Milliardenverlust
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Lufthansa kündigt tiefgreifenden Umbau an

Carsten Spohr
Carsten Spohr, © Lufthansa

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FRANKFURT - Lufthansa bereitet ihre Mitarbeiter nach einem Milliardenverlust im ersten Quartal auf herbe Einschnitte vor. "Angesichts der absehbar nur sehr langsam verlaufenden Erholung der Nachfrage müssen wir nun mit tiefgreifenden Restrukturierungen gegensteuern", sagte Vorstandschef Carsten Spohr.

Das Management will die Stückkosten im Vergleich zum Vorkrisenniveau "deutlich" senken. Denn nach der Krise muss der Konzern die erhofften staatlichen Finanzhilfen wohl aus dem laufenden Geschäft zurückzahlen - und der Passagierverkehr dürfte sich nur sehr langsam erholen.

Die Lufthansa-Aktie reagierte am Morgen mit mäßigen Schwankungen auf die Nachrichten. Nach einem anfänglichen Minus von einem Prozent drehte der Kurs in die Gewinnzone und lag zuletzt mit 1,65 Prozent im Plus bei 9,61 Euro im Mittelfeld des Dax. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier mehr als 40 Prozent an Wert eingebüßt.

Der Ausblick des Vorstands sei mit Blick auf eine Geschäftserholung pessimistisch, schrieb Analyst Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein. Es liege nun enorm viel Arbeit vor dem Konzern, sein Geschäft umzustrukturieren.

Angaben zu einem möglichen Stellenabbau machte die Lufthansa zunächst nicht. Im Zusammenhang mit einer bereits angekündigten Verkleinerung der Flotte hatte Spohr zuletzt von einem rechnerischen Überhang von 10.000 Vollzeitstellen gesprochen. Die Zahl bezog sich aber vor allem auf das fliegende Personal, also Piloten und Flugbegleiter.

Die Corona-Pandemie mit den folgenden Reisebeschränkungen hatte die Geschäfte der Lufthansa mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Der Konzern benötigt daher staatliche Hilfe. Im Rahmen eines rund neun Milliarden Euro schweren Rettungspakets einschließlich Beteiligung des Bundes an dem Unternehmen muss die Lufthansa 24 Start- und Landerechte an ihren wichtigen Flughäfen in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben.

Ohne baldige Hilfe droht der Lufthansa weiterhin das Geld auszugehen. Ende März beliefen sich die flüssigen Mittel den Angaben zufolge auf 4,25 Milliarden Euro. Jeden Monat flössen weiterhin etwa 800 Millionen Euro ab, obwohl der Konzern seine Fixkosten um ein Drittel gesenkt habe. Wie viel Geld die Lufthansa derzeit noch genau zur Verfügung hat, blieb zunächst offen.

Um Kredite und Zinsen zügig zurückzahlen zu können, werde das Unternehmen seinen freien Barmittelzufluss im Vergleich zur Zeit vor der Krise deutlich steigern müssen, sagte Vorstandsmitglied Thorsten Dirks. Lufthansa verhandelt weiterhin mit den Flugzeugherstellern Boeing und Airbus darüber, bereits bestellte Flugzeuge später abzunehmen als vereinbart. Außerdem prüft das Management mittelfristig die Veräußerung einzelner Geschäftsbereiche, die nicht zum Kerngeschäft gehören.

Das Unternehmen erwartet nur eine schrittweise anziehende Nachfrage nach Flugreisen. Während zuletzt fast 700 der 763 Flugzeuge des Konzerns am Boden standen, dürften auch im kommenden Jahr noch 300 und im Jahr 2022 noch 200 Maschinen nicht fliegen, schätzt das Management. Für 2023 erwartet der Vorstand weiterhin eine um 100 Flugzeuge verkleinerte Flotte.

Im ersten Quartal brockte die Corona-Krise dem Konzern einen Milliardenverlust ein. Unter dem Strich stand ein Minus von 2,1 Milliarden Euro nach einem saisontypischen Minus von 342 Millionen ein Jahr zuvor. Allein ungünstige Geschäfte zur Treibstoffpreis-Sicherung schlugen mit fast einer Milliarde Euro zu Buche.

Hinzu kamen Abschreibungen von 266 Millionen Euro auf stillgelegte Flugzeuge und 157 Millionen auf die Catering-Tochter LSG Nordamerika und den hauseigenen Billigflieger Eurowings.

Der Umsatz des Konzerns sackte wegen des ab März stark eingebrochenen Flugverkehrs um 18 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro ab. Der operative Verlust (bereinigtes Ebit) fiel mit 1,2 Milliarden Euro gut dreieinhalb mal so hoch aus wie ein Jahr zuvor. Eine Prognose für das Gesamtjahr traut sich der Vorstand weiterhin nicht zu, erwartet aber unverändert einen signifikanten Rückgang des operativen Ergebnisses.

Der Konzern will ab Mitte Juni seine Flugpläne deutlich ausweiten, auf rund 2.000 wöchentliche Verbindungen zu mehr als 130 Zielen weltweit. Möglichst viele Destinationen sollten für Urlauber und Geschäftsreisende wieder erreichbar gemacht werden. Im September sollen bis zu 40 Prozent der ursprünglich geplanten Kapazität wieder angeboten werden.

Die Zahl der Destinationen soll auf 70 Prozent des ursprünglichen Plans bei den Langstreckenflügen und 90 Prozent bei den Kurzstreckenflügen steigen. Die Lufthansa will dabei verstärkt auf das Geschäft mit Urlaubern setzen.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 03.06.2020 07:29

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Beitrag vom 04.06.2020 - 15:24 Uhr
Für mich als Laien verbergen sich in diesen Nachrichten viele Fragezeichen? Was bedeutet tiefgreifende Umstrukturierung, welche menschlichen Schicksale verbergen sich hinter dem Begriff „rechnerischer Überhang?“

Es war von 10.000 Mitarbeitern die Rede, ich vermute aber mehr.


Es werden mindestens 20000 werden, von denen man sich verabschieden muss, die meisten werden vom fliegenden Personal kommen


Es gebe einen Personalüberhang von bis zu 20.000 Mitarbeitern, hieß es in Konzernkreisen.
 https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/milliardenverlust-durch-corona-lufthansa-plant-umbau-16797910.html

Wenn Sie schon den Artikel aus der FAZ hier verlinken, sollten Sie den auch wirklich lesen, noch besser auch verstehen! Wo ist da was von 20000 Mitarbeitern die Rede, von denen man sich verabschieden müsse?


Ganz unten steht das.

"Von den knapp 137.000 Beschäftigten sind 87.000 in Kurzarbeit. Es gebe einen Personalüberhang von bis zu 20.000 Mitarbeitern, hieß es in Konzernkreisen."

Wenn sie hier rumstänkern dann sollten sie wenigstens einen Grund dafür haben.
Dann muss ich auch Sie fragen, ob Sie das verstehen was da geschrieben wurde!
Lesen Sie den Artikel doch noch einmal und Sie werden erkennen, dass der Personalüberhang nichts mit einer Trennung von 20000 Mitarbeitern zu tun hat!
Beitrag vom 04.06.2020 - 15:14 Uhr
Diese "Staatshilfen" waren von Anfang an darauf ausgelegt die Lufthansa vollständig zu verstaatlichen.
>> Soso sehr interessant
Wie soll die Lufthansa auf einmal so effizient werden dass sie trotz wiedrigster Umstände den Kredit + 9% Zinsen zurückzahlen kann?
>> Ich denke das hat und wird sie schon beweisen
Sowohl die, von der Politik ferngesteuerten, Gewerkschaftsfunktionäre als auch der Markt und diverse Altlasten wie die Treibstoff Geschäfte etc. werden dieses Vorhaben erfolgreich verhindern.
>> Da steht LH am Markt nicht aleine da.
Das mit den ferngesteuerten Gewerkschaftsfunktionären find ich lustig erklären sie das doch mal Herrn Baublis.
Wenn die LH dann kurz vor der Insolvenz steht wird der Staat dann seine Anteile durch die jetzt eingebaute Hintertür oder anders soweit erhöhen dass sich die verbliebenen Privatanleger verabschieden werden.
>> Insolvenz wann 2050-
Da hatten wir doch schon mal einen Foristen der die LH ständig in der Insolvenz sah oder?

Dieser Beitrag wurde am 04.06.2020 16:46 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 04.06.2020 - 14:57 Uhr
Wie soll die Lufthansa auf einmal so effizient werden dass sie trotz wiedrigster Umstände den Kredit + 9% Zinsen zurückzahlen kann?

LH wird keine 9% Zinsen zahlen. Die Hilfen sind so gestaltet, dass sie möglichst schnell zurückgezahlt werden. Das passiert dann, wenn sich LH das Kapital auf dem Markt holen kann. Die Staffelung in den Zinsen soll sicherstellen, dass der Bund möglichst schnell aus der Nummer raus ist.
Anders gesagt: 9% Zinsen werden nur für den Betrag fällig, der 2028 noch nicht zurückgezahlt ist. Die Verzinsung der Kredite beginnt bei IIRC 3,5%, also für das Risiko sehr niedrigen Werten.

Dieser Beitrag wurde am 04.06.2020 14:57 Uhr bearbeitet.


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