Entscheidung erst 2020
Älter als 7 Tage

Kommt die Boeing 797 oder kommt sie nicht?

United Airlines Boeing 757-224
United Airlines Boeing 757-224, © Ingo Lang

Verwandte Themen

SEATTLE - Fünf Jahre hat Boeing am Konzept für eine neue Jet-Familie gefeilt. Nun geben sich die Amerikaner noch bis 2020 Zeit für die "finale Entscheidung", ob ein Angriff auf die Marktmitte Investitionen von 15 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung einer 797 rechtfertigt - oder die Risiken überwiegen.

Berlin - Chicago ist eine der Streckenideen, mit der Boeing weltweit das Interesse potenzieller Betreiber an der 797 geweckt hat.

Größe und Reichweite des "New mid-Market Airplane (NMA)" sind auf Städtepaare zugeschnitten, die 737 und A320 nicht verbinden können und auf denen sich Großraumgerät nicht rechnet.

"Es steht fest, dass es Marktnachfrage im NMA-Segment gibt", sagte Boeing-Chef Dennis Muilenburg in dieser Woche bei Vorlage der Boeing-Bilanz 2018. "Wir sehen die Chance, das Netz an Städtepaaren deutlich zu verdichten (...), müssen aber noch unseren Business Case zu Ende analysieren."

Boeing werde im weiteren Jahresverlauf festlegen, welche Marktchancen für das Segment bestehen, beschrieb Muilenburg einen "zweistufigen Entscheidungprozess". Die "finale Entscheidung über einen Programmstart" werde der Konzern dann zwar erst im nächsten Jahr treffen. Doch auch mit dieser Zeitachse sei noch ein EIS 2025 möglich.

Zuvor hatten Branchenbeobachter damit gerechnet, dass Boeing die 797 auf der Paris Airshow im Juni 2019 in den Programmstatus erhebt.

Warum tut sich der Hersteller mit mit der 797 so schwer schwer? "Jedes andere Flugzeug hat sich für Boeing als Homerun herausgestellt, auch wenn es nicht immer sofort absehbar war", erklärt sich Luftfahrtanalyst Richard Aboulafia das Hadern. "Das hier ist etwas anderes, hier müssen sie sehr vorsichtig sein."

Boeing sieht Märkte für eine 797
Boeing sieht Märkte für eine 797, © Boeing

Derzeit trifft das 797-Entwicklerteam um den früheren 787-Programmleiter Mark Jenks monatlich mit Muilenburg und Finanzchef Greg Smith zusammen. 1.000 Mitarbeiter arbeiten an dem Projekt. Eigentlich drängt die Zeit - mindestens zwei Großkunden würden sich lieber heute als morgen in die Warteliste für die 797 eintragen.

United und Delta sehen die 797 als ideale Nachbesetzung für Hunderte 757 und 767, die in den nächsten Jahren ersetzt werden müssen. Als "797-6X" soll der Flieger den Mark bei 225 Sitzen und 5.000 Seemeilen Reichweite treffen, die "797-7X" mit 265-Sitzen und immer noch 4.500 Seemeilen Reichweite punkten.

Aboulafia: Risiko in den Zahlen

Normalerweise streckt Boeing den Ausbau eines Programms über mehrere Jahre. Im Fall der 797 lässt Muilenburg laut Insidern jetzt prüfen, beide Varianten parallel zu zertifizieren, damit dem Konzern keine Aufträge entgehen.

"Bei den meisten Flugzeugen liegt das Risiko in der Technologie, hier eher im Business Case", sagt Aboulafia.

Boeings Hightech-Flieger 787 drehte nach Kinderkrankheiten, Lieferverzögerungen und wegen eines unerprobten Produktionssystems erst nach 500 Flugzeugen in die Gewinnzone. Die 797 soll ihre mit 15 Milliarden US-Dollar veranschlagten Entwicklungskosten wesentlich früher einspielen.

Dafür will Boeing automatisierte Fertigungsprozesse aus der Produktion seiner Militärflugzeuge übernehmen. Aktuell benötigt Boeing 1,5 Tage, um die beiden großen Rumpfteile der Super Hornet zu vernieten, sagte die Chefin der Boeing Verteidigungssparte Leanne Caret. Beim neuen T-X-Trainer ließ sich der Schritt durch Automatisierung auf weniger als eine Stunde verringern.

Airbus-Mittelfeld: A321LR, A330neo und A321XLR

Eine schlanke Produktion ist wichtig, denn bei 797-Alternativen kann Airbus kräftig an der Preisschraube drehen.

Boeing muss das Flugzeug preislich zwischen der A321LR und der A330-800 positionieren, damit Airlines zugreifen, meint Berater George Dimitroff von Flight Ascend. Airbus verkaufe die A321LR mit Rabatt um die 60 Millionen US-Dollar, eine A330neo sei für rund 100 Millionen US-Dollar zu haben.

Und dann hat Airbus noch die "A321XLR" in der Hinterhand, um der 797 Wind aus den Segeln zu nehmen. Als zweiter Langstreckenableger von der A321neo soll die XLR rund 4.700 Seemeilen nonstop schaffen. Laut Airbus wäre unter vertretbarem Entwicklungsaufwand ein EIS um 2022 möglich - drei Jahre vor dem frühesten Markteintritt der 797.

"Wir sehen uns nicht unter Handlungsdruck, solange sich Boeing noch nicht bewegt hat", sagte der designierte Airbus-Chef Guillaume Faury im Januar. "Der Marktanteil der A321neo ist so enorm, weil sie keinen echten Wettbewerber hat und wir werden das Produkt weiter verbessern, damit es auch das untere Ende des mittleren Marktsegments bedient."
© aero.de, Bloomberg News | Abb.: Boeing | 02.02.2019 09:53

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 03.02.2019 - 20:03 Uhr
Ich denke, Boeing beißt sich täglich mehrfach in den allerwertesten, dass sie nicht früher doch mit einer Neuentwicklung auf die NEO Serie geantwortet haben.
Jetzt haben sie einen alten Bobby mühsam upgedated und eine Lücke in einem kleinen Marktsegment, für den sich eine Neuentwicklung kaum rechnet.
Ich denke, heute wird klar, sie hätten damals besser einen 757 Nachfolger entwickeln sollen, den man auf 737 Größe hätte schrumpfen können.
Jetzt steht man mit einer vollkommen ausgereitzten Altentwicklung und einem MoM da, dem Airbus nochmals eine große Scheibe abfressen kann...

Schrumpfen ist immer schlecht!
Beitrag vom 03.02.2019 - 20:01 Uhr
Wenn Boeing diesen Weg beschreitet hat dies einige Konsequenzen für die Industrie insgesamt, aber auch für die Produktion von Wide-Bodies der Konkurrenz als auch der eigenen. Es würde nicht mehr als die Stagnation der Major Hubs bedeuten und somit den Absatz von Wide-Bodies wie den A380, 747-8 und die 777-X mit großen Fragezeichen versehen.

In den ausgereiften westlichen Märkten wird der Markt für Hub-Verkehre nicht wesentlich größer. Im Gegenteil: Eine sich abzeichnende Verlagerung von Verkehren zu sekundären Hubs wird an den Major Hubs für Stagnation bis Rückgang sorgen, da Feederanteile für bestimmte Märkte die dann direkt angebunden werden wegfallen. Eine neue Schicht von Reisenden für die Langstrecke kann nur über den Preis bewegt werden, welches es schwer macht die Wide-Bodykabinen kostendeckend zu füllen. Hinzu kommt, dass Slots and den Haupthubs Mangelware sind, um wegfallende Feederverkehre durch neue Anbindungen zu ersetzen. Das Abschaffen der Regionalpartner war da auch nicht hilfreich.

Bis auf Medium bis Ultra-Longhauls wird die Luft für Widebodies an den Major Hubs dünner, wenn die neue Klasse Middle of The Market AC verstärkt auf den Markt tritt.

Genau dies ist das Dilemma, was beide Konkurrenten zur Zeit umtreibt. Für Boeing ist es allerdings noch eine Spur härter, da es darum geht den noch nicht auf dem Markt befindlichen 777-Nachfolger für bestimmte Segmente bereits jetzt zu kanibalisieren.

Nach dem Gravitationsgesetzt gibt es für entferntere Zentren weniger Beziehungen, weshalb es die Hubs braucht um große Hüllen zu füllen. Wie auch der Graph oben zeigt gibt es gerade im mittleren Entfernungsbereich die meisten Opportunities für beide Varianten, wobei das Risiko bei den Tripcost für die NMA's hier deutlich niedriger liegen und so die herkömmlichen Wide-Bodies im Nachteil sind.

Während sich Airbus wohl schon mit der Tatsache abzufinden scheint, dass die Tage der A380m gezählt sind, wird es Boeing mit einer Entscheidung für ein De-empfhasizing der 747-8 und der neuen 777X schwerer haben.
Auch wenn der Prozeß der Verdrängung gut und gern 10 - 15 Jahre dauern könnte, würde es doch das Ende der Wide-bodies á la A380, 747-8i und 777X einläuten.

Tough Call.
Beitrag vom 03.02.2019 - 14:48 Uhr
M. E. gibt es erst dann eine "797", wenn man weiss, wie man die "B737" ersetzen kann.
Z. Z. ist die "797" nur eine "aufgemotzte B737" oder eine "verkleinerte B787".
Die Motorenhersteller haben das gleiche Problem.
Aber solange Boeing zögert, kann Airbus nicht so richtig in die A321xxx-NEOs investieren.
Boeing-Betreiben werden erstmal gucken, was Boeing gedenkt zu tun.

Falls die Chinesen allerdings massiv in diese Lücke investieren, kann es spannend werden.


Macht alles keinen Sinn.
Weder ist die B797 als eine vergrößerte B737 konzepiert ( eine B747 ist ja auch nicht nur eine vergrößerte 707 gewesen) noch eine verkleinerte 87.

China spielt garkeine Rolle.

Airbus kann seine entscheidung für eine A321 XLR oder eine A322 neo jederzeit treffen wenn sie auf entsprechendes Kundenintresse stoßen.


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 03/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden