Luftverkehr
Älter als 7 Tage

Branche sieht in neuer Quarantänepflicht bitteren Rückschritt

Hinweisschilder am Frankfurter Flughafen
Hinweisschilder am Frankfurter Flughafen, © Flughafen Frankfurt

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BERLIN - Die Luftverkehrswirtschaft fürchtet herbe Einschnitte, falls Rückkehrer aus Risikogebieten vor einem Test mindestens fünf Tage in Quarantäne müssen. Eine pauschale Quarantänepflicht nach dem Besuch von Risikogebieten sei de facto eine Reisebeschränkung, erklärte der Präsident des Branchenverbandes BDL, Peter Gerber.

"Damit werden erneut rund 80 Prozent der Flugziele im Luftverkehr mit Deutschland blockiert." Das sei ein "bitterer Rückschritt".

Die verpflichtenden Covid-19-Tests hätten im Juli den Luftverkehr zu vielen Zielen überhaupt erst ermöglicht, erklärte der Lufthansa-Manager. Es sei ein "alarmierendes Zeichen", dass die Testkapazitäten von den Behörden nicht hinreichend ausgebaut worden seien.

Eine pauschale Quarantänepflicht sei nicht nur unverhältnismäßig, sondern obendrein auch schwerer zu kontrollieren als eine Testpflicht. Ein Rückbau der gerade erst aufgebauten Testinfrastruktur sei der falsche Weg.

Am Montagabend hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen, dass es kostenlose Corona-Tests für Urlauber bei der Einreise nach Deutschland nach Ende der Sommerreisesaison nicht mehr geben soll.

Außerdem soll die erst kürzlich eingeführte Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten wieder abgeschafft werden. Für solche Reisenden soll wieder ausschließlich die Quarantäneregelung gelten.

Das heißt: Die Betroffenen müssen sich wie bisher beim Gesundheitsamt melden und sich in Quarantäne begeben. Diese soll im Unterschied zur jetzigen Regelung erst dann verlassen werden dürfen, wenn ein frühestens fünf Tage nach der Einreise gemachter Test ein negatives Ergebnis nachweist.

Die Luftverkehrswirtschaft hatte es im Juli begrüßt, dass der Bund und die Länder die Möglichkeit geschaffen haben, die Quarantänepflicht bei der Rückkehr aus Risikogebieten durch einen negativen Covid-19-Test zu ersetzen.

Die Teststrategie sei ein wichtiges Signal für die Menschen gewesen, die ihre Freunde und Verwandten in Europa über lange Zeit nicht besuchen konnten, und für Millionen von Arbeitsplätzen im Tourismus, gerade in den südeuropäischen Ländern.

Auch viele geschäftliche Reisen, etwa von Menschen auf Montage im Ausland, wurden durch diesen Schritt überhaupt erst wieder möglich.

Die nun von den Gesundheitsministern vorgesehene Kehrtwende fällt nun nach Lesart des BDL noch hinter das ursprüngliche Regime zurück, da der Vorschlag für jeden Reiserückkehrer aus Risikoländern nun eine Quarantänepflicht von fünf bis sieben Tagen bedeutet.

"Eine pauschale Quarantänepflicht ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern lässt sich obendrein auch schwerer kontrollieren als eine Testpflicht. Stattdessen sollte die Politik nun Wege gehen, die vorhandene Testkapazität effizienter einzusetzen."

"Ein Rückbau der Testinfrastruktur wäre der falsche Weg"

Der BDL schlägt daher vor, nicht ganze Staaten undifferenziert als Risikogebiet auszuweisen, sondern noch stärker nach Regionen zu differenzieren. So wie das jetzt bei vielen europäischen Regionen schon gehandhabt wird, sollte es demnach zunehmend auch in Drittstaaten praktiziert werden.

Ein differenzierter und risikobasierter Ansatz würde es laut BDL ermöglichen, die Testkapazitäten effizienter einzusetzen und die Zahl der notwendigen Tests zu reduzieren.

Der BDL appelliert an die Bundesländer, die aufgebaute und etablierte Testinfrastruktur an den Flughäfen zu erhalten, die nicht nur von Flugreisenden sondern auch anderen genutzt werden können. Dies ist ein wichtiger Bestandteil für den Erhalt der Gesamttestkapazitäten.

"Nachdem nun die Testinfrastruktur an den Flughäfen erfolgreich aufgebaut wurde, wäre eine Beendigung der Tests und ein Rückbau der Testinfrastruktur der völlig falsche Weg", so BDL-Präsident Gerber.
© aero.de, dpa | Abb.: Flughafen Nürnberg | 25.08.2020 11:53

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Beitrag vom 27.08.2020 - 10:35 Uhr
Wenn es nicht unbedingt sein muss, erst gar nicht in ein Risikogebiet fliegen.

Guter Ansatz, idealerweise gar nicht reisen und das Ganze mal aussitzen. Ich reise und fliege selber extrem gerne, neue Kulturen, neue Länder entdecken. Aber das Anspruchsdenken ist schon echt hart wenn die Menschen nicht mal für einen Sommer oder ein Jahr auf eine Urlaubsflugreise verzichten können/wollen.

Ich hatte 7 Tage vorgeschlagen weil ein befreundeter Pneumologe mir sagte, dass nach bestem, aktuellem Wissensstand, Covid-19 7 Tage nach der Ansteckung durch einen Test nachgewiesen werden kann.
Persönlich bin ich der Meinung, dass jeder, der unbedingt auf seinen Sommerurlaub besteht, dann auch mit 14 Tagen Quarantäne danach klarkommen muss (hatte ich auch schon nach Rückreise aus der Schweiz während unseres soften "Lockdowns", war kein Problem). Egal ob Risikogebiet oder nicht. Es geht um Menschenleben, da verfährt man in der Luftfahrt nach dem Motto: "Better safe than sorry". Warum nicht auch im Pandemiefall?


(Und nein, der Vergleich zur Luftfahrt hinkt nicht, da bleibt ein Flieger auch am Boden und löst ggf. teure EU-Entschädigungszahlungen aus, auch wenn nur ein Indicator-Light nicht richtig funktioniert. Da leidet eine Airline genauso drunter wie die Volkswirtschaft unter Corona-Maßnahmen).

Dieser Beitrag wurde am 27.08.2020 10:39 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 26.08.2020 - 13:43 Uhr
Ich finde nach einem Langstreckenflug sollten alle (Passagiere und Crew) 14 Tage im Flugzeug verbringen und jeden Tag drei bis zwölf mal getestet werden. Sicher ist sicher.

Der war gut, witzig, spritzig humorvoll und dazu noch intelligent. Selten so gelacht, 3 Eimer voll, den Rest in Tüten wie wir als Kinder gesagt haben. Für die Heute show reicht der auch.
Beitrag vom 25.08.2020 - 23:27 Uhr
@Nicci72:_ Stimme vielem in diesem Post zu.

Die Politik sollte darauf zumindest Antworten geben - können, sonst wird sie mit einer gewissen Unvermeidbarkeit massiv Vertrauen der Bevölkerung verspielen. Captain Joe´s Standardspruch reicht hier nicht mehr aus: Good Pilots are always learning - wenn man hinten in der Kabine den Eindruck gewinnt, gewinnen muss, dass die da vorne im Cockpit die Situation nicht im Griff haben und überfordert sind.

Auch hier. Klar sind "die da vorne" überfordert. Wäre jeder an deren Stelle.

Und wer - um im Bild zu bleiben - im Cockpit würde, vor die Wahl gestellt, langsamer zu fliegen oder Passagiere über Bord zu werfen, sich nicht für den langsame Flug entscheiden, in der Hoffnung dass alle lebend ankommen?

Die Alternative zu Maßnahmen, die die Sicherheit trotz Reise zumindest halbwegs wieder herstellen, führen entweder in den wirtschaftlichen Lockdown für alle wie im März (ja, richtig, es war kein vollständiger, aber mir und vielen Firmen hat es gereicht) oder zu einem ungebremsten Corona-Ausbruch mit vielen Toten und vielen mit Langzeitschäden, die sich aktuell erst so nach und nach rausstellen.

Beide Alternativen wollte ich "da vorne" auch nicht verantworten.
Ein Test nach 5 Tagen ist ein Kompromiss zwischen Sicherheit und Kosten. Obe er ausreicht, muss man sehen.
Und ja, die Reise-Branche hat dabei die besondere A-Karte.

Dafür wurde sie auch bisher großzügiger mit Hilfen bedacht als der Rest.

Ja, das Vorgehen unserer Regierung kann man sicher kritisieren, aber wie würden Sie entscheiden?
Welcher Weg wäre besser?

Dieser Beitrag wurde am 25.08.2020 23:31 Uhr bearbeitet.


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