Viele Probleme beim Konzernumbau
Älter als 7 Tage

"Lufthansa hat sich zu einseitig auf die Personalkosten fixiert"

FRANKFURT - Wenn die Lufthansa an diesem Donnerstag (16. März) als letzter Dax-Konzern ihre Zahlen für das vergangene Jahr vorlegt, muss Chef Carsten Spohr viele strategische Antworten geben. Denn trotz Teilerfolgen in Tarifstreits mit Piloten und Flugbegleitern hat Lufthansa noch viele Baustellen offen

Nach Einschätzung des Airline-Beraters Gerald Wissel wird Spohr den Umbau des umsatzstärksten Luftverkehrskonzerns Europas trotz etlicher Probleme weiter vorantreiben. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Billigtochter Eurowings, die als Sammelbecken funktionieren soll.

Carsten Spohr
Carsten Spohr, © Lufthansa

Lufthansa habe vor allem ein Auge auf die Air Berlin geworfen, von der sie bereits in diesem Sommer bis zu 38 Jets anmietet, sagte der Experte von der Beratungsgesellschaft Airborne. Er halte das noch von der arabischen Gesellschaft Etihad gestützte Unternehmen mit seinen verbleibenden 75 Flugzeugen auf Dauer nicht für überlebensfähig.

Eine komplette Übernahme durch den Lufthansa-Konzern würde aber große kartellrechtliche Probleme aufwerfen und zudem die ungünstige Kostenstruktur der Air Berlin verfestigen. "Denkbar wäre, dass Lufthansa einen Investor findet oder konstruiert, der Air Berlin als rein operative Plattform betreibt."

Neben der Air Berlin sollen bald auch zahlreiche Flugzeuge der inzwischen 100-prozentigen Lufthansa-Tochter Brussels Airlines unter Eurowings-Flagge an den Start gehen. In Belgien müsse Spohr aber möglicherweise mehr politische Rücksichten nehmen, als ihm lieb sei, meint Wissel.

Eurowings? "Kein richtiger Low-Coster"


"Konsequenterweise müsste er die rentablen Afrika-Fernflüge von Brüssel nach Frankfurt verlagern und die übrige Gesellschaft allein als Produktionsplattform für die Eurowings organisieren." Das wiederum würde einen massiven Rückbau der Brussels-Verwaltung bedeuten und das Selbstverständnis der Mitarbeiter als "kleine Lufthansa" verletzen. "Das ist keine leichte Aufgabe."

Grundsätzliche Probleme sieht Wissel bei der Konstruktion der Tochter Eurowings. Im Wettbewerb mit Ryanair, Easyjet und Co. sei sie nicht nur mit höheren Personalkosten belastet, sondern müsse auch komplexere Abläufe organisieren und den hohen Verwaltungsaufwand des Lufthansa-Konzerns mitfinanzieren. "Die Eurowings ist halt kein richtiger Low-Coster."

Als Plattform für externe Fluggesellschaften sei die Eurowings zudem nicht attraktiv genug gestaltet, weil es allein um die niedrigsten Crew-Kosten gehe, die jederzeit von einer anderen Airline unterboten werden könnten. Auf der anderen Seite müssten die strikten Vorgaben der Eurowings eingehalten werden, was wiederum eine Abhängigkeit schaffe.

Zweit-Lufthansa würde der Marke schaden

Auch bei der Lufthansa-Muttergesellschaft sei längst nicht alles im Lot. "Lufthansa hat sich zu einseitig auf die Personalkosten fixiert und dafür den Dauer-Konflikt mit dem fliegenden Personal in Kauf genommen, der inzwischen zum Prinzipienstreit geworden ist", sagte Wissel. Er sehe den Betriebsfrieden ernsthaft in Gefahr.

Die vom Management angedrohte Zweit-Lufthansa ohne Piloten-Tarifbindung würde aus seiner Sicht nicht funktionieren und die Marke beschädigen. "Ein Dienstleister braucht eine motivierte Mannschaft - vorne wie hinten im Flugzeug!"
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Lufthansa | 13.03.2017 08:17

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Beitrag vom 14.03.2017 - 10:54 Uhr

Es wird doch schon jetzt auf verschiedensten ebenen mit einer Zweitmarke gearbeitet,(wie EWE, Jump) und trotzdem ist dadurch die Marke LH nie beschädigt worden. Und wird es sicherlich auch in Zukunft nicht, wenn eine Cityline 2 gegründet werden sollte.
Vorteile werden sich auf jeden fall für den Passagier (durch sinkende Tix Preise) ergeben

-da lach ich mich doch kaputt, sinkende Preise für den Kunden. Die LH ist jetzt schon massiv beschädigt und wird das auch weiterhin so forcieren, am Ende möchten sie gar keine deutschen Arbeitsplätze übrig behalten, nur noch einzelne Firmenteile und Arbeitnehmergruppen gegeneinander in den Wettbewerb zwingen um damit den Anteilseignern zu mehr Gewinn zu verhelfen. Von ihrer Sicherheitskultur verabschiedet sich der Laden mehr und mehr.
Beitrag vom 13.03.2017 - 18:36 Uhr
@jasonbourne,

FR unterstützt kein Umsteigen. Das spart mächtig Geld. Wenn es Probleme gibt, hat FR kaum Kapazitäten. Das ist nicht eingeplant usw.
LH muss das Produkt anders vermarkten oder nicht mehr anbieten, falls es nicht mehr benötigt wird. Mit einer Personalkostenreduktion ist es allein nicht getan.
Vielleicht ist ein Kaffe oder Tee etc. pro Person billiger als zwei oder drei leere Plätze im Flieger!
Beitrag vom 13.03.2017 - 17:28 Uhr
@ flydc9
Vorteile werden sich auf jeden fall für den Passagier (durch sinkende Tix Preise) ergeben

Den Zahn kann ich Ihnen gleich ziehen.
Ticketpreise entstehen durch Angebot und Nachfrage, nicht durch die Kosten der Fluggesellschaft. Wenn, dann profitiert der Kunde durch neue Flugzeuge, deren Kauf man sich durch höhere Gewinne leisten kann.


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