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Zwar poltert Joe Biden nicht so laut wie sein Vorgänger, Entschlossenheit ist ihm in seinem Diskurs dennoch zuzutrauen.
So teilte er dem chinesischen Staatschef Xi Jinping gleich im ersten Telefonat nach seiner Amtseinführung seine "grundlegenden Sorgen über Pekings unfaire wirtschaftliche Praktiken, die Repressionen in Hongkong, Menschenrechtsverletzungen in Chinas nordwestlicher Region Xinjiang und zunehmend herausfordernde Aktionen in der Region, einschließlich gegenüber Taiwan" mit, wie die "Deutsche Welle" zitiert.
Ein Alptraum für Dave Calhoun, der den chinesischen Markt dringend braucht, um sein Unternehmen aus der 737 MAX- und der Coronamisere zu manövrieren. Den dortigen Staatschef mit lästigen Menschenrechtsfragen verärgern? Für Calhoun denkbar der falsche Zeitpunkt.
Zumal Peking bereits die Muskeln spielen lässt und der Luftsicherheitsbehörde reichlich Zeit einräumt, die 737 MAX wieder zuzulassen - in Europa und den USA fliegt sie schon.
"Ich hoffe, dass wir Urheberrecht, Menschenrechte und andere Dinge vom Handel trennen und weiterhin ein Umfeld des freien Handels zwischen diesen beiden Giganten fördern können", sagte Calhoun auch prompt vor der US-Handelskammer. "Wir können es uns nicht leisten, aus diesem Markt zu fliegen. Unser Wettbewerber wird die Lücke sofort füllen."
Sowohl Boeing als auch Airbus setzen rund ein Viertel ihrer zivilen Jets in China ab. Im Handel mit China ist es Usus, dass der Zuschlag für Aufträge in die Richtung desjenigen geht, der sich aus Pekings Politik heraushält - und die Führungsriege nicht mit Störfeuer aus der Charta der Menschenrechte belästigt.
Was Calhoun übersieht: auch der Ton zwischen Europa und China wird rauer, der Block ist wie die USA ebenfalls bestrebt, sich im weltpolitischen Gefüge neu zu positionieren. Da böte es sich für die Regierungen eigentlich an, an einem Strang zu ziehen - und für CEOs wie Dave Calhoun, sich mit politischen und ethischen Kommentaren zurückzuhalten.
Was sowohl Calhoun als auch Airbus-Chef Guillaume Faury zudem auf dem Schirm haben dürften, ist eine mögliche Kooperation zwischen der chinesischen COMAC und der brasilianischen Embraer.
Wird sie real, werden die Karten auf dem chinesischen Markt ohnehin noch einmal neu gemischt. Der Absatz von Jets in der Größenordnung zwischen dem A220 und der Boeing 737 MAX wird dann um Einiges erschwert.
Macht Joe Biden Ernst mit seiner Ankündigung, China im Wettlauf um die Vormachtstellung in der Weltpolitik und im Welthandel überholen zu wollen, wird die Entscheidung über Aufträge in Zukunft auch wieder mit sogenannten weichen Faktoren verknüpft werden. Da könnte es durchaus ein Vorteil sein, wenn ein Unternehmen sich zu Themen wie "Menschenrechten" klar positioniert.
© aero.de | Abb.: Boeing, aero.de (boa, Montage) | 05.04.2021 08:45
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