Pratt & Whitney
Älter als 7 Tage

Airbus stoppt Auslieferungen bestimmter A320neo

IndiGo Airbus A320neo
IndiGo Airbus A320neo, © Airbus S.A.S.

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HAMBURG - Airbus verweigert wegen einer neuen sicherheitsrelevanten Schwachstelle die Annahme von Pratt & Whitney Getriebefan-Triebwerken und stoppt Auslieferungen. Die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA hatte am Freitag Triebwerkswechsel an jüngst produzierten A320neo angeordnet.

Wegen Qualitätsproblemen mit einer Nabe des Hochdruckverdichters bestehe an bestimmten A320neo die Gefahr eines beidseitigen Triebwerksausfalls in der Luft, begründete die EASA ihr Einschreiten.

Die dringliche Lufttüchtigkeitsanweisung betrifft 43 ausgelieferte Triebwerke, elf Flugzeuge zogen Betreiber im Nachgang aus dem Verkehr.

An diesen A320neo müssen nun zeitnah Triebwerke ersetzt werden, damit nicht zwei betroffene Motoren am selben Flugzeug installiert sind. Für Flugzeuge mit einem risikobehafteten Antrieb gelten seit Freitag ETOPS-Einschränkungen. IndiGo groundete nach Veröffentlichung der EASA-Anweisung drei A320neo.

Die Product Safety Boards von Airbus und Pratt & Whitney hätten entschieden, "alle neo-Auslieferungen bis aus Weiteres zu unterbrechen", teilte IndiGo ferner mit. Der indische Günstigflieger ist weltweit der größte Betreiber von A320neo mit Pratt & Whitney PW1100G Getriebefan-Triebwerken.

Laut "Reuters" hat Airbus keinen "formellen Lieferstopp" verhängt, inzwischen aber Airlines und Leasingfirmen über Verzögerungen informiert.

Problem-Triebwerk

Das Problem reiht sich in eine Serie von Kinderkrankheiten ein, die Airbus und Betreiber mit dem hochmodernen Antrieb bereits durchstehen mussten. Weitere Triebwerke noch nicht ausgelieferter Flugzeuge seien betroffen, hieß es am Samstag aus dem Airbus-Umfeld. An den Airbus-Werken in Hamburg und Toulouse warteten zuletzt 30 A320neo auf Triebwerke.

Allerdings geriet auch der zweite Triebwerkspartner des Programms - CFM - 2017 mit Lieferungen ins Hintertreffen.
© aero.de, Bloomberg News | Abb.: Airbus | 10.02.2018 22:31

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Beitrag vom 13.02.2018 - 08:46 Uhr
Ich habe diese Frage hier so oder ähnlich, glaube ich schon einmal aufgeworfen:

Die (neu entwickelten) Triebwerke absolvieren tausende von Teststunden. Zuerst die Komponenten. Später das komplette Triebwerk. Zunächst beim Hersteller sowohl am stationären als auch am "fliegenden" Teststand.
Es folgen unzählige Flugstunden an den Prototypen der Flugzeugbauer, teilweise, weil Bestandteil des Zertifizierungsprozesses, unter extremsten Bedingungen.
Mängel treten dann aber erst kurz vor oder nach EIS zutage.

Nun kenne ich das Problem, dass Betriebswirtschaftler und Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, miteinander haben aus eigener Erfahrung. Tut mir leid, aber ich habe nun mal eine naturwissenschaftlich-technisch orientierte Laufbahn eingeschlagen. ;-)

Die Frage, die sich mir stellt, ist: Achtet man in der Serienfertigung weniger auf die Fertigungsqualität als bei den Prototypen? Diesen Eindruck könnte man auf jeden Fall bekommen.

Vielleicht steht irgendwer hier tiefer in der Materie als ich, und kann mir hierzu mehr sagen.

Danke im Voraus!

Hallo Herbert aus Thüringen

Da kann ich erstmal klar sagen: Nein!
In der Serienfertigung wird genauso intensiv auf Sorgfalt und Qualität etc. geachtet, wie beim "Prototypen", wie du es nennst.
Generell wird eine Erstmusterprüfung/First Article Inspection (EMP/FAI) beim ersten gefertigten Serienbauteil durchgeführt. Deshalb meine Anmerkung zu "Prototyp". Wichtig hierbei ist nämlich, dass es tatsächlich das erste "Serienprodukt" ist,also genau auf die Weise gefertigt wurde, wie alle anderen folgenden Bauteile derselben Partnummer (und Variante/Index).
Wir haben es im vorliegenden Fall, zumindest was meine Einschäztung angeht, nicht mit einem Qualitätsproblem zu tun, sonderm einem Design-/Konstruktionsfehler.
Über mir schrieb "menschmeier" ganz richtig von einer "Modifikation", die ab einer bestimmten Seriennummer eingeführt wurde.
Wenn eine Änderung vorgenommen wird, so wird diese zunächst anhand ihres Schweregrades/Einfluss´ klassifiziert, was, je höher man den Einfluss einschätzt, sowohl mit höheren Gebühren für die Behörden und aufwendigeren Testverfahren einhergeht (Zeit (time to market) & Geld).
Unternehmen mit einer Zulassung als Entwicklubgsbetrieb (DOA) (Part 21 Subpart J) können diese Klassifizierung selbst vornehmen und ggf. die Änderung sogar ohne Information an die Behörden konstruieren und samt Flugzeug ausliefern (wenn es zwischendurch noch jemand baut oder bauen lässt), aber der hat dann eine POA, eine Zulassung als Herstellungsbetrieb (Part 21 Subpart G) und liefert dann auch das Flugzeug aus.

Hier kann es z.B. passieren, dass jemand die Klassifiziernug zu niedrig wählt nud entsprechende Tests unterbleiben...alles schon vorgekommen, aber ich kenne keinen Fall mit gravierenden Folgen (>15 Jahre im Zulassungsumfeld tätig).

Wenn wir jetzt noch mehr ins Detail gehen, wird es sehr komplex. So sind die Bauteile selbst auch bereits klassifiziert, Materialien sind bekannt oder neu, sie wurden bereiits in ähnlicher Konstellation verwendet ja oder nein... die identische Änderung an zwei Bauteilen kann also, je nach Verwendungszweck und Bauteilklasse unterschiedlich ausfallen.

Ich hoffe, zwischen meinem WIrrwar findest du ein paar Antworten.

Beste Grüße, 25.1309

PS (meine Bearbeitung): Habe EMP/FAI nicht beschrieben: Eine 100%ige Abprüfung/Verifizierung sämtlicher Konstruktinsmerkmale am Bauteil - also Form, Material, Oberflächenschutz, Gewicht, Position von Bohrungen, Rissprüfung, Zugprobe... bis hin zum Röntgen.
Merkmale, wie beispielsweise die Geometrie gelten ab dann als nicht mehr verändert, weil das Programm für die NC-Maschine nicht mehr geändert wird (natürlich nur, wenn die EMP/FAI prositiv ausfällt). Also wird in der Serie die Geometrieprüfung auf ein Minimum reduziert.
Ich habe mal ein Metalltbauteil als Beispiel genommen, bei Pumpen, Software, Rohren, Schläuchen, Sensoren usw. werden auch EMP/FAI durchgeführt, aber natürlcih mit z.T. anderen Tests.

Hallo 25.1309

Danke für die umfassende Erläuterung!

Meine Frage bezog sich allerdings weniger auf die Probleme, die jetzt durch die Modifikationen hervorgerufen wurden.
Da hatte ich mich wohl missverständlich ausgedrückt.

Ich habe mich mehr darüber gewundert, dass die anfänglichen(?), jetzt behobenen(?) thermischen Probleme nicht in der Zulassungsphase sowohl der Triebwerke selber, als auch der Flieger zutage getreten sind. Zumindest wurde Derartiges, soweit ich weiß, nie kommuniziert.

Gruß, Herbert

Achso, in dem Fall liegt es wohl eher an dem oben von A320Fam erwähnten Manko, dass trotz vieler und teils auch langwieriger Tests nicht alle Eventualitäten und schon gar nicht der wirkliche Alterungsprozess nachgebildet werden können.
Man sieht ja z.B. schöne Bilder von Fluzeugen in Grönland, wenn die ihre Kältetests durchführen. Da fliegt aber niemand monatelang zwischen -40° und +15° C hin- und her.
Ebenso beeindruckend sind ja auch die Tests, wenn badewannenweise Wasser in ein Triebwerke geschüttet werden, während es auf dem Teststand läuft oder das Triebwerk mit Vögeln beschossen wird.
Das sind zwar schöne Nachweise für Extremsituationen, aber eben nicht für den täglichen Betrieb.

Das heißt aber nicht, dass die Tests uzureichend sind, denn selbsverständlich gibt es immer ein "Restrisiko"...

Gruß, 25.1309
Beitrag vom 13.02.2018 - 08:30 Uhr
Stimmt, die Medienlandschaft hat dies nicht direkt berichtet.

Es wurden allerdings Meldungen zu verlängerten Anlassphasen getätigt.

Airbus, die Airlines und Behörden waren allerdings vollumfänglich informiert
Beitrag vom 12.02.2018 - 23:54 Uhr
Ich habe diese Frage hier so oder ähnlich, glaube ich schon einmal aufgeworfen:

Die (neu entwickelten) Triebwerke absolvieren tausende von Teststunden. Zuerst die Komponenten. Später das komplette Triebwerk. Zunächst beim Hersteller sowohl am stationären als auch am "fliegenden" Teststand.
Es folgen unzählige Flugstunden an den Prototypen der Flugzeugbauer, teilweise, weil Bestandteil des Zertifizierungsprozesses, unter extremsten Bedingungen.
Mängel treten dann aber erst kurz vor oder nach EIS zutage.

Nun kenne ich das Problem, dass Betriebswirtschaftler und Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, miteinander haben aus eigener Erfahrung. Tut mir leid, aber ich habe nun mal eine naturwissenschaftlich-technisch orientierte Laufbahn eingeschlagen. ;-)

Die Frage, die sich mir stellt, ist: Achtet man in der Serienfertigung weniger auf die Fertigungsqualität als bei den Prototypen? Diesen Eindruck könnte man auf jeden Fall bekommen.

Vielleicht steht irgendwer hier tiefer in der Materie als ich, und kann mir hierzu mehr sagen.

Danke im Voraus!

Hallo Herbert aus Thüringen

Da kann ich erstmal klar sagen: Nein!
In der Serienfertigung wird genauso intensiv auf Sorgfalt und Qualität etc. geachtet, wie beim "Prototypen", wie du es nennst.
Generell wird eine Erstmusterprüfung/First Article Inspection (EMP/FAI) beim ersten gefertigten Serienbauteil durchgeführt. Deshalb meine Anmerkung zu "Prototyp". Wichtig hierbei ist nämlich, dass es tatsächlich das erste "Serienprodukt" ist,also genau auf die Weise gefertigt wurde, wie alle anderen folgenden Bauteile derselben Partnummer (und Variante/Index).
Wir haben es im vorliegenden Fall, zumindest was meine Einschäztung angeht, nicht mit einem Qualitätsproblem zu tun, sonderm einem Design-/Konstruktionsfehler.
Über mir schrieb "menschmeier" ganz richtig von einer "Modifikation", die ab einer bestimmten Seriennummer eingeführt wurde.
Wenn eine Änderung vorgenommen wird, so wird diese zunächst anhand ihres Schweregrades/Einfluss´ klassifiziert, was, je höher man den Einfluss einschätzt, sowohl mit höheren Gebühren für die Behörden und aufwendigeren Testverfahren einhergeht (Zeit (time to market) & Geld).
Unternehmen mit einer Zulassung als Entwicklubgsbetrieb (DOA) (Part 21 Subpart J) können diese Klassifizierung selbst vornehmen und ggf. die Änderung sogar ohne Information an die Behörden konstruieren und samt Flugzeug ausliefern (wenn es zwischendurch noch jemand baut oder bauen lässt), aber der hat dann eine POA, eine Zulassung als Herstellungsbetrieb (Part 21 Subpart G) und liefert dann auch das Flugzeug aus.

Hier kann es z.B. passieren, dass jemand die Klassifiziernug zu niedrig wählt nud entsprechende Tests unterbleiben...alles schon vorgekommen, aber ich kenne keinen Fall mit gravierenden Folgen (>15 Jahre im Zulassungsumfeld tätig).

Wenn wir jetzt noch mehr ins Detail gehen, wird es sehr komplex. So sind die Bauteile selbst auch bereits klassifiziert, Materialien sind bekannt oder neu, sie wurden bereiits in ähnlicher Konstellation verwendet ja oder nein... die identische Änderung an zwei Bauteilen kann also, je nach Verwendungszweck und Bauteilklasse unterschiedlich ausfallen.

Ich hoffe, zwischen meinem WIrrwar findest du ein paar Antworten.

Beste Grüße, 25.1309

PS (meine Bearbeitung): Habe EMP/FAI nicht beschrieben: Eine 100%ige Abprüfung/Verifizierung sämtlicher Konstruktinsmerkmale am Bauteil - also Form, Material, Oberflächenschutz, Gewicht, Position von Bohrungen, Rissprüfung, Zugprobe... bis hin zum Röntgen.
Merkmale, wie beispielsweise die Geometrie gelten ab dann als nicht mehr verändert, weil das Programm für die NC-Maschine nicht mehr geändert wird (natürlich nur, wenn die EMP/FAI prositiv ausfällt). Also wird in der Serie die Geometrieprüfung auf ein Minimum reduziert.
Ich habe mal ein Metalltbauteil als Beispiel genommen, bei Pumpen, Software, Rohren, Schläuchen, Sensoren usw. werden auch EMP/FAI durchgeführt, aber natürlcih mit z.T. anderen Tests.

Hallo 25.1309

Danke für die umfassende Erläuterung!

Meine Frage bezog sich allerdings weniger auf die Probleme, die jetzt durch die Modifikationen hervorgerufen wurden.
Da hatte ich mich wohl missverständlich ausgedrückt.

Ich habe mich mehr darüber gewundert, dass die anfänglichen(?), jetzt behobenen(?) thermischen Probleme nicht in der Zulassungsphase sowohl der Triebwerke selber, als auch der Flieger zutage getreten sind. Zumindest wurde Derartiges, soweit ich weiß, nie kommuniziert.

Gruß, Herbert

Dieser Beitrag wurde am 12.02.2018 23:58 Uhr bearbeitet.


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