Flughafen Gatwick
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Nach Drohnen-Störaktion: Suche nach den Tätern

easyJet Airbus A320
Easyjet Airbus A320, © easyJet

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LONDON / FRANKFURT - Nach gezielten Drohnen-Störaktionen, die den Londoner Flughafen Gatwick 36 Stunden lahmlegten, tappen die britischen Behörden auf der Suche nach den Tätern weiter im Dunkeln. Am Freitag wurde der Flugbetrieb zwar wieder aufgenommen, doch rund 25 000 Reisende waren von Flugstreichungen betroffen.

Passagiere wurden gebeten, sich vor der Anreise nach Gatwick bei ihrer Airline zu informieren, ob ihr Flug stattfindet. Insgesamt wurden durch die Störaktionen die Reisepläne von rund 150 000 Menschen durchkreuzt.

Wer hinter den Drohnenflügen steckt, war zunächst unklar. Die Sicherheit sei inzwischen aber durch Abwehrmaßnahmen des Militärs gewährleistet, sagte Gatwick-Betriebsdirektor Chris Woodroofe der BBC. Zu welchen Mitteln die Armee dabei greift, dürfe er nicht preisgeben. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass es zu weiteren Störungen im Flugbetrieb kommt. Etwa 40 Mal waren die Drohnen zuvor über dem Flughafen gesichtet worden. Es handelt sich dabei nach Angaben der Polizei um Drohnen für den professionellen Gebrauch.

Laut Verkehrsminister Chris Grayling haben die Ermittler bei der Suche nach den Verursachern der Störaktion noch keine heiße Spur. "Die Polizei hat eine Reihe von Ermittlungssträngen und es gibt Spekulationen, es könne sich um einen Protest von Umweltschützern handeln, aber wir wissen es wirklich nicht", sagte Grayling im BBC-Radio. Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund gebe es nicht. Trotzdem forderte er lange Haftstrafen für die Täter.

Seit Mittwochabend war in Gatwick - abgesehen von einer dreiviertelstündigen Unterbrechung - kein einziges Flugzeug mehr gelandet oder gestartet. Ankommende Maschinen mussten umgeleitet werden und teils hunderte Kilometer entfernte Airports wie Amsterdam und Paris ansteuern. Die Einsatzkräfte konnten die Störmanöver trotz eines großen Polizeieinsatzes mit Hubschrauber, Scharfschützen und Spezialgerät der Armee zunächst nicht unterbinden.

Der Abschuss der Drohnen war lediglich als "taktische Option" in Erwägung gezogen worden. Die Gefahr durch fehlgeleitete Geschosse sei zu groß, sagte Verkehrsminister Grayling. "Man kann nicht einfach aufs Geratewohl Waffen in einem bebauten Gebiet um den Flughafen abfeuern. Das hätte Konsequenzen, wenn es schief ginge", sagte Grayling.

Auch in Deutschland sind Zwischenfälle mit Drohnen ein wiederkehrendes Problem. In den vergangenen Monaten haben sie sogar deutlich zugenommen: Laut der Deutschen Flugsicherung wurden bis einschließlich November 152 Fälle gemeldet, bei denen Verkehrsflieger durch Drohnen behindert wurden, die gefährlich nah an Flughäfen oder auf der Strecke auftauchten. Im bisherigen Rekordjahr 2017 waren es lediglich 88 Fälle gewesen.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit verlangt einen besseren Schutz der fliegerischen Infrastruktur. "Die Flughäfen tun nicht genug", sagte Sprecher Janis Schmitt, der selbst fast täglich mit einem Mittelstreckenjet unterwegs ist. Natürlich sei die Drohnenabwehr nicht trivial, es gelte aber, die bereits vorhandenen technischen Möglichkeiten schneller anzuwenden und auszubauen.

Führende Drohnenhersteller wie das chinesische Unternehmen DJI verankern die Nicht-Flugzonen bereits in der Software ihrer Geräte, einheitliche Regeln dazu gibt es aber nicht. Technische Möglichkeiten, rund um die Flughäfen Steuer-Frequenzen zu blockieren, bergen das Risiko, andere Systeme zu stören.

Bislang gibt es in der EU auch kein zentrales Drohnen-Register oder die Pflicht, einen Transponder einzubauen, mit dem die unbemannten Objekte für die Flugsicherung sichtbar wären. Die Deutsche Flugsicherung fordert diese Schritte schon länger, hat sich aber beim Erlass der nationalen Drohnenverordnung nicht durchsetzen können. Danach genügt an Drohnen, die in Deutschland starten, ein Blechschild, das Namen und Anschrift des Eigners nennen soll.

Technisch ist es auch kein Problem, in einem bestimmten Gebiet Drohnen zu entdecken. Systeme dafür bietet unter anderem die Firma Dedrone aus Kassel an, die bereits große Sportereignisse geschützt hat. Das Problem bleibt aber, wie man die entdeckten und mutmaßlich feindlichen Drohnen dann vom Himmel holen kann. Netze, Greifvögel oder Abschuss: Die bislang diskutierten Möglichkeiten sind nach Expertenmeinung nicht zufriedenstellend.

Dedrone setzt auf Störsignale, mit denen die Drohnen außer Gefecht gesetzt werden können. "Da kommen so genannte "Jammer" zum Einsatz, die genau das tun, das sind Störsender die den Kontakt zwischen Drohne und Pilot so nachhaltig stören, dass die Drohne in den Landemodus geht", sagte Dedrone-Chef Jörg Lamprecht der Deutschen Presse-Agentur. Doch die "Jammer" unterbrechen auch andere Signale, die für den Flughafenbetrieb notwendig sind.

Deutsche Flughäfen seien Drohnenattacken bislang völlig schutzlos ausgeliefert, sagte Lamprecht. Denn es sei nicht geklärt, wo die Verantwortung liege: bei den Flughäfen, der örtlichen Behörde oder der Luftaufsicht. "Jeder schiebt das Problem dem anderen zu", sagte er.

Der Anwalt und Rechtsprofessor von der Technischen Universität Chemnitz, Martin Maslaton, fordert Gesetzesänderungen, um Flughäfen die Abwehr von Drohnen zu erleichtern. Wenn der Eigentümer eines Grundstücks eine Drohne über seinem Grundstück angreife, könne das eine strafbare Sachbeschädigung sein. "Das muss sich dringend ändern", sagte Maslaton einer Mitteilung zufolge. Sensiblen infrastrukturellen Einrichtungen und anderen schützenswerten Industrieanlagen müsse erlaubt sein, sich auch selber schnell und effektiv vor Drohnen zu schützen.
© Christoph Meyer und Christian Ebner, dpa | Abb.: Gatwick Airport | 21.12.2018 16:33


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