinder vielleicht einen Flug in so einer Kiste buchen ...

Es tut echt weh pausenlos diesen Schwachsinn lesen zu müssen.

Tut mir leid für Sie.
Denn so, wie Boeing agiert, werden noch eine Menge Posts mit diesem Tenor vermutlich nicht nur von mir kommen

Boeing entwickelt ein Flugzeug. Dieses wird VOR Auslieferung Tests unterzogen um die Berechnungen zu überprüfen. Einer dieser Tests hat nun Schwachstellen aufgezeigt, die behoben werden müssen. Es ist kein Fehler an einem fertigen, ausgelieferten Produkt entstanden. Insofern braucht dies die Öffentlichkeit nicht zu interessieren, genaugenommen geht sie das überhaupt nix an. Sozusagen kann Boeing im Privaten tun und lassen was sie wollen, wegen mir 20 Testzellen zu Bruch gehen lassen, sogar zum Spass wenn die wollten.

Würde ich glatt unterschreiben, wenn es nicht ein einmaliger, zulassungsrelevanter Test gewesen wäre, der vermnutlich gerade nicht wiederholt werden wird.

Entscheidend am Ende ist, dass das verkaufte Produkt, auch aufgrund vorangegangener Tests, seine ihm gestellten Aufgaben erfüllt, ohne DANN zu brechen.

Ja, genau. Und weil das bei den letzten Modellen in den vergangenen Jahren nicht ganz so hervorragend funktioniert hat schaut man Boeing halt aktuell etwas genauer auf die Finger...


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