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Effizienz gibt's nicht zum Nulltarif

Austrian Airbus A319
Austrian und Airberlin am Ost-Drehkreuz Wien, © Ingo Lang, edition airside

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WIEN - Industrieweit gilt Austrian als Top-Produkt in einem ertragsschwachen Wachstumsmarkt mit offensiver Lowcost-Konkurrenz. Mit 140 Mio frischem Kapital sind die AUA-Flieger zwar vorerst wieder ausreichend aufgetankt, wohin sie aber künftig fliegen, ist alles andere als ausgemacht. Von Marktanteilen allein kann auf Dauer keine Airline leben, schon gar nicht in einem Hausmarkt, der mit über 20 Prozent Zuwachs derzeit geradezu explodiert (VIE Februar 2012: Osteuropa +23,6%).

Boomten im Lokalverkehr nach Zentral-Osteuropa zuletzt noch Bahn und Bus, wird dort jetzt zunehmend auch privat geflogen, zu Tarifen, die teils sogar noch darunter liegen. Das hebt auch noch die Reiselust, aus ganz Europa. So wuchs am CEE-Hub VIE im winterlichen Februar der Transferverkehr auf hohem Niveau um satte 22 Prozent. Gut fürs Geschäft? Mitnichten.

Tatsächlich treibt gerade der überhitzte Boom in Austrians wichtigstem Wachstumsmarkt die Kosten/Ertrag-Schere immer weiter auseinander. Während die Billigflieger in der Region das Tarifgefüge im Keller halten, ächzen die strukturell viel anspruchsvoller aufgestellten Netzairlines unter sinkenden Erlösen und steigenden Kosten, trotz knallharter Sparprogramme. Laut Austrian haben sich in den letzten fünf Jahren allein die Kerosinkosten verdoppelt, die Ticketerlöse dagegen fast halbiert. Auch wenn Austrian mit einer rigurosen Restrukturierung ihre Stückkosten heuer um ein weiteres Zehntel senken will, bei einem Anteil der Treibstoffkosten von über 25 Prozent droht allein der absehbare Spritpreisanstieg das Ersparte gleich wieder aufzufressen. Progressiv, je mehr die Airline fliegt, desto stärker wächst ihr Defizit.

Verständlich wenn die AUA-Piloten darauf beharren, dass ihr (teilweiser) Verzicht auf Pensionsansprüche dieses Dilemma nicht lösen wird. Zu Recht. Und auch nicht das verkürzte, mit Austro Control neu entwickelte Anflugverfahren am Heimat-Airport VIE, wenngleich jede nicht verbrannte Gallone Sprit natürlich ein Gewinn für alle ist. Wenn die Nachfrage auf gesunde Weise bedient werden soll, braucht es vor allem auch kostendeckende Tarife. Und eben dazu wird künftig auch der Kunde seinen Beitrag leisten müssen.

Nicht nur unfreiwillig, wie über die Ticketsteuer. Austrians neuerlicher Fehlbetrag von 59 Mio Euro macht gerade einmal 2,7 Prozent vom operativen Erlös aus, in Summe knapp 5 Euro pro Ticket, ein Bruchteil der darauf seit 2011 erhobenen Ticketsteuer. Ob die nun weg soll, oder nicht, ist in dem Kontext sekundär, wichtig sind neben einer effizienten Produktion auch wirtschaftliche Erlöse. Kann 'Markt' das alleine leisten? Nicht wenn in dem Match um Marktanteile die Nachfrage auch weiterhin mit Dumpingangeboten künstlich angeheizt wird. Reguläre Angebote unter Kosten ruinieren erst den Markt, dann die ganze Industrie. Und wie auch immer das letztlich ausgehen mag, nachhaltig ökonomische Mindesttarife sind wohl erst dann auch durchsetzbar, wenn sie gesetzlich geregelt sind. Und das ist, in einem ideologisch 'deregulierten' Flugmarkt, wohl das eigentliche Dilemma.
© Bob Gedat, aero.at | Abb.: Ingo Lang | 18.03.2012 10:16

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Beitrag vom 18.03.2012 - 14:38 Uhr
Mindesttarife sind illusorisch. darüber überhaupt nachzudenken ist schon sinnlos. Auch als es regulierte Märkte gab, eine IATA überall ihr wachsams Auge hatte, flogen Airlines für wenig Geld, Nur wurde es damals unter der hand gemacht.
Was aber sehr wohl etwas ausmacht, ist die Tatsache dass die Regierungen und Instanzen in Europa in den Airlines eine Kuh sehen, der es zu melken gibt. Es ind nicht zuletzt die Luftverkehrssteuern, die EuGH Entscheidungen die weitab des normalen Lebens stehen, die Nachtflugverbote ohne Rücksicht auf ihre Folgen, die es den Europäischen Airlines erschweren mit den Tcketerlösen auszukommen.
Woanders gibt es solche Probleme nicht oder nur in wesentlich geringerem Umgang. Da werden mit Steuermitteln Strukture aufgebaut, hocheffiziente Flughäfen für -natürlich!- 24-Stundenbetrieb gebaut und ersclossen. Und Arbeitnehmerrechte sind in vielen Regionen ebenfalls ein Fremdwort.
Mit "Markt" hat das auch nichts mehr zu tun...


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