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Konstrukteur Jürgen Thomas: "Die A380 kam zu spät"

Airbus A380
Airbus A380, © Airbus

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MÜNCHEN - Jürgen Thomas gilt als "Vater der A380". Airbus wollte das Flugzeug besonders zukunftssicher bauen. "Ich glaube, dass die A380 zu spät kam", blickt der heute 83jährige frühere Airbus-Ingenieur in einem Interview mit aero.de und planeTALK, dem Luftfahrt-Podcast von PilotsEYE.tv, zurück.

"Das ganz große Geschäft für die ganz großen Flugzeuge war vorher", sagte Thomas im Interview mit aero.de-Autor Andreas Spaeth, der in dem Podcast über sein Treffen mit Jürgen Thomas spricht und Ausschnitte daraus vorstellt.

Ursprünglich hatte Airbus die A380 bereits im Jahr 2005 im Liniendienst haben wollen, erst ab 2008 wurde sie schließlich von mehreren Fluggesellschaften eingesetzt. "Es hat den Airlines überhaupt nicht gefallen, dass das Programm mehrfach verschoben werden musste, die wollten das Flugzeug sofort haben"; so Jürgen Thomas.

Bei der A380 wollte Airbus "Fehler vermeiden, die wir in der Vergangenheit bei Flugzeugen gemacht haben", sagte Thomas. Große Tragflächen und über das Abfluggewicht der A380-800 hinaus belastbare Fahrwerke sollten späteren Konstrukteuren die Entwicklung einer A380-900, einer Frachtversion und eines Umbaufrachters erleichtern.

Die Schlüsselfigur in der A380-Geschichte, nach dem im Airbus-Werk Hamburg-Finkenwerder das Auslieferungszentrum benannt ist, räumt in dem Podcast überraschenderweise ein, selbst nur einmal überhaupt auf einem A380-Linienflug an Bord gewesen zu sein, nachdem er zuvor bei Flugerprobung und Demonstrationsflügen häufig dabei war.

planeTALK Folge 5, © planeTALK

"Passagiere und Crews lieben die A380 bis heute, das ist ein Zeichen dafür, dass wir vieles richtig gemacht haben. Ich genieße es, wenn mich viele Leute drauf ansprechen und so begeistert sind", berichtet Thomas. Und er wehrt sich gegen das Image, die A380 sei kommerziell ein Flop gewesen.

Vergleich mit Concorde

"Seit dem Erstflug sind 15 Jahre vergangen und es sind über 240 Flugzeuge ausgeliefert worden, so katastrophal würde ich das nicht einschätzen", so der Kopf hinter dem Design des Airbus-Riesen.

"Ich vergleiche das immer mit der Concorde - auch wenn nur 15 im Liniendienst standen, bedeuteten sie einen riesigen technologischen Fortschritt."

Er habe auch nach dem Antreten des Ruhestands versucht, den damaligen Airbus-Chef Tom Enders zu bestärken, die A380-Produktion weiterzuführen. Dass das Aus dann trotzdem 2019 verkündet wurde und die Produktion 2021 endet frustriert Thomas. "Natürlich hätte ich mir bei meiner Vergangenheit gewünscht, dass Airbus das länger durchgestanden hätte", sagte Jürgen Thomas.

Dass insbesondere Rolls Royce sich geweigert habe, neue Triebwerke zu entwickeln, hätte nicht das letzte Wort sein dürfen. "Wenn man zur Vordertür rausgeht muss man eben durch die Hintertür wieder reingehen", erklärte Thomas in dem Podcast von PilotsEYE.tv.
© aero.de, planeTALK (Andreas Spaeth) | Abb.: Airbus | 19.10.2020 11:10

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Beitrag vom 20.10.2020 - 05:56 Uhr
Das Interview ist sehr spannend, aber halt zu wenig kritisch.

Denn letztendlich ist das Problem, das die A380 nicht so effzient ist wie sie es hätte sein müssen. Wenn dann der Chefingenieur im Prinzip so redet:
Dann war es zu laut, also mussten wir was machen, hat uns nochmal 0,9% Effizienz gekostet -
dann weisst du was los war.

Vlt. hätte man den Frachter bringen sollen. Dann wäre die B748 sofort am Ende gewesen.
Aber klar, wenn man beim Triebwerk 12% schlechter ist,
dann 1% wegen Lärmschutz verliert,
dann 1% für die Auslegung auf den Frachter,
dann 1% für die Auslegung auf die 900,
Dann bist du 15% schlechter.

Dazu der Flügel - da gibt es die Aussage das der Flügel aufgrund der 80m Box einiges an Effzienz verliert, weil er eigentlich eine deutlich höhere Spannweite brauchen würde um effizient zu sein.


Das gibt das Gesamtbild A380:
- zu spät
- zu gross um ihn dauerhaft zu füllen
- zu wenig effzient um es zu rechtfertigen ihn trotzdem zu betreiben

Und was Airbus nie kapiert hat: Skalenfaktoren arbeiten auch gegen dich - die Sitze 300 bis 500 bringen nicht den selben yield wie die sitze 0-300 im Angebot.
Da fliegst du lieber 2x Mal mit der B789 am Tag, falls die Destination das her gibt.

Man sieht ja an der B747, durch was die ersetzt wurde: Massenhaft A330, B767/B787 und B777 fliegen die Transatlantic Routen.


Man hätte entweder sofort auf das B787 Triebwerk gehen müssen, oder dann sobald klar war das es verfügbar ist. Das wäre die einzige Chance gewesen.

Wenn man es aber insgesamt anschaut, ist es für Airbus gut gelaufen: Statt den A380 weiter zu entwickeln - ein Totes Pferd? - hat man den A350 XWB gebracht, den A320neo, und den A330neo.
Produktseitig ist man nach dem A380 aus wesentlich besser aufgestellt als Boeing.
Beitrag vom 20.10.2020 - 05:40 Uhr
Selbstverständlich geht man auch als Laie ehrfürchtig davon aus, dass ein Jettriebwerk eine unendlich komplizierte Maschine ist mit horrenden Entwicklungskosten.

Aber dass es weltweit genau einen Hersteller geben soll, der sich zutraut für eine A380 (neo) ein Triebwerk zu bauen, in Zeiten von fertig verfügbaren Lösungen für andere große Muster wie 748i, 777X und A350, verwundert schon etwas.

Ein Triebwerk ist sau komplex und ein einziger Kompromiss.
Es ging eher um das finanzielle Risiko.

Man sah einfach, das die Airlines keine Quads mehr wollten und v.a. keine riesige Kappazität- die Slots haben sich scheinbar erhöht sodass man es nicht mehr braucht, sondern lieber 2x Mal am Tag mit B787 A350 etc. fliegt.
Beitrag vom 19.10.2020 - 22:31 Uhr
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Airbus wirklich hinters Licht geführt wurde. Das klingt mir zu stark nach verletztem Stolz von Herrn Leahy. Herr Thomas hat es selber gesagt: es gibt kein Triebwerk in dieser Schubklasse. Die Triebwerke für die 787 und auch für die 747-8 sind deutlich (!) schwächer als die für den A380. Wir reden hier von 66.000lbf für die 747-8 (Genx) vs. 74-80.000lbf für die A380. Ob das für die A380, die ja über 100t schwerer als die 747-8 ist, gereicht hätte, kann ich mir nicht vorstellen. Da hätte GE noch deutlich mehr drauflegen müssen, damit das Sinn macht und ob das geht? Keine Ahnung.

Siehe oben, die 787 Triebwerke passen eigentlich. Falls man mehr Leistung benötigte, dann hätte man halt das TrentXWB des A350 nehmen können.


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