"Zerschlagung von Standorten"
Älter als 7 Tage

Belegschaft misstraut Umbauplänen bei Airbus

Tragfläche des A350 XWB
Tragfläche eines Airbus A350, © Airbus S.A.S.

Verwandte Themen

HAMBURG - Der Flugzeugbauer Airbus bekommt bei seinen Umbauplänen heftigen Gegenwind der IG Metall. Deutschlands größte Gewerkschaft will sich mit aller Macht gegen die Pläne stemmen, mit denen das Management Airbus für den Wettbewerb mit Konkurrenten wie Boeing fit machen will.

"Wir werden das nicht mittragen", sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Kurzfristig befürchte er zwar keine erneuten Stellenstreichungen oder Einschnitte für die Belegschaft. Auf längere Sicht drohten aber beispielsweise Entgeltkürzungen sowie ein Verkauf.

"Morgen Tochtergesellschaft, übermorgen verkauft?", heißt es in einem Flugblatt der Airbus-Betriebsräte, das der dpa vorliegt. "Ausgliederung bedeutet immer latent diese Gefahr", sagte Friedrich. "Nur so wird ja ein Schuh daraus aus Airbus-Sicht." Die Optimierung der Produktionsabläufe sei innerhalb der bestehenden Strukturen möglich. Sollte das Management um Vorstandschef Guillaume Faury an den Plänen festhalten, "müssen wir wieder in den Konfliktmodus übergehen".

Airbus hatte am Vortag angekündigt, dass die Flugzeugproduktion in Deutschland und Frankreich neu aufgestellt werden soll. Dazu sollen in den beiden Ländern jeweils neue Unternehmen gegründet werden, die vollständig zu Airbus gehören. Zudem soll eine neue Einheit mit Sitz in Deutschland gegründet werden, die sich auf die Fertigung von Einzelteilen und Kleinkomponenten konzentriert.

Begründet wird die neue industrielle Struktur mit den Herausforderungen im Flugzeugbau, zu denen neben den voraussichtlich noch Jahre währenden Folgen der Corona-Pandemie auch die Entwicklung neuer emissionsfreier Flugzeuge zählt. Aus Sicht der IG Metall dürften gut 10.000 Beschäftigte von den Planungen betroffen sein.

"Schlanke und effiziente Strukturen in der Wertschöpfungskette gestalten wir gerne mit, wenn dies auch den Standorten und den Beschäftigten bei Airbus zugutekommt", betonte IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner in Frankfurt. "Gegen eine Zerschlagung von Standorten" werde die Gewerkschaft aber Widerstand organisieren. "Wir erwarten, dass die Bundesregierung, die Airbus sowohl im militärischen als auch zivilen Bereich massiv unterstützt, diese Zerschlagung verhindert."

Airbus argumentiert, die Produktion sei teils über das Unternehmen, Tochtergesellschaften und Zulieferer hinweg fragmentiert. Die Flugzeugstruktur-Montage müsse aber als Kernaktivität betrachtet werden, dafür brauche es zentrale Schnittstellen. Die Umsetzung der Pläne sei nun für den 1. Januar 2022 anvisiert, die Konzepte seien zunächst den Sozialpartnern vorgestellt worden.

Konkret soll ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland entstehen, das die Aktivitäten von Stade sowie die Strukturmontage in Hamburg mit denen der Konzerntochter Premium Aerotec in Nordenham, Bremen und teilweise in Augsburg zusammenführt.

In Frankreich ist ein Unternehmen geplant, das die derzeit bei Airbus in Saint-Nazaire und Nantes durchgeführten Aktivitäten mit denen von Stelia Aerospace weltweit zusammenbringt. Die beiden Unternehmen sollen keine Zulieferer mehr sein, sondern stattdessen in den Konzern integriert werden. "Ihr eigenständiger Status wird es ihnen ermöglichen, sich auf ihren Bereich zu konzentrieren und gleichzeitig schlanker sowie flexibler zu werden", so Airbus.

Neue Einheit in Deutschland

Airbus plant außerdem die Gründung einer neuen Einheit mit Sitz in Deutschland, die sich auf die Fertigung von Einzelteilen und Kleinkomponenten konzentriert. Diese solle aus der heutigen Premium Aerotec hervorgehen. Für Alarm bei der IG Metall sorgt eine Formulierung in einem Schreiben Faurys an die Belegschaften, das der dpa vorliegt.

Darin heißt es: "Bezüglich der Einzelteilfertigung in Deutschland prüfen wir derzeit verschiedene Eigentümerstrukturen, um die bestmögliche Lösung zu finden." Weil bei der französischen Teilefertigung anders verfahren werden soll, sieht die Gewerkschaft zudem eine "Benachteiligung gegenüber Frankreich".

Die Covid-19-Pandemie hatte die Luftfahrtbranche in eine beispiellose Krise gestürzt. Airbus hatte seine Flugzeugproduktion daraufhin im vergangenen Jahr gedrosselt und die Streichung Tausender Stellen angekündigt. Die Produktion der Mittelstreckenjets soll nun 2021 langsam wieder etwas gesteigert werden.

Bei den Großraumflugzeugen soll das aktuelle Niveau aber vorerst beibehalten werden. Airbus-Chef Faury hatte zuletzt bereits angedeutet, dass er Potenzial zur Optimierung des industriellen Aufbaus in Europa sehe. Dieser sei aktuell "komplex und fragmentiert".
© dpa-AFX | Abb.: Premium Aerotec | 22.04.2021 14:33

Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich bei aero.de registrieren oder einloggen.

Beitrag vom 23.04.2021 - 08:03 Uhr
Der Trend ist seit langem ersichtlich. Der Konzern möchte nicht mehr verantwortlich sein etwas herzustellen. Es soll idealerweise ein Manager Konzern sein der über andere Unternehmen schaltet und waltet.
Beitrag vom 22.04.2021 - 18:38 Uhr
In wie weit es billiger sein soll zusätzliche Firmen zu gründen die eine schlankere Struktur darstellen sollen ist mir ein Rätsel. Die Werke von Premium Aerotec hat man vor zig Jahren schon versucht zu verkaufen. Rausgekommen ist dabei gar nichts! Ich kenne seit fast zwanzig Jahren dieses Schauspiel bei Airbus. KID-Systeme zu Airbus-KID-System, Airbus-KID System zu Airbus Buxtehude. Airbus KID-System wieder zu KID-Systeme und Airbus Buxtehude zu Airbus Operations.... billiger geworden ist nicht wirklich was weil wir teils über Single Source Lieferanten reden dehnen ich nach Stückliste ausgeliefert bin und das gibt Airbus halt vor. Und die Werke sind doch eh Töchter also was glau
bt man da zui sparen wenn noch ein Wasserkopf oben drauf gesezt wird?


Stellenmarkt

Schlagzeilen

aero.uk

schiene.de

Meistgelesene Artikel

Community

Thema: Pilotenausbildung

FLUGREVUE 04/2024

Shop

Es gibt neue
Nachrichten bei aero.de

Startseite neu laden