Piloten am Boden
Älter als 7 Tage

Keine Gelegenheit zum Üben

Airbus A350 Cockpit
Airbus A350 Cockpit, © Airbus

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FRANKFURT - Zu Beginn der Pandemie sorgten sich Piloten um ihre Lizenzen. Acht Monate später haben sie diese zwar nicht verloren, obwohl viele in der Zwischenzeit kaum geflogen sind. Nun fürchten Behörden aber um die Flugsicherheit, wenn Piloten mit wenig Training und Flugpraxis in den Dienst zurückkehren.

"Die EASA empfiehlt, die Gültigkeit von Lizenz-Kenntnisnachweisen, ärztlichen Bescheinigungen und Elementen der theoretischen Weiterbildung und Kontrolle um nicht mehr als acht Monate in Bezug auf jeden einzelnen Piloten zu verlängern", heißt es in einem Leitfaden der europäischen Flugsicherheitsbehörde vom 19. November.

Wegen der weltweiten Reisebeschränkungen sind einige Piloten in den vergangenen Monaten zum einen kaum geflogen, zum anderen hatten sie teils nur sehr begrenzten Zugang zu Simulatoren - etwa dann, wenn ihre Airline zum Training die Simulatoren anderer Anbieter nutzt, die sich im Ausland befinden.

Eine Verlängerung der Ausnahmeregelung für die weitere Gültigkeit der Lizenzen soll nun nach dem Willen der EASA Einzelfall für Einzelfall genau geprüft werden. Zugleich zeichnet sich für den Winter nicht ab, dass der Flugverkehr bedeutend zunehmen wird.

Piloten werden also auch in den kommenden Monaten das Cockpit bestenfalls ab und zu von innen sehen. Tausende sind freigestellt oder haben ihren Job verloren.

Bei Experten der EASA schürt das die Sorge um die Flugsicherheit - und einzelne Unfälle und Zwischenfälle scheinen sie darin zu bestätigen. Darunter der Absturz des Pakistan International Airlines Airbus A320 über einem Wohngebiet in Karatschi im Mai, bei dem 99 Menschen ums Leben gekommen sind.

"Die Piloten schienen die Flüge nicht so flüssig durchzuführen, wie sie es hätten tun sollen", kommentierte EASA-Chef Patrick Ky das Unglück im September. "Wenn sie drei oder sechs Monate lang nicht geflogen sind, müssen sie trainiert werden, um wieder zurückzufinden."

Hohes Stresslevel in der Krise

Andere Experten teilen seine Meinung. "Regelmäßiges Fliegen sorgt dafür, dass du mit dem Kopf im Cockpit bleibst", zitiert die Nachrichtenagentur "Bloomberg" einen Berater der indischen Flugsicherheitsbehörde. "So lange nicht zu fliegen führt dazu, dass Fähigkeiten einrosten. Einkommensverluste, Sorge um den Arbeitsplatz und die Zukunft der Airline sorgen zusätzlich für Stress. Steigt das Stresslevel, sinkt die Leistungsfähigkeit."

Läuft der Flugverkehr in den kommenden Monaten wieder an, stehen Airlines vor der Herausforderung, ihre Crews wieder für den Liniendienst fit zu machen. Einen Vorteil könnten dabei kurioserweise Boeing 737 MAX-Betreiber haben: zum einen sehen Sicherheitsbehörden bei ihnen ganz genau hin, zum anderen arbeitet Boeing gemeinsam mit den Airlines seit Monaten daran, eine umfassende Trainingsinfrastruktur aufzubauen.
© aero.de | Abb.: Boeing | 03.12.2020 07:19

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Beitrag vom 03.12.2020 - 12:19 Uhr
Die Tatsache, dass Fähigkeiten einrosten können, ist unbestritten. Aber hier wird jeder Flugbetrieb bzw. das Trainingsdepartment wissen, was in diesem Fall zu tun ist - steht ja im OMD. Wenn man sich dann noch die Mühe macht und ne ORE schreibt, sollten geeignete Maßnahmen herauskommen um die Risiken zu minimieren. Ist ja nix neues, das Piloten - aus welchen Gründen auch immer - mal ne Weile nicht hinterm Steuer sitzen.
Beitrag vom 03.12.2020 - 12:15 Uhr
Je komplexer um so kürzer die Zeit bis die Routine weg ist. Ihre Wände sehen bei 1 mal jährlicher Tapezierkunst sicher immer gleich gut aus. Horwitz hat mal gesagt, einen Tag ohne Übung bemerke ich, 3 ohne Übung bemerkt meine Frau und eine Woche ohne Übung das ganze Orchester.

Bei Piloten muß nach 3 Monaten wieder neu geschärft werden. Bei den Anhängern der "Anlerntätigkeit" hat man den Eindruck das wäre dann nach einer Stunde erledigt. Damit ist der Grad der Komplexität doch hoffentlich klar geworden.
Beitrag vom 03.12.2020 - 11:15 Uhr
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun - bei jeder Tätigkeit leidet die Routine, wenn man sie eine Zeitlang nicht mehr ausführt. Wenn ich meine Wände tapezieren möchte und das seit zehn Jahren nicht mehr getan habe, wird das Ergebnis auch schlechter aussehen als damals, als man das jede Woche bei einem anderen Kumpel gemacht hat.

Beim Tapezieren stehen nur nicht so viele Menschenleben auf dem Spiel. Deswegen stehen die Piloten diesbezüglich eher im Fokus. Ob die Tätigkeit eines Piloten nun ein Anlernjob oder eine hochkomplexe Tätigkeit ist, kann aus dem Umstand, daß Fertigkeiten einrosten, nicht abgeleitet werden.


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