JetZero
Älter als 7 Tage

Boris Johnsons Vision vom emissionsfreien Fliegen

Boris Johnson
Boris Johnson, © Campaign

Verwandte Themen

LONDON - Der sonst luftfahrtskeptische Boris Johnson hat einen Weg gefunden, sich mit der Branche anzufreunden. Sie soll ihm zu einer Pionier-Rolle in Sachen Klimaschutz verhelfen - und zwar schnell: schon 2030 soll ein "JetZero" made in Great Britain Passagiere emissionsfrei über den Atlantik fliegen, so seine Vision.

"Als Teil unserer Mission, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden, sollten wir uns selbst das Ziel setzen, das weltweit erste emissionsfreie Langstreckenflugzeug zu bauen", sagte Johnson. "JetZero, lasst es uns angehen."

Tatsächlich scheint es, als hätten Branchenvertreter endlich den richtigen Nerv getroffen, um bei der Regierung Johnson Gelder in der Corona-Krise locker zu machen.

Denn über Rettungspakete in Milliardenhöhe wie sie die französische und die deutsche Regierung für die Luftfahrt aufgelegt haben, hat die Johnson-Regierung offenbar nie nachgedacht.

"Die britische Luftfahrt-Koalition fordert, ein Kernelement des grünen Wiederaufbau-Programmes der Regierung zu werden", hieß es im Juni in einer Mitteilung der Initiative "Sustainable Aviation".

Unter ihrem Dach versammeln sich bereits seit 2005 Airlines, Flugzeugbauer, Flughafenbetreiber und andere Akteure der britischen Luftfahrt mit dem Ziel, die Branche nachhaltiger zu gestalten.

"Wir fordern die Regierung auf, die Produktion und Entwicklung nachhaltiger Treibstoffe zu unterstützen und 500 Millionen britische Pfund in Projekte in der Anfangsphase zu investieren", schreibt "Sustainable Aviation" nun.

Denn: "Kombiniert mit Maßnahmen in den Bereichen Forschung und Entwicklung von Flugzeug- und Triebwerkstechnologie, der Modernisierung des Luftraumes sowie CO2-Ausgleich und -beseitigung könnte Großbritannien einen welweit führenden grünen Luftfahrtsektor aufbauen."

Bauen - "Bauen! Bauen!" lautet auch Johnsons Devise, um das Land aus der Krise zu führen. Zahlreiche Infrastrukturprojekte sollen die Briten vor der Arbeitslosigkeit bewahren.

"Bauen!" deutet er denn auch den Appell der Branche und ruft ihn den Flugzeugingenieuren zu. Sie sollen in zehn Jahren schaffen, wofür Airbus und Boeing sich dreißig Jahre als Orientierungsmarke geben: Ein elektrisch betriebenes Langstreckenflugzeug auf den Markt zu bringen.

In welchem unternehmerischen Rahmen sie dies tun sollen, etwa in Kooperation mit Airbus, anderen Partnern oder als britisches Unternehmen, lässt Johnson bisher nicht durchblicken.

An Know-how fehlt es in Großbritannien freilich nicht. Unter anderem unterhält Airbus in Bristol eines seiner wichtigsten Think Tanks, auch Spirit Aerosystems und Boeing produzieren in dem Land.

Ob es den britischen Fachkräften gelingt, in Rekordzeit eine Lösung für das Energiespeicherproblem zu finden, an dem Ingenieure weltweit seit Jahren tüfteln, wird die Branche mit Interesse verfolgen.

Doch selbst, wenn es ihnen nicht gelingen sollte: eine durchdachte Investition in die Entwicklung emissionsfreier Technologien wäre eine Perspektive für die Brexit- und coronagebeuelte britische Luftfahrt - und die Luftfahrt weltweit.
© Anna Böhm do Nascimento | Abb.: Campaign | 11.07.2020 09:21

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 12.07.2020 - 22:51 Uhr
Was faselt ihr von Airbus.
B. Johnson wil hier Britain First spielen. Das hat nix mit Airbus, Fr oder De zu tun.

Die einzigen Mitglieder, die in dem genannten Verein etwas mit zivilem Flugzeugbau zu tun haben, sind tatsächlich Airbus und Rolls Royce.
Der Rest sind Airlines, Flughäfen und Verbände von Interessenvertretern, die eh allem zustimmen, was sie irgendwie grün assehen lässt.

Ich denke Herr Johnson möchte in erster Linie so etwas wie Aufbruchs-Stimmung verbreiten ohne sich dabei von der Realität einschränken zu lassen.

Das Muster folgt seinem Vorgehen in der Brexit-Auseinandersetzung. Auch da hat er statt mit realistischen Einschätzungen der Lage eher mit gefühlten Wahrheiten und Wunschdenken Stimmung gemacht.
Nur müsste er diesmal statt leicht zu beeinflussender Wähler irgendwie die Physik über den Tisch ziehen.

Auch der  "Guardian" sieht das recht skeptisch...


Dieser Beitrag wurde am 13.07.2020 08:06 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 12.07.2020 - 22:49 Uhr
Sehr gut Herr Johnson: mehr als 80% der weltweiten Energie wird aus fossilen Quellen gewonnen, mit entsprechender CO2 Emission, aber für die 3% für die der Flugverkehr verantwortlich ist suchen wir schnellstens teure, perfekte Lösungen. Was stört uns die stationäre und mobile Verbrennung von Öl, Gas und Kohle, es ist doch viel einfacher den extrem hohen Energiegehalt des Kerosin für die 3 dimensionale Bewegung zu ersetzen als für Strom, Heizung oder gar bodengebundenen Verkehre.

So blöd können nur Politiker sein. Nicht nur in England. Jürgen Weber hat schon vor mehr als 20 Jahren dafür geworben, das Öl den Flugzeugen vor zu behalten. Ingenieure verstanden damals die Zusammenhänge, heute zweifle ich ich das auch bei denen, weil es irgendwo immer Subventionen abzugreifen gibt und es "der Zeitgeist" ist, umweltfreundlich - um jeden Preis - zu sein.

Naja, ich denke irgendeine nachhaltige Perspektive wäre - bei allen unbestrittenen Problemen - für die Luftverkehrswirtschaft schon sehr hilfreich.
Das Bewusstsein für den Klimawandel wächst.
Für andere Sektoren wie Strom, Heizung oder bodengebundenen Verkehr gibt es bereits klimaneutrale Lösungen, die sich "nur noch" durchsetzen müssen.
Das spielt zumindest den Ball zurück zum Verbraucher - dar darauf dann auch oft aus verschiedenen Gründen nicht eingeht, das ist schon richtig.

Für die Luftfahrt(*) existiert aber noch nicht mal ein technologisch tragfähiger Ansatz.

(*)=Im Umfang von 2019 und zu den damaligen Preisen. 2020 lass ich mal aussen vor.
Beitrag vom 12.07.2020 - 20:43 Uhr
Sehr gut Herr Johnson: mehr als 80% der weltweiten Energie wird aus fossilen Quellen gewonnen, mit entsprechender CO2 Emission, aber für die 3% für die der Flugverkehr verantwortlich ist suchen wir schnellstens teure, perfekte Lösungen. Was stört uns die stationäre und mobile Verbrennung von Öl, Gas und Kohle, es ist doch viel einfacher den extrem hohen Energiegehalt des Kerosin für die 3 dimensionale Bewegung zu ersetzen als für Strom, Heizung oder gar bodengebundenen Verkehre.

So blöd können nur Politiker sein. Nicht nur in England. Jürgen Weber hat schon vor mehr als 20 Jahren dafür geworben, das Öl den Flugzeugen vor zu behalten. Ingenieure verstanden damals die Zusammenhänge, heute zweifle ich ich das auch bei denen, weil es irgendwo immer Subventionen abzugreifen gibt und es "der Zeitgeist" ist, umweltfreundlich - um jeden Preis - zu sein.

Dieser Beitrag wurde am 12.07.2020 20:44 Uhr bearbeitet.


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 03/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden