Krisensitzung am BER
Älter als 7 Tage

Der Chef geht, die Schulden bleiben

Flughafen BER
Flughafen BER, © FBB, Günter Wicker

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BERLIN - Der neue Hauptstadtflughafen BER ist fertig - doch der Betreiber hoch verschuldet: auf rund 4,5 Milliarden Euro belaufen sich die Verbindlichkeiten der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB). Der Flughafen pocht in der Krise auf einen Schuldenschnitt. Das Thema ist politisch heikel.

In normalen Zeiten sei es durchaus machbar, die jährlichen Aufwendungen für Zinsen, Tilgung und Bürgschaften aus eigener Kraft zu stemmen, sagte der scheidende Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Freitag nach einer Aufsichtsratssitzung in Berlin. Doch die Corona-Krise habe die Situation dramatisch verschärft.

"Wir gehen in diesem Jahr von etwa 10 Millionen Passagieren aus", sagte Lütke Daldrup. "Das sind nicht mal 30 Prozent von dem, was wir normalerweise in diesem Jahr erwartet hätten." Im Jahr 2019 hatten die Berliner Flughäfen mit fast 36 Millionen Fahrgästen einen Rekord verbucht.

Nun fehlen bis 2025 den Erwartungen zufolge 80 Millionen Passagiere wegen des Einbruchs im Luftverkehr. Das entspreche Einnahmeausfällen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, sagte Lütke Daldrup. Die FBB versucht, das mit einem eigenen Sparprogramm zu kompensieren: 80 Prozent der geplanten Investitionen will die Gesellschaft bis 2025 streichen und die Zahl der Beschäftigten unter anderem über Altersteilzeit oder auslaufende Verträge um ein Viertel reduzieren. "Damit wird das Unternehmen einen Beitrag leisten", sagte Lütke Daldrup.

Doch aus eigener Kraft komme die Gesellschaft nicht auf einen grünen Zweig. Die staatlichen Eigentümer müssten für eine Teilentschuldung einspringen: 1,1 Milliarden Euro sollen der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg bei den Fremdkapitalgebern abzahlen. Andernfalls könnten die Kredite nicht mehr bedient werden.

Darüber hinaus brauche es 800 Millionen Euro Liquiditätshilfen bis 2025. Als dritter Punkt auf der Rechnung stehen die bereits geleisteten Corona-Hilfen, von denen ein Großteil bislang als Darlehen der Eigentümer geflossen ist. Sie sollen in nicht-rückzuzahlende Zuschüsse umgewandelt werden. In der kommenden Woche sollen der Bund und die beiden Länder auf einer Gesellschafterversammlung über die Maßnahmen beraten.

Kapitalmarktfähigkeit ab 2025

Dafür stellt der Flughafenchef in Aussicht, dass ab 2025 keine Steuergelder mehr notwendig sein werden. Die Gesellschaft könne dann wieder eigene Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen. Voraussetzung: Die Fluggastzahlen wachsen bis dahin tatsächlich wieder auf das Vorkrisenniveau.

Lütke Daldrup übernahm die Leitung am BER im Jahr 2017, nachdem dessen Eröffnung wegen eklatanter Baumängel erneut geplatzt war. Er verschob den Eröffnungstermin um weitere vier Jahre und machte sich an die Arbeit: Zum eigenen Geburtstag am 30. Oktober 2020 landeten dann tatsächlich die ersten beiden Maschinen am neuen Zentralflughafen für Berlin und Brandenburg in Schönefeld - mit neun Jahren Verspätung. Eine Woche später schloss der traditionsreiche Standort Tegel.

Seine Hauptaufgabe sieht er mit der Inbetriebnahme beendet. Am Mittwoch verkündete Lütke Daldrup, dass er zum September dieses Jahres in Rente gehen werde - rund ein halbes Jahr vor dem eigentlichen Vertragsende. Wie eine Nachfolgelösung und die künftige Struktur am BER konkret aussehen könnte, damit will sich der Aufsichtsrat bei seiner Sitzung im April beschäftigen. Diese Fragen hätten am Freitag noch keine Rolle gespielt, hieß es.

"Unsere Führungsebene und unsere zweite Führungsebene ist ausgesprochen gut", sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider am Freitag. "Sie bietet die richtige Ausgangsbasis für eine stabile Zukunft." Ob diese Zukunft mit einem Chef oder einer Chefin aus dem eigenen Unternehmen oder von außerhalb gestaltet werden soll, ließ er indes offen.
© dpa-AFX | Abb.: FBB, Günter Wicker | 12.03.2021 17:19

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Beitrag vom 13.03.2021 - 20:01 Uhr

Was hat der eigentlich über Flughäfen gewußt? So läuft es eben wenn Posten politisch vergeben werden.

Was hat er denn Ihrer Meinung nach falsch gemacht?
Beitrag vom 13.03.2021 - 17:42 Uhr
Zitat Wikepedia:
"Engelbert Lütke Daldrup, eigentlich Engelbert Lütke-Daldrup, ist ein deutscher Stadtplaner. Von 1995 bis 2005 war er Beigeordneter und Stadtbaurat von Leipzig; von 2006 bis 2009 beamteter Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung."

Was hat der eigentlich über Flughäfen gewußt? So läuft es eben wenn Posten politisch vergeben werden. Die 4,5 Mrd Schulden sind doch sexy, wie Wowereit zu sagen pflegte.
Beitrag vom 13.03.2021 - 15:44 Uhr
Die Schulden waren aber auch schon vorher da. Lütke Daldrups Aufgabe war nicht die Sanierung, sondern die Inbetriebnahme. Das ist ihm geglückt. Für Schuldenabbau und effizienten Betrieb muss jemand anderes her. Das sind völlig unterschiedliche Aufgaben. Und der neue wird kräftig zusammenstreichen und auch neue Einnahmequellen erschliessen müssen.


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