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Seit 1972 prangt unübersehbar der stilisierte Kopf eines arktischen Ureinwohners, dick eingepackt in Pelzkragen und Anorak, am Leitwerk der heute 335 Flugzeuge (inklusive Regionalpartner) von Alaska Airlines.
Er heißt nur "The Eskimo" – auch wenn sich das nordische Volk inzwischen längst Inuit nennt. Mehrfach wollte Alaska Airlines den markanten Kopf als Logo abschaffen – doch die Kunden protestierten, der Eskimo blieb und wurde immer mal wieder aufgehübscht, zuletzt mit einem farbigen Kragen.
Seit 1944 fliegt die Gesellschaft unter ihrem Namen, die Vorgängerin wurde schon 1932 gegründet. Wer jemals in Alaska war weiß, dass dort Flugzeuge zum Überleben absolute Grundvoraussetzung sind.
Und zwar in jedweder Form vom Buschflieger bis zur Boeing 737 mit Gravel Kit zur Landung auf unbefestigten Pisten und einem Hauptdeck, das sich die Passagiere mit der Fracht für abgelegene Siedlungen teilen.
So sehr die Gesellschaft in ihrem Heimatstaat verwurzelt ist, so wenig bedeutend ist Alaska als Verkehrsgebiet für die stark wachsende Airline heute. "Der Flugbetrieb innerhalb und von/nach Alaska macht nur noch 13 Prozent unseres Geschäfts aus", erklärt CEO Brad Tilden in einem exklusiven Interview mit aero.de.
Die meisten Passagiere sind heute mit Alaska Airlines die Westküste hinauf und hinunter unterwegs oder von dort nach Westen bis Hawaii oder nach Osten bis New York.
"Aber die Essenz unserer Firma ist 100 Prozent Alaska", sagt Brad Tilden. "Da oben gibt es eine Kultur, sich gegenseitig zu helfen und füreinander da zu sein, und das merken Sie auch wenn sie mit uns von Seattle nach New York fliegen."
Allerdings hat die Airline, die 2019 fast 47 Millionen Passagiere transportierte, ein Marketing- und Kommunikationsproblem. "Wir arbeiten hart daran, das Gefühl eines kleinen Unternehmens zu bewahren und unsere Herkunft hochzuhalten", so Tilden.
Offenbar klappt das sogar bei 47 Millionen Passagieren pro Jahr noch ganz gut, denn Alaska Airlines gewinnt seit zwölf Jahren stets den Preis für höchste Kundenzufriedenheit in der Kategorie "Traditionelle Airlines".
Aber die Prägung durch Alaska hochzuhalten und als Marke zu erklären wird zunehmend schwerer, je mehr die Gesellschaft ihr angestammtes Revier verlässt. Und das tut sie mit dem Eintritt in Oneworld voraussichtlich Mitte 2021 mehr als je zuvor.
Engere Verzahnung mit American
"Mir ist klar, dass es eine Herausforderung ist, etwa einem chinesischen Reisenden zu erklären, wer wir sind, wenn er überlegt, mit uns von Los Angeles nach Hawaii zu fliegen", sagt Brad Tilden.
"Aber um ehrlich zu sein haben wir die gleiche Problematik auch heute schon ein wenig in Kalifornien, wo man uns bisher kaum kannte, und wir arbeiten daran. Der Eintritt in Oneworld ist wirklich ein Paradigmenwechsel für uns."
Typ | Linienfluggesellschaft |
---|---|
Basis | Seattle Tacoma Int'l |
Maschinen | 155 |
Destinationen | 120 |
Routen | 338 |
American will das Alaska-Streckennetz nutzen, um ihren eigenen Langstrecken Passagiere zuzuführen. Dafür sind auch neue Routen geplant wie von Seattle nach Bangalore in Indien. Alaska erhofft sich vor allem mehr Großkunden im Geschäftsreiseverkehr.
Die Fusion mit Virgin America wurde Ende 2016 wirksam und bis Ende 2018 mit der Vereinheitlichung des Erscheinungsbilds und dem Umrüsten der Kabinen weitgehend abgeschlossen. Dadurch ist Alaska Airlines stark gewachsen, aber auch die Komplexität der Firma und nicht zuletzt der Flotte.
Das ganze wurde nicht einfacher dadurch, dass Virgin America eine starke und beliebte Marke vor allem in San Francisco und ganz Kalifornien war. "Fusionen sind hart, aber wir haben gelernt, dass sie noch härter sind als wir dachten", so Brad Tilden.
"Trotzdem ging es bei uns schneller als bei den meisten vergleichbaren Fusionen. Das schwierigste ist immer, die Kulturen zu verschmelzen, und ich denke wir haben das unterschätzt", so der Alaska-CEO. Die technischen Umstellungen und Angleichungen seien zu 99 Prozent abgeschlossen. "Aber bei der kulturellen Angleichung sind wir erst bei 50 Prozent", sagt Brad Tilden.
Herausfordernde Flottenplanung
Eine der schwierigsten aus der Fusion entstandenen Themen ist die Flottenplanung. Denn Alaska Airlines ist in Seattle beheimatet, "ein Auslieferungsflug vom Boeing Field zu unserem Hub am Sea Tac Airport legt eine Distanz von gerade vier Meilen zurück", erklärt Tilden.
Nicht umsonst prangt unter jedem 737-Cockpitfenster seit 2005 bis heute die Aufschrift "Proudly All Boeing", auch wenn das schon lange nicht mehr stimmt. "Es gibt in Seattle eine sehr enge Verquickung zwischen Alaska Airlines und Boeing, viele Familien haben Angehörige in beiden Firmen", sagt Brad Tilden. "Boeing hat uns immer sehr gut behandelt."
Für 2020 liegt der Fokus darauf, neue Flugzeuge zu bestellen um die älteren Airbus-Jets durch größeres Gerät zu ersetzen, während die A321neo in der Flotte bleiben sollen.
Zur Auswahl stehen die 737 MAX-9 oder -10 aus heimischer Produktion oder A321neo aus Hamburg. "Zum Glück hatten wir noch keine einzige MAX in der Flotte als das Grounding kam, jetzt hätten es erst vier sein sollen", so Tilden.
"Wir hoffen sehr, dass sie am Ende zweiten Quartals wieder fliegen wie derzeit angekündigt." Ob trotzdem kulturell für Alaska Airlines überhaupt eine Neubestellung bei Airbus denkbar wäre lässt der CEO bewusst offen: "Wir werden sehen was die Zukunft bringt."
© aero.de, Andreas Spaeth | Abb.: Alaska Airlines | 22.02.2020 06:12
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https://www.seattletimes.com/business/boeing-aerospace/alaska-airlines-to-buy-200-new-jets-over-a-decade-737-maxs-and-maybe-airbus-a321s/
Dieser Beitrag wurde am 22.02.2020 14:34 Uhr bearbeitet.