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Rechnungshofpräsident: Erfurter Flughafen notfalls stilllegen

Flughafen Erfurt-Weimar
Eingangsbereich des Flughafens Erfurt-Weimar, © Thüringer Finanzministerium

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RUDOLSTADT / ERFURT - Rechnungshofpräsident Sebastian Dette stellt den Flughafen Erfurt infrage. "Das Land kann nicht völlig am Bedarf vorbei jährlich Millionenbeträge als Liquiditätshilfe zahlen - und das mit steigender Tendenz", sagte Dette der Deutschen Presse-Agentur.

Es müsste nach wirtschaftlichen Alternativen zum reinen Charterflugverkehr und damit einer sinnvollen Nutzung des Airports gesucht werden, forderte Thüringens oberster Finanzprüfer.

"Wenn es keine zusätzliche Nutzung gibt, muss man den Flughafen notfalls stilllegen", sagte Dette. Dann plädiere er für ein "Ende mit Schrecken statt einem finanziellen Schrecken ohne Ende."

Den täglichen Zuschussbedarf des Landes für Thüringens einzigen internationalen Airport bezifferte Dette auf etwa 40 000 Euro. Grund sei, dass der Flughafen überdimensioniert und nicht bedarfsgerecht ausgebaut worden sei.

Derzeit gibt es wöchentlich nur einzelne Flüge von Erfurt in Urlaubsregionen, darunter nach Bulgarien, etwas Frachtverkehr sowie Besichtigungstouren für Besucher. Zudem ist Erfurt, dem Fachleute eine gute technische Infrastruktur bescheinigen, einer der größten deutschen Parkplätze für Flugzeuge, die am Boden bleiben müssen.

Bereits 2019 hatte der Airport unter der Insolvenz der Fluggesellschaft Germania gelitten, die den Großteil des Verkehrs bestritt. 2018 waren mit Germania knapp 186 000 Passagiere ab Erfurt geflogen - bei insgesamt etwa 263 000 Fluggästen in der Thüringer Landeshauptstadt.

Mit einem deutlichen Anstieg der Passagierzahlen sei wegen der Corona-Krise, aber auch wegen des gestiegenen Umweltbewusstseins vieler Menschen nicht zu rechnen, sagte Dette. Zudem gebe es Alternativen zu einem Abflug in Erfurt. Der Flughafen Leipzig beispielsweise sei mit dem ICE in etwa 40 Minuten von Erfurt aus erreichbar.

Dette zufolge hat der Rechnungshof in den vergangenen Jahren immer wieder auf aus seiner Sicht Fehlentwicklungen beim Ausbau des Flughafens in der Landeshauptstadt hingewiesen. Konzepte hätten auf zu optimistischen Prognosen basiert - in den 1990er Jahren sei man sogar von bis zu einer Million Passagieren jährlich ausgegangen. "Gerade teure Infrastruktur muss bedarfsgerecht geplant werden", sagte der Rechnungshofpräsident.

Letztlich habe der Flughaufen-Ausbau einen dreistelligen Millionen-Betrag gekostet. Dette sprach von einem Prestigeobjekt. Er bezeichnete es als "überholte Kirchturmpolitik, dass jedes Bundesland seinen eigenen Flughafen hat". Hauptgesellschafter der Flughafen GmbH ist das Land Thüringen, die Stadt Erfurt hält einen kleinen Anteil.

Vor einigen Tagen hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Schließung einer Reihe von Regionalflughäfen gefordert, darunter auch die des Erfurters. Das hatte zu einer kontroversen Debatte geführt. Auch die Thüringer Grünen können sich eine Schließung vorstellen, die Oppositionsfraktionen CDU und AfD halten dagegen an dem Airport fest.

Nach früheren Angaben des Verkehrsministeriums hängen etwa 2300 Arbeitsplätze direkt oder indirekt am Flughafen.
© dpa | 23.08.2020 08:09

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Beitrag vom 24.08.2020 - 11:41 Uhr
Man sollte ein nationales Flughafenkonzept entwickeln, völlig unrentable Flughäfen schließen wie z.B. auch der von den selbsternannten Leuchturmpolitikern Hessens gebaute Flughafen Kassel-Calden mit nur 120000 PAX pro Jahr ein Millionengrab, dafür bestehende Regionalflughäfen mit ausreichendem Charter-Tourismus stärken, in dem man den Low-Cost Sektor von den großen HUBS auf diese Regionalflughäfen verlagert. Bestes Beispiel wäre hier, alle Low-Cost Carrier in Frankfurt verbieten und nach Hahn, verlagern.
Ökologisch wäre das auch sinnvoll, denn man könnte unnötige Ausbauten z.B. Waldrodungen am Frankfurter Flughafen stoppen, die vorhandenen Kapazitäten würden für den wichtigen interkontinentalen Umsteigeverkehr völlig ausreichen und die Schadstoffbelastung und Lärmbelastung wären deutlich geringer.
Im Prinzip müsste man in einem nationalen Flughafenkonzept für die verschiedenen Ballungsregionen entsprechend Regionalflughäfen für LCC ausweisen und mit einer entsprechenden Gesetzesänderung den Betrieb von LCC an den großen HUBs verbieten oder extrem verteuern.
Auch Gesamtgesellschaftlich hätte das große Vorteile, weil in den Regionen außerhalb der schon überbevölkerten Ballungszentren attraktive Arbeitsplätze entstehen und oder gesichert werden.
Die Politiker reden zwar gerne über die Stärkung des ländlichen Raumes, am Beispiel Frankfurter Flughafen sieht man aber, wie vorsätzlich Arbeitsplätze am Hahn abgebaut und nach Frankfurt verlagert werden mit freundlicher Unterstützung der hessischen Landesregierung.
Beitrag vom 23.08.2020 - 15:53 Uhr
Also 40.000 Euro Zuschuss pro Tag ist schon ne Hausnummer. In nem Monat (30 Tage) also 1,2 Mio, womit der Monatslohn der 2300 abhängig Angestellten rechnerisch mit 520 Euro im Monat bezuschusst wird.

Also bei aller Liebe zur Fliegerei, aber das ist zu viel.

Bayern subventioniert demnächst schnelle Nahverkehrszüge über die Neubaustrecke ab Nürnberg, um Coburg öfters bedienen zu können. Geplante Endstation bisher: Erfurt. Diese Züge könnte man problemlos zum Flughafen LEJ verlängern, die Neubaustreckenzulassung hätten sie ja schon.

Eigentlich ziemlich witzig: MUC hätte gerne nen ICE-Bahnhof - von ner schnellen Neubaustrecke träumen die dort nicht einmal - LEJ hat sogar beides, Bahnhof samt Schnellfahrstrecke, aber dort hält kein ICE.

Für den Flughafen Erfurt findet man sicher nen Ersatz. Wenn der harte Brexit kommt, schaut sich Airbus womöglich nach neuen Standorten als Ersatz für die Werke in UK um. Oder irgendwas mit Wasserstoff, ist doch gerade hipp ;)

Dieser Beitrag wurde am 23.08.2020 15:55 Uhr bearbeitet.


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