Nachhaltige Erholung
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"Kurswechsel in der Luftfahrt"

Geparkte A320 von Austrian Airlines
Geparkte A320 der AUA, © Austrian Airlines

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WIEN - Mindestens 40 Euro sollen Flugtickets in Österreich ab sofort kosten: die Regierung schreibt sich damit eine Vorreiterrolle gegen Sozialdumping und für Umweltschutz zu. Frankreich unterstützt die Branche mit 15 Milliarden Euro - und fordert mehr Nachhaltigkeit. Geht die Luftfahrt grüner aus der Covid-19-Krise hervor?

Einen "Kurswechsel in der Luftfahrt" kündigte die österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler Anfang Juni an. Ab sofort erhebt die Regierung auf jedes Flugticket eine Klima-Abgabe von zwölf Euro. Bei Strecken unter 350 Kilometern sollen es sogar 30 Euro sein. 

Österreich werde so zum Vorreiter "im Kampf gegen die Billigairlines, die auf Kosten unserer Umwelt Profit machen." Keine Airline soll mehr Tickets auf den Markt bringen, die billiger sind als die Produktionskosten - Fliegen soll kein Selbstzweck sein. 

Ein klares Signal an Ryanair, Lauda und Wizz Air, die auf den Wiener Luftraum gieren und diesen nach dem Stillstand mit Dumpingpreisen für sich gewinnen wollen. Die Konkurrenz derart in die Schranken gewiesen, soll das Austrian Airlines-Management dafür Sorge tragen, dass es im Gegenzug zu den Staatshilfen die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 30 Prozent senkt.

Mit ihrem Schritt hin zu einer klimafreundlicheren Luftfahrt steht die österreichische Regierung nicht allein da. 1,5 Milliarden des vom französischen Finanzminister Bruno Le Maire vorgestellten Rettungspaketes für den Luftfahrtsektor sollen in die Forschung an nachhaltigen Technologien für die Branche fließen. 

Möglich, dass davon auch noch das E-Fan X-Projekt profitiert, in dem Airbus und Rolls-Royce einen Hybrid-Antrieb für Passagierflüge entwickeln – und das erst vor wenigen Tagen aus Kostengründen eingestampft wurde.

Air France erhält sieben Milliarden der insgesamt 15 Milliarden Euro und muss dafür ihre Kurzstrecken und Inlandsflüge massiv einschränken: hier soll sie der Bahn das Feld überlassen. 

Die Klima-Abgabe auf Flugtickets in Höhe von bis zu 18 Euro, welche die französische Regierung bereits 2019 angekündigt hatte, sollen in den Ausbau der nötigen Infrastruktur investiert werden. Wegen der Covid-19-Krise werden die erwarteten Einnahmen allerdings zunächst weit unter den avisierten 180 Millionen Euro pro Jahr liegen.

Quote für wasserstoffbasierten Kraftstoff

In Deutschland verpflichtet sich die Lufthansa laut Rettungsvereinbarung mit der Regierung zur Erneuerung ihrer Flotte, um Emissionen zu reduzieren. Zugleich empfehlen Experten in der neuen Wasserstoffstrategie des Bundes, eine Quote für den Anteil von Kraftstoffen im Kerosin zu etablieren, die auf Basis von grünem Wasserstoff hergestellt werden. 

"Es gilt zu prüfen, welche Kerosinmengen technisch und nachhaltig zu welchem Zeitpunkt realisierbar sind", heißt es in dem Schreiben. "Im Sinne eines ambitionierten Markthochlaufes wird zunächst eine Quote in Höhe von mindestens zwei Prozent in 2030 erörtert." Treibstoffhersteller sollen dazu verpflichtet werden.

In der Schweiz diskutieren Abgeordnete ebenfalls über die Einführung einer Klima-Abgabe auf Ticketpreise, stoßen aber auf Widerstand aus dem rechten Lager. Der britische Premierminister Boris Johnson forderte im Mai, der Luftfahrtsektor müsse "die Emissionen wie auch jeder andere Sektor die Emissionen niedriger halten, wenn die Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnt." Konkrete Vorschläge, wie dies gelingen kann, hat er bisher allerdings noch nicht vorgelegt.

Auf europäischer Ebene ringen Volksvertreter um den "Green Deal", der die europäische Wirtschaft grüner und stärker aus der Krise hervorgehen lassen soll. "Wir wollen sicher gehen, dass wir mit unserem Aufbauplan Arbeitsplätze sichern und gleichzeitig den Übergang zur Nachhaltigkeit schaffen", sagte der geschäftsführende Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans. 

"Es gibt keinen Widerspruch zwischen der Notwendigkeit der wirtschaftlichen Erholung und darin, dies im Einklang mit dem Green Deal zu tun."

Gleichzeitig unterstützt die EU-Kommission allerdings eine Initiative, die vorsieht, 2020 als Basis für Emissionsberechnungen im Rahmen des Corsia-Abkommens zu streichen und dafür nur 2019 als Ausgangsbasis heranzuziehen. 

Ab 2021 sollen Airlines im Rahmen des Corsia-Programms Klimaschutzprojekte unterstützen, um Emissionen auszugleichen, die über dem vorgegebenen Richtwert liegen. Airline-Chefs führen an, dass die Emissions-Berechnungsgrundlage durch die nun eingebrochene Nachfrage verzerrt wird – und fürchten die Kosten durch die Kompensation.

Dennoch: insbesondere Regierungen zeigen im Zuge der Covid-19-Krise den Willen, Transport- und Luftfahrtsektor in nachhaltigere Bahnen zu lenken. Ein Problem, das sie dabei schon vor der Krise hatten, haben sie bisher nicht in den Griff bekommen.

Statt gemeinsam den direktesten Weg hin zum Ziel zu wählen, sucht sich jeder seine eigene Route. Heraus kommt ein Flickenteppich, der aussieht wie der europäische Luftraum. Eine Einigung, diesen einheitlich zu organisieren und dadurch Emissionen einzusparen, steht seit über zehn Jahren aus.
© aero.de | Abb.: Regierung von Österreich | 10.06.2020 11:57

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Beitrag vom 11.06.2020 - 20:23 Uhr

Wer von Staatsmedien fantasiert, hat den Blick auf die Realität leider verloren... und wünscht sich wahrscheinlich einfache Antworten in einer komplizierten Welt. Und dann ist es einfach, anderen einen weich gespülten Sachverstand zu unterstellen. Ich habe mal gelernt, das Schwierigste im Leben ist, immer weiter zu denken, immer weiter zu fragen .... und zu lernen, dass es keine einfache Antworten gibt. Und noch ein Tipp: bereits 1972 hat der Club of Rome (ein Zusammenschluss völlig unbedeutender und sicher korrumpierter Wissenschaftler in seinem Bericht "Grenzen des Wachstums" vieles vorweg genommen, was uns heute trifft. Blöd, dass seriöse Forschung so oft recht hat..

Waren das die, die behauptet haben, 1992 geht das Öl aus...und die Vorräte an Aluminium, Kupfer usw. sind auch aufgebraucht.
Gut dass das anscheinend Wissenschaft doch sehr flexibel ist...vorallem was die Zukunft betrifft.
Beitrag vom 11.06.2020 - 18:52 Uhr
Kann mir jemand erklären, was die Erhöhung von Steuern auf Flüge mit Umweltschutz uind Verhinderung von Sozialdumping zu tun hat?

Nope. Diese Kausalität sehe ich auch nicht.
Immerhin trifft eine pauschale Umweltsteuer die LC-Airlines prozentual am stärksten.
Aber ein "in die Schranken weisen" der Konkurrenz der AUA scheint -etwas- übertrieben.
Beitrag vom 11.06.2020 - 11:14 Uhr
>die Regierung schreibt sich damit eine Vorreiterrolle gegen Sozialdumping und für Umweltschutz zu.

Kann mir jemand erklären, was die Erhöhung von Steuern auf Flüge mit Umweltschutz uind Verhinderung von Sozialdumping zu tun hat? Ist denn definiert, dass die Mehreinnahmen durch Steuern zwingend in Umweltschutz und unterbezhalte Mitarbeiter der Flugbranche aufgewendet werden? Oder könnte es am Ende doch eher so sein, dass nun Preisdumping eben nicht mehr bei 10€ beginnt, sondern eben bei 40€, die Differenz verschwindet im Staatssäckel und die Arbeitsbedingungen bleiben so wie sie sind? Ich habe bisher keine Nachrichten finden können in denen Lauda oder Wizz das neue Gesetz begrüßen und die Tarifvertrag für Angestellt nun freiwillig deutlich über Mindestgehalt erhöhen. Vielleicht habe ich es allerdings nur nicht finden können...


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