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Air India zapft Staat um Hunderte Millionen Euro an

Air India Boeing 787 Dreamliner
Air India Boeing 787 Dreamliner, © Ingo Lang

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DELHI - Ein Privatisierungsanlauf ist Ende Mai jäh gescheitert. Daher hält sich Air India nun an die Regierung: die Airline benötigt eine weitere Finanzspritze, um Gehälter ihrer Mitarbeiter auszuzahlen. Nach dem Verkaufsdebakel zieht Indien inzwischen einen vollständigen Rückzug aus der Fluglinie in Betracht.

27.000 Beschäftigte von Air India kennen das Spiel: zuletzt ließ sich die Airline mit der Auszahlung der Gehälter Zeit und auch für Mai floss noch kein Lohn auf die Konten. Nachdem die indische Regierung - in Vorgriff auf eine erfolgreiche Privatisierung - Zahlungen einfror, wird bei Air India das Geld knapp.

"Wir haben bei der Regierung eine Kapitalzufuhr in die Airline beantragt (...), damit wir uns auf die neue Situation einstellen können", stach ein Insider an die "Economic Times" durch. Umgerechnet 250 Millionen Euro soll der Staat zuschießen, bei Banken will sich Air India weitere 125 Millionen Euro borgen.

Indien hätte zwischenzeitlich gerne 76 Prozent der Airline verkauft, doch zum Fristablauf am 31. Mai lagen keine Gebote vor. Käufer hätten zwei Drittel der Airlineschulden - fünf Milliarden US-Dollar - schultern und alle Mitarbeiter mindestens ein Jahr lang zu unveränderten Konditionen weiterbeschäftigen müssen.

Über Air India
Typ Linienfluggesellschaft
Basis Mumbai Int'l
Maschinen 120
Destinationen 94
Routen 214
© Daten bereitgestellt von ch-aviation
"Wir glauben nicht, dass wir die Kapazität haben, den gesamten Flugbetrieb von Air India zu übernehmen und zu einer Erfolgsgeschichte zu machen", winkte IndiGo-Präsident Aditya Gosh schon im April diplomatisch aber entschieden ab.

Billigflieger IndiGo, unangefochtener Marktführer in Indien, galt lange als heißester Kaufkandidat, hatte es in erster Linie aber auf das internationale Geschäft von Air India abgesehen. Air India fliegt 26 Länder an und verfügt an zentralen Drehkreuzen der weltweiten Linienluftfahrt - etwa London-Heathrow und New York - über wertvolle Slots.

Um Rosinenpickerei vorzubeugen, wollte Indien den Flugbetrieb von Air India nur komplett an einen Käufer übergeben. Die relativ junge Flotte umfasst laut Privatisierungsprospekt 104 Flugzeuge, von denen sich allerdings nur drei Boeing 747-400, zwei 787-8 und 27 Flugzeuge der Airbus A320-Familie im Eigentum von Air India befinden.

Komplettverkauf kein Tabuthema mehr


Einen zweiten Anlauf auf eine Privatisierung wird die Regierung Modi voraussichtlich unter geänderten Vorzeichen starten. "Es ist keine harte Voraussetzung, dass der Staat 24 Prozent der Anteile behält - das kann verhandelt werden", öffnete sich Staatssekretär Subhash Chandra Garg für einen Komplettverkauf.

Aktuelle Unternehmensstruktur von Air India
Aktuelle Unternehmensstruktur von Air India, © Air India

Air India steuert in den nächsten zwei Jahren auf Verluste von weiteren zwei Milliarden US-Dollar zu. Nach Einschätzung des CAPA Centre for Aviation schreckte eine mögliche staatliche Einflussnahme bei harten strategischen Entscheidungen und auf das Tagesgeschäft potenzielle Käufer ab.

Air India rinnt das Geld durch die Finger

Indien stellte zeitweise bis zu 500 Millionen Euro pro Jahr bereit, um Air India am Leben zu halten. Eine Vorgängerregierung hatte Air India 2012 eine Kreditlinie von umgerechnet 3,8 Milliarden Euro eingeräumt. Die sollte eigentlich zehn Jahre vorhalten, inzwischen hat Air India jedoch schon 86 Prozent der Mittel abgerufen.

Als weitere Interessenten für Air India galten Singapore Airlines und ein Gespann aus Delta, Air France-KLM und Jet Airways.
© aero.de, Bloomberg News | Abb.: Ingo Lang, Großbild: Airbus | 12.06.2018 16:03

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Beitrag vom 13.06.2018 - 10:06 Uhr
Genau so ein unreformierbarer Laden wie Allitalia nur noch schlimmer dank indischer Bürokratie. Staatliche Unternehmen tun sich ja meist schwer. Man kann die Fehlentwicklungen klar sehen aber die politisch Verantwortlichen scheuen sich notwendige Maßnahmen zu treffen.Weil sie nicht wollen und oft auch nicht können.

Insofern läßt der Zustand von Staatsairlines z.B. in Italien, Indien, Südafrika, Namibia usw. oft auch Rückschlüsse zu wie es um einen Staat insgesamt bestellt ist.
Beitrag vom 12.06.2018 - 20:01 Uhr
Pleite gehen lassen und gut ist. Die Inder sind zum großen Teil noch im Mittelalter und das wird für keinen Investor ein Gewinn!


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