Zukunft ohne "Copilot Staat"
Älter als 7 Tage

Der Milliardenplan der Lufthansa

Lufthansa Airbus A350-900
Lufthansa Airbus A350-900, © Lufthansa

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FRANKFURT - Lufthansa steht bei Regierungen mit Milliarden in der Kreide. Die Hilfen sind an strenge Auflagen geknüpft - nach Geschmack des Konzerns an zu strenge. Auf der anstehenden Hauptversammlung bittet Lufthansa die Aktionäre um das OK für einen Milliardenplan, der dem Kranich zu mehr Kurskontrolle verhelfen soll.

Margrethe Vestager schaut Lufthansa über die Schulter. Durch eine Zinszahlung und die Kündigung des Zubringervertrags mit Condor handelte sich der Kranich-Konzern im Februar Ärger mit der mächtigen EU-Wettbewerbskommissarin ein.

Im Fall Condor pfiff Vestager Lufthansa wegen einer "aggressiven, durch staatliche Beihilfe finanzierten Geschäftsexpansion" zurück. Lufthansa will mit Eurowings Discover am Drehkreuz Frankfurt eigene touristische Langstrecken aufziehen - der Condor-Zubringer läuft den eigenen Interessen zuwider.

"Verträge, die Passagierströme von Lufthansa auf andere Airlines verlagern, werden nicht fortgeführt", hatte Lufthansa-Vorstand Michael Niggemann die Kündigung des "Special Prorate Agreement" mit Condor gerade erst verteidigt. Der Wink der EU-Kommission zwingt Lufthansa zur Kurskorrektur - der Vertrag mit Condor wird wohl zähneknirschend verlängert.

Glücklich ist man bei Lufthansa über die Parteinahme der EU-Kommission für Condor nicht. Zumal der Konzern bereits den nächsten Griff in die Speichen beim Aufbau von Eurowings Discover fürchtet.

"Die EU-Kommission wird Ticketpreise und Veranstalterkonditionen von Eurowings Discover sehr genau im Blick behalten", sagte eine mit der Sache vertraute Person aero.de. "Der Staat ist nun mal Copilot bei Lufthansa - und deswegen gelten jetzt andere Spielregeln."

Dem europaweit verzweigten Lufthansa-Konzern liegen Regierungszusagen über 9,0 Milliarden Euro Staatshilfen in verschiedener Form vor - davon rund 6,8 Milliarden aus Deutschland. Bisher hat Lufthansa nach eigenen Angaben 2,8 Milliarden Euro in Anspruch genommen - und eine Milliarde Euro vorzeitig getilgt.

Milliardenmanöver am Kapitalmarkt

Denn inzwischen kommt der Konzern am freien Kapitalmarkt wieder an Geld. Investoren rissen Lufthansa zu Jahresbeginn Anleihen über 1,6 Milliarden Euro förmlich aus den Händen.

Lufthansa jongliert mit Milliardenbeträgen, um Staatshilfen - und damit verbundene Auflagen - möglichst schnell abzustreifen.

Denn die Kontrolle durch die EU-Kommission ist längst nicht die einzige Sorge der Frankfurter. Eine neue Bundesregierung könnte Lufthansa 2022 in Sachen Klimaschutz stärker in die Pflicht nehmen - und Kurzstreckenflüge einschränken. Ein "Szenario Frankreich" will Lufthansa unbedingt vermeiden, sagte der Insider.

Auf der virtuellen Hauptversammlung am 04. Mai stellt der Konzern Weichen für die schrittweise Ablösung der Staatshilfen. Die Aktionäre sollen dem Vorstand bei Kapitalmaßnahmen in den nächsten fünf Jahren weitgehend freie Hand geben.

Konkret will sich Lufthansa Kapitalerhöhungen im Nennwert von 5,5 Milliarden Euro vorab und blanko genehmigen lassen - das entspricht fast dem aktuellen Börsenwert. "Dadurch soll das Unternehmen in die Lage versetzt werden, Finanzierungsgelegenheiten flexibel nutzen zu können, um Eigenkapital am Kapitalmarkt zu beschaffen", ist der Tagesordnung zu entnehmen.

Die Höhe des sogenannten "Genehmigten Kapitals C" leite sich technisch aus der Höhe der Stillen Einlagen des staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) von insgesamt 5,5 Milliarden Euro ab. Denn jede mögliche Kapitalerhöhung in diesem Rahmen werde "in direktem Zusammenhang mit der Rückführung der Stabilisierungsmaßnahmen" stehen.
© aero.de | Abb.: Lufthansa | 08.04.2021 17:41

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Beitrag vom 14.04.2021 - 17:45 Uhr
Warum sagt der Aufsichtsrat nichts? Carstens Ego.. der Sargnagel der LH?

Warum? Weil der AR bei allen diesen Vorgängen kräftig mitmischt und häufig sogar antreibt. Lufthansa ist seit Jahrzehnten ein gutes Beispiel dafür, daß der AR alles Mögliche tut, nur nicht den Vorstand kritisch begleitet oder gar kontrolliert. Wie auch, wenn sich ständig ehemalige Vorstandsmitglieder im AR wiederfinden, häufig sogar als AR-Vorsitzende, wie aktuell K.-L. Kley.
Da wird hinter verschlossenen Türen geküngelt, was das Zeug hält, und zwar nicht nur, um die Vorstandsvergütungen stets zügig und flexibel der jeweiligen Situation anzupassen, sondern auch und gerade, wenn es um findige "Modernisierungen" von Arbeits- und Versorgungsbedingungen für alle anderen Angestellten geht.
Wer glaubt, der AR sei ein Widerpart zum Vorstand, ist schlichtweg naiv, zumal sich unter den Arbeitnehmern im AR fast immer ein paar Vertreter finden lassen, die mit Annahme ihres Mandats urplötzlich das Arbeitgeber-Gen in sich entdecken.
Beitrag vom 09.04.2021 - 07:36 Uhr


Die Alternative zu EW Discover ist wohl die A330 Flotte zusperren und die Crews zu entlassen. Kann man machen, ich würde das auch tun, denn ein wirklich lukratives Geschäftsfeld ist das nicht gewesen.
Aber ihr Geschrei will ich dann nicht hören, wenn die LH Leute aus dem KTV entlässt.

Discover hat mit den A330 vom KTV gar nichts zu tun, das ist eine neue Billigplattform, die eher Arbeitsplätze aus dem KTV in untarifierte Billiggefilde verschieben soll.

Und das Argument mit den rumstehenden Fliegern verstehe ich nicht im Bezug auf den 5. Versuch, wenn vorher alle krachend gescheitert sind und hunderte Millionen gekostet haben. Was ändert sich jetzt? Nichts.
Beitrag vom 09.04.2021 - 05:18 Uhr
Das Milliardengrab Discover schon mit Ansage vorm Erstflug. (Verluste der Vorgängerversuche >1/2 Milliarde Euro)

Treibt Spohr die ganze LH bei fehlenden Einnahmen durch die zahlenden Geschäftskunden, zum Ausgleich der Discover Verluste in den Ruin? Warum sagt der Aufsichtsrat nichts? Carstens Ego.. der Sargnagel der LH?

Haben sie denn einen besseren Vorschlag?
Was die LH mit Fliegern, Piloten, etc. machen soll?

Ich finde das immer noch ziehmlich lächerlich das die EU Komission hier eingreift und die LH quasi zwingt einen auslaufenden Vertrag fortzuführen, obwohl er für sie nachteilig ist und sie es nicht möchte.

Die Alternative zu EW Discover ist wohl die A330 Flotte zusperren und die Crews zu entlassen. Kann man machen, ich würde das auch tun, denn ein wirklich lukratives Geschäftsfeld ist das nicht gewesen.
Aber ihr Geschrei will ich dann nicht hören, wenn die LH Leute aus dem KTV entlässt.


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