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Allzu großes Aufheben will die 47 Jahre alte Wirtschaftsingenieurin davon nicht machen, ist aber auf der anderen Seite zufrieden, wenn ihre Karriere andere Frauen inspiriert. Zum 1. März übernimmt die bisherige Vertriebschefin die Leitung der in Pandemie-Zeiten so erfolgreichen Frachttochter Lufthansa Cargo mit weltweit rund 4.500 Mitarbeitern.
"Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass eine Frau eine solche Position bekleidet, aber wenn man sich so umschaut, ist es das natürlich nicht", sagt die Managerin. Einzige Vorgängerin im Unternehmen ist Christina Foerster, die vor ihrem Sprung in den Konzernvorstand knapp zwei Jahre lang die belgische Tochter Brussels Airlines geleitet hat.
Eine knallharte Verfechterin einer Frauen-Quote für Führungspositionen ist die neue Cargo-Chefin nicht. "Unternehmen müssen aber unterschiedliche Führungsstile zulassen und Frauen gezielt fördern, um althergebrachte Benachteiligungen auszugleichen." Zum Beispiel werde Durchsetzungsvermögen häufig mit männlich-dominanten Verhaltensweisen gleichgesetzt. "Ich kann die Dinge aber auch regeln, ohne auf den Tisch zu hauen oder laut zu werden", sagt die pragmatische Managerin.
Sie selbst habe auch in größeren Runden "immer ihre Meinung eingebracht" und gleichzeitig zu den richtigen Zeitpunkten passende Coachings erhalten. Von Boxberg sieht aber auch den weiblichen Führungsnachwuchs gefordert. "Die jungen Talente müssen sich auch zeigen." Grundsätzlich gebe es bei den internen Stellenausschreibungen weniger weibliche Bewerber als männliche, auch weil Frauen die eigenen Fähigkeiten zu kritisch bewerteten.
Zur Luftfahrt ist die studierte Wirtschaftsingenieurin auf Umwegen gekommen. Nach sechs Jahren Beratertätigkeit bei Boston Consulting in Stuttgart wechselte sie 2005 zum Airline-Bündnis Star Alliance nach Frankfurt und zwei Jahre später zum Platzhirsch Lufthansa.
Bei der Frachttochter Lufthansa Cargo arbeitet Dorothea von Boxberg seit 2015 und übernimmt das Unternehmen nun in bewegten Pandemie-Zeiten. In der von Corona tiefrot gefärbten Konzernbilanz glänzte die Cargo nach dem dritten Quartal 2020 einsam mit einem operativen Gewinn (bereinigtes EBIT) von 446 Millionen Euro. Neue Zahlen will der Konzern am kommenden Donnerstag (4. März) berichten.
Konflikt mit Piloten
Das Geschäft mit der Luftfracht lohnt sich momentan mehr denn je: Frachträume sind eben ein knappes und teures Gut, wenn Tausende Passagierflüge mit ihren Beilademöglichkeiten abgesagt werden müssen. Der zunächst langsam angelaufene Transport von Corona-Impfstoffen ist dabei nur eine Facette, die mengenmäßig kaum ins Gewicht fällt.
Auch in der aktuellen Lage helfen die Beiladungen, dass sich die wenigen Interkontinentalflüge mit Passagiermaschinen überhaupt rechnen. Rückgrat der LH Cargo mit rund 300 Destinationen weltweit ist aber die grundsanierte Frachterflotte mit neun hoch-effizienten Boeing 777-Jets. Die vier noch vorhandenen MD-11 sollen im Laufe des Jahres ausrangiert werden.
Von Boxbergs Vorgänger Peter Gerber hinterlässt der Managerin einen unglösten Konflikt mit den Cargopiloten - die Flottenreduktion bedroht gut tarifierte Arbeitsplätze, neue 777F lenkt Lufthansa in das Joint Venture Aerologic. Die Piloten pochen auf eine Flottenzusage, die zehn 777F bei Lufthansa Cargo vorsah.
Als zentrale Aufgabe sieht von Boxberg die weitere Digitalisierung der Frachtprozesse vor sich. Zu viel wertvolle Zeit gehe verloren, weil die beteiligten Partner erst mit Eintreffen der transportierten Güter die zugehörigen Daten erhalten.
Außerdem steht der erst kürzlich von Konzern-Aufsichtsrat gebilligte Komplett-Umbau des Frankfurter Cargo-Centers an, über das rund 80 Prozent der Lufthansa-Fracht umgeschlagen werden. Planungen für einen 1,3 Milliarden Euro teuren Neubau hatte Lufthansa im Jahr 2016 gestoppt.
© dpa-AFX | Abb.: Lufthansa | 27.02.2021 07:52
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