Flug PK8303
Älter als 7 Tage

Absturz ging missglückter Landeversuch voraus

KARATSCHI - Nach dem Absturz eines Airbus A320 in Pakistan verdichten sich Hinweise auf einen Landeversuch ohne Fahrwerk, bei dem beide Triebwerke litten. Das Flugzeug schrammte mit hoher Geschwindigkeit die Asphaltdecke entlang. Airbus hat eigene Experten zur Unfallstelle geschickt.

Karatschi, 22. Mai 2020: Pakistan International Airlines Flug 8303 aus Lahore gehört zu ersten Strecken im Land, die nach der Corona-Zwangspause wieder hochfahren. Doch offenbar gibt es beim Anflug auf Karatschi ein Problem, der Towerlotse mahnt eine Korrektur der Flughöhe an.

"Wir fühlen uns sicher, das können wir schaffen", bestätigt die Crew den ILS-Anflug auf 25L, im Hintergund piept der Masteralarm. Der Towerlotse drängt zum Abbruch, doch die Piloten halten Kurs auf den Flughafen. Schließlich gibt der Fluglotse nach und erteilt Landefreigabe.

Flug PK8303, © TSL

Zu keinem Zeitpunkt weisen die Piloten auf Probleme mit dem Fahrwerk oder eine andere Notlage hin.

Nach Radardaten steuert der Airbus in 1.000 Fuß verbleibender Höhe mit gut 400 Stundenkilometern auf die Landebahn zu - viel zu schnell. Laut Zeugen ist keines der Fahrwerke ausgefahren. Die Pistenschwelle erreicht Flug 8303 mit 375 km/h - um 14.34 Uhr Ortszeit setzt die Maschine auf, die Piloten starten mit 324 km/h durch.

Fataler Triebwerksausfall

Kontaktspuren auf dem Asphalt zeugen vom missglückten Landeversuch. Der Airbus erreicht noch 2.000 Fuß, dann fallen beide Triebwerke aus - die Piloten funkten Mayday. Sekunden später stürzt Flug 8303 über bewohntem Gebiet ab, 97 der 99 Insassen sterben.

PK8303, © TSL

Der Unfallhergang stellt die Ermittler vor Rätsel, denn der Airbus A320 verfügt über Warnsysteme, die Piloten bei Fahrwerksproblemen von einer Landung ohne Notfallcheckliste abhalten sollen. Airbus hat ein eigenes Expertenteam an die Unfallstelle entsandt, um die Ermittlungen zu unterstützen.

"Für mich ist es schwer begreiflich, dass die Flugbesatzung eines Airbus mit all den Warnsystemen versucht, das Flugzeug ohne ausgefahrene Fahrwerke zu landen", sagte John Cox, ein anerkannter Berater für Flugsicherheit, der früher selbst als Pilot einer US-Fluggesellschaft die A320 flog.

Nähere Erkenntnisse zum Unglücksverlauf versprechen sich die Ermittler von der Auswertung der Flugschreiber. Nach dem Flugdatenschreiben wurde am Donnerstag auch der Stimmenrekorder des Flugzeugs aufgefunden und sichergestellt.
© aero.de, Bloomberg News | Abb.: The Aviation Herald | 28.05.2020 09:19

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Beitrag vom 30.05.2020 - 00:42 Uhr
Beim Airbus gibt es ein Sicherheitssystem, das vorm Ausfahren des Fahrwerks schützt sollte die IAS zu hoch sein. Man kann den Fahrwerkshebel zwar auf Down setzen, aber weder öffnen die Türen noch gehen die roten Unlock Signale an. Auch die Wheelpage des SD erscheint nicht.

Lediglich eine ECAM Master Warning würde erscheinen. Etwas besonders ist daran, dass auch nach Unterschreiten der maximalen IAS das Fahrwerk nicht automatisch ausfährt, obwohl der Hebel noch auf DOWN steht. Die Piloten müssen ihn entsprechend ECAM Checkliste recyclen, also einmal auf UP und dann wieder DOWN setzen.

Sonst bleibt das Fahrwerk drin und die Warnungen vom FWC und vom EGPWS verstummen nicht.

Also wäre eine mögliche Ursache, weil sie zu hoch und zu schnell rein kamen ,haben sie Fahrwerkshebel ohne Wirkung betätigt oder haben selbst das nicht mehr geschafft und waren dann in der Fehlerbehebung methodisch zu überlastet um es zu handeln und haben auch noch die Checkliste nicht mehr geschafft. Das wäre mal ein Fall von menschlichen Versagen, wie ich es nie für möglich halten würde. Erst recht nicht bei so erfahrenen Piloten. die Checkliste müsste doch wie Atmen in einer Routine vorhanden sein.

Ich betone auf jeden Fall, dass ich spekuliere und es mir auf keinen Fall um eine Vorverurteilung geht. Ich kann auch gut damit leben, wenn es dann doch eine technische Ursache gibt. Aber aktuell deuten die bekannten Infos auf ein menschliches Versagen hin, was ich unter diesen Bedingungen für sehr unwahrscheinlich befinden würde.
- perfektes Wetter
- wenig Verkehr
- modernes Flugzeug
- sehr erfahrene Piloten
- normaler Standartflug ohne besondere Schwierigkeiten
- viele Möglichkeiten und Zeit alles richtig zu machen oder nochmal nach zu bessern
- wahrscheinlich auch kein Termindruck

Termindruck hatten die Piloten mit Sicherheit nicht. Sie haben sich um 14:25 Uhr Ortszeit beim Lotsen angemeldet, planmäßig landen sollte das Flugzeug um 14:45 Uhr Ortszeit, sie waren also sehr gut in der Zeit und waren wegen Corona auch die einzige Maschine im Landeanflug.

Was @menschmeier hier zur Technik des A 320 ausgeführt hat habe ich aber auch schon mehrfach anderswo im Netz gefunden und es würde ein Szenario nahelegen, das dem ganzen Geschehen etwas von seiner Irrationalität nehmen würde:

- Mit Beginn des Landeanflugs wird der Hebel für das Ausfahren des Fahrwerks routinemäßig auf Down gestellt. Keiner der beiden Piloten denkt in diesem Augenblick daran, dass die Maschine noch viel zu schnell ist und das Fahrwerk also gar nicht ausfahren kann.

- Im weiteren Verlauf des Landeanflugs achtet der First Officer nicht auf die Anzeige, obwohl es als Pilot Monitoring eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre, weil
-- bei dem brachialen Sinkflug der Workload im Cockpit extrem hoch war;
-- der FO ausserdem auch noch den Funkverkehr mit dem Lotsen abwickeln und dabei diesem hörbar Widerstrebenden die Entscheidung seines Kapitäns vermitteln musste, die offerierte Schleife nicht zu fliegen sondern das Flugzeug im direkten Sinkflug auf die Piste zu nageln - er also zusätzlich auch noch den Konfliktmanager spielen musste;
-- der akustische Alarm nicht spezifisch dem Fahrwerk zugeordnet ist; wegen ihres rabiaten Sinkflugs haben die Piloten einen Alarm erwartet und als er ertönte diesen automatisch dem Erwarteten zugeordnet, nicht dem Fahrwerk, weil sie an dieses gar nicht dachten.

- Als es dann beim Aufsetzen schepperte haben die Piloten an das Fahrwerk zunächst noch immer nicht gedacht und im ersten Schreckmoment auch gar nicht realisiert was eigentlich passiert war sondern intuitiv einen Go-Around initiiert.

- Erst als sie wieder in der Luft waren haben sie dann begriffen was eigentlich los war und erst dann das Fahrwerk für die Landung ordnungsgemäss konfiguriert. Die Bilder von den letzten Sekunden des Fluges belegen jedenfalls eindeutig, dass es beim zweiten Landeanflug korrekt ausgefahren war.

Dieses Szenario ist momentan noch eine Hypothese. Sie schließt allerdings alle bisher bekannten Fakten ein und würde dem Geschehenen etwas von seiner Absurdität und Skurrilität nehmen. Sie macht auch deutlich wie wichtig es nach wie vor ist, dass der FDR und hoffentlich auch der CVR ausgelesen werden (können).
Beitrag vom 29.05.2020 - 19:26 Uhr
Beim Airbus gibt es ein Sicherheitssystem, das vorm Ausfahren des Fahrwerks schützt sollte die IAS zu hoch sein. Man kann den Fahrwerkshebel zwar auf Down setzen, aber weder öffnen die Türen noch gehen die roten Unlock Signale an. Auch die Wheelpage des SD erscheint nicht.

Lediglich eine ECAM Master Warning würde erscheinen. Etwas besonders ist daran, dass auch nach Unterschreiten der maximalen IAS das Fahrwerk nicht automatisch ausfährt, obwohl der Hebel noch auf DOWN steht. Die Piloten müssen ihn entsprechend ECAM Checkliste recyclen, also einmal auf UP und dann wieder DOWN setzen.

Sonst bleibt das Fahrwerk drin und die Warnungen vom FWC und vom EGPWS verstummen nicht.

Also wäre eine mögliche Ursache, weil sie zu hoch und zu schnell rein kamen ,haben sie Fahrwerkshebel ohne Wirkung betätigt oder haben selbst das nicht mehr geschafft und waren dann in der Fehlerbehebung methodisch zu überlastet um es zu handeln und haben auch noch die Checkliste nicht mehr geschafft. Das wäre mal ein Fall von menschlichen Versagen, wie ich es nie für möglich halten würde. Erst recht nicht bei so erfahrenen Piloten. die Checkliste müsste doch wie Atmen in einer Routine vorhanden sein.

Ich betone auf jeden Fall, dass ich spekuliere und es mir auf keinen Fall um eine Vorverurteilung geht. Ich kann auch gut damit leben, wenn es dann doch eine technische Ursache gibt. Aber aktuell deuten die bekannten Infos auf ein menschliches Versagen hin, was ich unter diesen Bedingungen für sehr unwahrscheinlich befinden würde.
- perfektes Wetter
- wenig Verkehr
- modernes Flugzeug
- sehr erfahrene Piloten
- normaler Standartflug ohne besondere Schwierigkeiten
- viele Möglichkeiten und Zeit alles richtig zu machen oder nochmal nach zu bessern
- wahrscheinlich auch kein Termindruck
Beitrag vom 29.05.2020 - 18:10 Uhr
Beim Airbus gibt es ein Sicherheitssystem, das vorm Ausfahren des Fahrwerks schützt sollte die IAS zu hoch sein. Man kann den Fahrwerkshebel zwar auf Down setzen, aber weder öffnen die Türen noch gehen die roten Unlock Signale an. Auch die Wheelpage des SD erscheint nicht.

Lediglich eine ECAM Master Warning würde erscheinen. Etwas besonders ist daran, dass auch nach Unterschreiten der maximalen IAS das Fahrwerk nicht automatisch ausfährt, obwohl der Hebel noch auf DOWN steht. Die Piloten müssen ihn entsprechend ECAM Checkliste recyclen, also einmal auf UP und dann wieder DOWN setzen.

Sonst bleibt das Fahrwerk drin und die Warnungen vom FWC und vom EGPWS verstummen nicht.


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