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Brüssel und Berlin streiten über Lufthansa-Rettung

Lufthansa in Düsseldorf
Lufthansa in Düsseldorf, © Flughafen Düsseldorf

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MÜNCHEN - Die Brüsseler Wettbewerbshüter machen Lufthansa wertvolle Slots an den Hauptdrehkreuzen Frankfurt und München streitig. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vor überzogenen Auflagen der EU-Kommission bei der staatlichen Rettung der Lufthansa gewarnt.

"Eine Diskriminierung der Lufthansa zugunsten von Low-Cost-Anbietern wäre ein falsches Signal", sagte Söder dem "Handelsblatt". Nach Angaben des Blattes soll Brüssel fordern, der Lufthansa sowohl in Frankfurt als auch in München Start- und Landerechte zu nehmen und an andere Fluggesellschaften zu verteilen.

"Damit soll wohl das deutsche Engagement gebremst werden", sagte Söder dem Blatt. "Das ist europarechtlich und marktwirtschaftlich der falsche Ansatz." Söder forderte die Bundesregierung auf, den wettbewerbspolitischen Forderungen nicht nachzugeben.

Die EU-Kommission muss dem Rettungspaket im Umfang von neun Milliarden Euro noch zustimmen. Bei den angepeilten Staatshilfen bahnt sich aber ein offener Konflikt zwischen Bundesregierung und EU-Kommission an. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im CDU-Präsidium einen "harten Kampf" angekündigt, weil Brüssel die milliardenschwere Rettung nur unter hohen Auflagen genehmigen wolle.

Nach den Worten von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sind noch einige Fragen mit der EU-Kommission zu klären. Es sei ganz wesentlich, dass die Lufthansa am Standort Deutschland weiterhin ihre erfolgreiche Arbeit im bisherigen Umfang fortsetzen könne.

Die Vereinigung Cockpit appellierte an die EU-Kommission, der Rettung des Unternehmens und der damit zusammenhängenden rund 140.000 Arbeitsplätze keine Steine in den Weg zu legen. Insbesondere sollten von der EU-Kommission keine Vorgaben gemacht werden, die die Ausgangslage für einen Neustart verschlechtern und damit das Ziel der Stabilisierung der Lufthansa konterkarieren würden, forderte die Pilotengewerkschaft: "Wir warnen eindringlich davor, das Unternehmen zur Abgabe von Teilen der Start- und Landerechte zu zwingen."

Die Grünen-Experten Sven-Christian Kindler und Katharina Dröge bezeichneten das Rettungspaket als "ein schönes Geschäft für die Aktionäre" und einen "schlechten Deal für die Steuerzahler". Der Bund solle nun mit 9 Milliarden an Steuergeldern ins Risiko gehen, obwohl das Unternehmen an der Börse nur 4 Milliarden Euro wert sei. Ein Großteil der Eigenkapitalbeteiligung fließe in stille Beteiligungen. Die direkte Beteiligung liege nur bei 20 Prozent.

"Dadurch wird die Bundesregierung im Unternehmen bei zentralen Entscheidungen einen Maulkorb bekommen." Zur entscheidenden Frage der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes gibt es aus Sicht der Grünen-Politiker nichts Konkretes, sondern nur warme, unverbindliche Worte. "Was fehlt sind verbindliche Vorgaben für die Reduktion von CO2-Emissionen."
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 26.05.2020 07:45

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Beitrag vom 26.05.2020 - 16:12 Uhr
Vorneweg: Zu Alitalia Zustimmung. Das hätte so nicht laufen dürfen.
Ganz ehrlich: Ich weiss nicht ob die angefragten anderen Beispiele wie IAG eine ähnliche Aufmerksamkeit der EU Wettbewerbskommisarin hätten bewirken müssen, dh wie groß die Marktmacht nach dem Zusammenschluss bewertet wurde, der aber 2 Sachen geben mir da zu denken:

- LH hält an 2 großen Hubs in Europa >70% der Slots.
- Deutschland hat bisher in etwa soviele Corona-Hilfen an die Wirtschaft ausgezahlt wie alle anderen Staaten zusammen.
 Quelle

Gerade der zweite Punkt wirkt schon für andere Staaten in der EU schnell bedrohlich.
Also: Ja, man könnte da reininterpretieren, dass die EU Kommission Deutschland eins auswischen will.
Aber andererseits gibt es genügend Gründe anzunehmen, dass sie einfach ihren Job machen, den under anderem unsere Bundesregierung selbst so definiert hat.

Dieser Beitrag wurde am 26.05.2020 16:15 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 26.05.2020 - 14:18 Uhr
Ich denke, weder AF noch KLM waren jemals vollständig privatisiert.
D.h. eine Teilverstaatlichung musste nie von der EU genehmigt werden.
Ja, da kann man jetzt ein "Gschmäckle" reininterpretieren, obwohl dabei wohl tatsächlich gleiche Regeln für alle galten.


Grundsätzlich stimme ich Ihnen da zu, dass der Invest zu anderen Zeiten getätigt wurde. Letztendlich ist es jetzt aber genau dieses "Geschmäckle" um das es jetzt geht.

Bekommt IAG durch diesen Kauf in der EU eine marktbeherrschende Stellung? Wenn nein, ist das EU Kartellrecht -meinem Laienverständnis nach- nicht anwendbar.

Wie groß ist denn die Marktmacht in Spanien durch Iberia, Vueling, Level und jetzt dann Air Europa? Also ich würde da schon sagen, dass da ein gewisses Potential einer Marktmacht besteht.
Und letztendlich geht es bei dem LH Deal ja auch nicht um die marktbeherrschende Stellung innerhalb der Eu, sondern um Regionale Marktbeherrschungen. Denn man fordert ja explizit Slot in Frankfurt und München, wo Lufthansa sich eben genau diese Stellung erarbeitet hat. Marktbeherrschend innerhalb der EU ist die LH nun nicht wirklich. Da gibt es zahlreiche andere Airlines und sonstige Angebote.
So gesehen sehe ich hier durchaus wieder das Potenzial, dass man eben wieder auf dieses "Geschmäckle" kommen kann.

Ja, stimme zu. Wobei die Reste der Alitalia zu klein sein könnten um eine markbeherrschende Stellung abzuleiten.

In diesem Fall darf es aber ja schon fast gar nicht mehr um Marktbeherrschung gehen oder nicht...da werden Milliarden in den Markt gepumpt von staatlicher Seite, die gegen jegliche Regel der hier geforderten Marktwirtschaft verstößt. Wenn man sich jetzt an LH stört, dann darf man da vorher auch keine anderen Maßnahmen in Italien durchlassen.

LOT/SAS/TAP sind aber ganz andere Größenordnungen als LH. Da kommt Kartellrecht vermutlich gar nicht erst zum Einsatz.

Aber allesamt haben eine Marktmacht an Ihren Drehkreuzen oder sogar ganzen Regionen. Und wie gesagt, sehe ich das bei LH auch hauptsächlich als Angriff auf MUC und FRA, wahrscheinlich weil das die Orte sind, wo die LH das meiste Geld verdient.

Von daher ist dann wirklich die Frage, was ist das Ziel der EU? Die wirtschaftliche Basis der LH klauen/beschränken, damit die Airline von sich aus schrumpfen muss?

ICh will ja nicht einmal sagen, dass ich das alles gut finde was da passiert, wenn aber hier ein Herr Söder (der natürlich durch seinen Standort ein gewisses eigenes Interesse an der LH hat) sich hinstellt und den Finger hebt und mal genau über dieses "Geschmäckle" redet, dann kann ich das durchaus verstehen. Denn so ganz kann ich das bei einer Vorbehalte, die ich gegen die LH Beteiligung habe, nicht verstehen, warum hier jetzt wirklich von Seiten der EU auf die wirtschaftliche Basis der LH geschossen wird.

Das wirkt wirklich ein bisschen so, als wolle man auf Krampf versuchen dem "starken Deutschland", was ja durchaus einigen anderen Ländern ein Dorn im Auge ist, ans Bein pinkeln wollen.
Beitrag vom 26.05.2020 - 13:12 Uhr
Ja sicher. Dass Firmen in dieser extern ausgelösten Krise geholfen werden soll, stelle ich nicht in Frage. Mir ging es nur darum auzuzeigen, dass das Argument, die EU Regeln wären marktwirtschaftlich falsch, nicht zutrifft.
Im Gegenteil: Die EU Regeln sollen Martwirtschaft sicherstellen.
Das wäre ja paradox in sich ;-) Wenn ich Übernahmen oder Auspielen einer Marktmacht reguliere, dann greife ich ja in die Marktwirtschaft ein.

Richtig, per Kartell-Recht.
Dieses gibt es aber in allen, auch den von Arbeitnehmerrechten freien Marktwirtschaften.
Dann dass der unregulierte freie Markt zu dysfunktionalen Monopolen tendiert, hat man recht früh im 20.Jh. verstanden.

Pure Marktwirtschaft haben wir nicht. Jetzt kann man über die Maßnahmen streiten, wieviel lasse ich zu, wieviel reguliere ich. Wenn der Staat jetzt mitspielt geht es für mich eher darum, wieviel darf er mitspielen und wie lange. Aber die Verbindung, Mitspielen wird mit Markzugangsbeschränkung kompensiert, bekomme ich nicht hin.

Die Krux ist wohl tatsächlich die angestrebte Teilverstaatlichung. Warum jetzt genau diese kartellrechtlich so problematisch ist, kann ich Ihnen auch nicht aus dem Stehgreif erklären. Tatsächlich gibt es in den EU Regeln aber wöhl für Verstaatlichungen und andere Beihilfen wie Kredite getrennte Regeln.

Also ja, ich denke die Regeln gelten in ihrer Gesamtheit für alle - wir machen nur was anderes wie alle anderen, also unterliegt das, was wir tun, anderen Regeln und geht eben nicht auf eine anti-deutsche Auslegung der Regeln zurück wie von Herrn Söder behauptet.


Dieser Beitrag wurde am 26.05.2020 13:15 Uhr bearbeitet.


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